Stripes
Stripes
Archiv

Die SG wie ein eiskalter "Blizzard" in der Nordfrost-Arena

Nach der 41-tägigen Pause war die SG Flensburg-Handewitt mit großem Respekt zum Wilhelmshavener HV an den Jadebusen gereist. Aber alle Bedenken waren schnell weggewischt. Der Deutsche Meister übernahm mit einem souveränen 30:18 (16:4) wieder die Tabellenspitze und zeigte sich überdies bestens gerüstet für die anstehenden schwierigen Aufgaben.
Das VIP-Zelt wackelte in der steifen Brise bedenklich. Schließlich schloss man den besonderen Service eine halbe Stunde vor dem Anpfiff aus Sicherheitsgründen. Aber auch im Innern der Nordfrost-Arena erlebte Wilhelmshaven einen großen "Sturmschaden". Die SG Flensburg-Handewitt stürmte wie ein eisiger "Blizzard" und zerlegte den Angriff der Hausherren. Bei den Telefonaten in der Halbzeit musste manch einer das Ergebnis mehrfach wiederholen. Wilhelmshaven glückte in 30 Minuten ganze vier Tore. "Es ist schwer für eine Mannschaft, öfter zu treffen, wenn man den Ball nur zurückwirft", schmunzelte Joachim Boldsen.
Der flapsige Kommentar des "Traktors" war aber nur die halbe Wahrheit. Vielmehr war es die SG-Defensive, die Wilhelmshaven von einer in die nächste Ratlosigkeit stürzte. Selbst Trainer Kent-Harry Andersson rieb sich verwundert die Augen. Hatten seine Jungs nicht erst seit Donnerstag wieder gemeinsam trainiert? Und waren Glenn Solberg (Achillessehnen-Probleme) und Johnny Jensen (erkältet) nicht mit Handicaps in die Partie gegangen? Aber gerade der norwegische Mittelblock harmonierte prächtig. "Man merkte, dass die beiden bei der Weltmeisterschaft fast jeden Tag zusammengespielt haben", grinste Kent-Harry Andersson.
Es wäre aber nicht fair, den Erfolg der Defensive nur den beiden Norwegern zuzuschreiben. Auch andere Akteure wie Joachim Boldsen oder Andrej Klimovets waren voll auf der Höhe. Und im Tor glänzte Jan Holpert. Gleich 14 von 18 Würfen parierte der 36-Jährige im ersten Durchgang. Eine unglaubliche Quote - gegen allerdings völlig verunsicherte Niedersachsen. Ein vielgerühmter Bennet Wiegert tauchte völlig ab, Kreisläufer Allan Rasmussen war noch nicht wieder der Alte, und Spielmacher Oliver Köhrmann wusste sich in seiner Not mehrfach nur mit Verzweiflungswürfen zu helfen. Dennoch nahm WHV-Trainer Michael Biegler keine Auszeit. Erst in der Pause das Donnerwetter: "Ich kann ja die gute Abwehr-Leistung des Gegners akzeptieren, aber nicht ein 4:16."

Die SG ist gut aus den Startlöchern gekommen.

Nach der langen bundesligalosen Zeit hakte es natürlich auch bei der SG an einigen Stellen. "Im Angriff haben wir doch etwas Rost angesetzt", befand Jan Holpert. Und auch Kent-Harry Andersson wollte sich bei der Bewertung für die Offensiv-Leistung nur zu einem "Okay" durchringen. Es reichte aber, um den Gegner auch im zweiten Durchgang jeder Zeit in Schach zu halten, den Schongang einzuschalten und den klaren Sieg über die Zeit zu retten. "Ich hätte nicht gedacht, dass es so einfach werden würde", staunte Lars Christiansen. "Bei den Wilhelmshavenern hatte ich das Gefühl, dass sie gar nicht daran glaubten, uns schlagen zu können."
Die rund 150 mitgereisten SG-Fans - gleich drei Busse waren an den Jadebusen gefahren - erlebten einen angenehmen Nachmittag in der Nordfrost-Arena. Der Tenor "Auswärtssieg" schallte immer wieder durch das Rund. Selbst diejenigen, die auf ein Wiedersehen mit Jan Fegter gehofft hatten, vergaßen bald auch diesen Wermutstropfen. Der ehemalige SG-Kapitän war am Freitag in Damp am Meniskus operiert worden.
Der SG-Tross hingegen bestieg zufrieden den Mannschaftsbus zur stürmischen Rückfahrt. "Das war gut für das Selbstvertrauen", meinte Lars Christiansen mit Blick auf die nächsten Aufgaben. Man spürte, dass die Truppe nach diesem gelungenen Bundesliga-Comeback eine große Portion Optimismus getankt hat. Selbst der sonst eher zurückhaltende Kent-Harry Andersson ließ sich davon anstecken: "Wenn wir so auftreten wie in der ersten Halbzeit, wird es auch in Hamburg oder Kiel schwer, uns zu schlagen."