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"Woche der Wahrheit" für den Meister

Unternehmen Titelverteidigung, zweiter Teil: Nach der 41-tägigen WM-Pause greift die SG Flensburg- Handewitt heute  wieder ins Geschehen ein. Der deutsche Handballmeister gastiert um 16.30 Uhr beim Wilhelmshavener HV. "Ein sehr unbequemer Gegner", glaubt Trainer Kent-Harry Andersson.
Auch das noch. Als Blazenko Lackovic am Donnerstagnachmittag die "Junge Harmonie" am Eckener Platz betrat, wartete eine unliebsame Überraschung auf den kroatischen Vize-Weltmeister. An die 1000 Bälle, T-Shirts und Bücher lagen bereit, um von ihm und seinen Kameraden der SG Flensburg-Handewitt unterschrieben zu werden. "Eigentlich muss ich sofort schlafen", sagte ein erschöpfter Lackovic. Zehn WM-Spiele in zwei Wochen, der Flug und die Autofahrt forderten ihren Tribut. Doch ein Entkommen gab es nicht. Und so machte sich der mit Silber dekorierte Handball-Profi daran, mit schwarzem Edding seinen Namen auf blaue Handbälle zu kritzeln. Hunderte Mal. Die pure Monotonie.
Wesentlich interessanter dürfte da schon die Aufgabe werden, die heute (16.30 Uhr) auf Lackovic und Co. wartet: Zwei Punkte aus Wilhelmshaven zu entführen. "Wir müssen uns warm anziehen und von der ersten Minute an heiß sein", sagt Trainer Kent-Harry Andersson vor dem Gastspiel in der Nordfrost-Arena, die man in der vergangenen Saison nur "mit viel Glück" als Sieger verlassen habe. Auch der 55-jährige Schwede weiß: Nichts wäre im Moment wichtiger als ein erfolgreicher Auftakt in die "Woche der Wahrheit". Am Dienstag geht es zum  Pokal-Viertelfinale beim HSV Hamburg, am Sonnabend steht der Nordgipfel beim Spitzenreiter THW Kiel an. Es kommt eine ganz spannende Zeit auf die SG zu, meint Linksaußen Lars Christiansen. Da könne sich vieles entscheiden. "Diese drei Spiele sind so verdammt wichtig für die nächsten drei Monate", sagt der dänische Nationalspieler, der seinen schwachen WM-Auftritt abgehakt hat. Körper und Kopf, alles wieder okay. Davon ist auch sein Trainer überzeugt: "Gott sei Dank hat sich Lars sein Tief für die Nationalmannschaft aufgespart", meinte Andersson neckisch. "Vielleicht ist es sogar ein Vorteil, dass die Dänen so fr*h wieder zu Hause waren."

Johnny Jensen ist "heiß" auf Handball.

Stellt sich die Frage, was mit den übrigen Spielern ist? Wie haben Johnny Jensen und Glenn Solberg den strapaziösen Tunesien-Trip physisch verkraftet? Wie tief steckt die Enttäuschung bei Lackovic ("Ich war im Endspiel völlig platt und so schlecht") über das Debakel im WM-Finale? Was macht der Oberschenkel von Joachim Boldsen? Wie geht es den Daheimgebliebenen? "Alles im grünen Bereich", sagt Andersson. Die Hauptsache ist, dass alle (bis auf ein paar Wehwehchen und müde Knochen) gesund und ohne größere Verletzungen wieder ins Training eingestiegen sind. Und ungeduldig dem Anpfiff heute um 16.30 Uhr entgegen fiebern. Wie "Handball-Gott" Johnny Jensen: "Endlich wieder richtig Handball spielen", unkte der 32-jährige Norweger, der bei WM fast ausschließlich in der Abwehr eingesetzt wurde. Oder dessen Landsmann Christian Berge, der große Fortschritte gemacht und Gewicht zugenommen hat. "30, 40 Prozent Kondition fehlen noch", sagt Berge. Das reiche aber für 15, 20 Minuten Spielzeit im Angriff.
Dennoch bleibt abzuwarten, wie sich die SG nach lediglich zwei gemeinsamen Trainingseinheiten gegen einen Gegner (Tabellenplatz elf) schlägt, der seinerseits einen Monat zur Vorbereitung auf die heutige Partie zur Verfügung hatte. Und wie die Handgelenke von Holpert und Co. die mehrstündige "Unterschriften-Aktion" überstanden haben. Sollten heute die zwei Punkte auf der Habenseite des Flensburger Kontos landen, dann dürfte Blazenko Lackovic gewiss auch sofort im Bus schlafen.