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Leidenschaft auf Feld und Rängen

23.04.2016 -VELUX EHF Champions League: 28:28 – Hochspannung für das Rückspiel

Der SG Flensburg-Handewitt verpasste den 100. Heimsieg auf europäischer Ebene. Sie trennte sich im Viertelfinale der VELUX EHF Champions League vom polnischen Meister KS Vive Tauron Kielce mit 28:28 (13:14). Das Rückspiel findet am Mittwoch um 18.30 Uhr in Kielce statt. „Wir hätten mit zwei oder drei Toren gewinnen könnte“, meinte SG Trainer Ljubomir Vranjes im Anschluss. „Das kann in der Summe entscheidend sein. Aber auch mit einem besseren Ergebnis wären wir nach Polen gefahren, um dort zu gewinnen.“ Sein Gegenüber Talant Dujshebaev drückte auf die Euphoriebremse. „Es ist erst Halbzeit“, sagte er. „Auch wenn das Unentschieden für uns ein Vorteil und ein gutes Ergebnis ist, müssen wir noch 60 Minuten schwere Arbeit abliefern.“

Es war ein Saison-Highlight: Schon vor dem Anpfiff verbreitete sich Gänsehaut-Atmosphäre in der „Hölle Nord“. Die Mannschaftspräsentation erlebten alle im Stehen. Als die Lieblinge eingelaufen waren und die FLENS-ARENA ihre Lichter angeworfen hatte, fielen die gespannten Blicke auf die Startaufstellung. Thomas Mogensen stand wieder auf der Platte. Neben ihm Rasmus Lauge, der nach 23 Sekunden entschlossen in die Abwehr ging und den ersten Jubel des Tages auslöste. Auf der Nordtribüne herrschte etwas zu viel Euphorie. Reichlich Papierschnipsel flogen, die Ordner mussten aufräumen. Nach fünf Minuten nahm die Partie Fahrt auf. Die SG musste allerdings nach der schnellen 2:0-Führung rasch den Ausgleich einstecken, obwohl sich Keeper Mattias Andersson schon in der Anfangsphase auszuzeichnen wusste. Die SG schaltete aus der 6:0-Deckung heraus stets schnell auf Angriff, damit sich die offensive Kielce-Abwehr nicht sortieren konnte. Rasmus Lauge traf zum 5:4 – das war bereits sein viertes Tor.

Rasmus Lauge hatte gleich Betriebstemperatur.

Es entwickelte sich ein intensives Kopf-an-Kopf-Rennen, in dem nun der polnische Meister minimales Oberwasser schnupperte. Trotz einer spektakulären Doppel-Parade von Mattias Andersson führte der Gast beim 6:7 erstmals. Torhüter Slawomir Szmal zündete einige Ausrufezeichen, Lasse Svan überwand ihn allerdings mit einem schönen Heber. Ljubomir Vranjes warf die Rotation an. Jim Gottfridsson, Hampus Wanne und Bogdan Radivojevic tauchten in den nächsten Minuten auf dem Spielfeld auf. Holger Glandorf spielte die ersten 30 Minuten durch und netzte binnen vier Minuten drei Mal ein. Die SG lag mit 12:11 in Front. Dann drehte Kielce wieder das Blatt. Kentin Mahé, der wie Kresimir Kozina in der Schlussphase der ersten Hälfte mitmischte, sauste durch die aufgerückten Verteidiger und markierte den 13:13-Gleichstand. Zur Halbzeit führte dennoch der Gast knapp. „Wir haben einige Dinge gut gelöst, andere weniger“, bilanzierte Ljubomir Vranjes. „Man muss aber auch berücksichtigen, dass wir einen sehr starken Gegner hatten, gegen den es sehr schwer ist, gut auszusehen.“

Thomas Mogensen: ein Kampf um jeden Ball.

Den zweiten Durchgang begann wieder die Startaufstellung. Kurzfristig lag Kielce mit zwei Treffern in Front. Doch die SG kämpfte, und auch auf den Rängen regierte die Leidenschaft. Mit dem ersten Siebenmeter stellte Anders Eggert den 16:16-Ausgleich her. Der Gast überstand eine 4:6-Unterzahl gut, da  er mit viel Wurfkraft aus der zweiten Reihe auftrumpfen konnte. Nach dem 18:19 zündete die SG den Turbo: Eine sehr aufmerksame Deckung stibitzte den Kielce-Angreifern mehrfach den Ball. Gegenstöße rollten. Niemand hielt es mehr auf dem Sitz, als Holger Glandorf zum 22:19 einlochte. 

Aber ein internationales Spitzenklassen-Team ist nicht im Schnelldurchlauf zu schlagen. Kielce nutzte einige SG Fehler gnadenlos. Beim 24:24 befanden sich die Kontrahenten wieder voll auf Augenhöhe. Die SG antworte, war wieder voll im Film. Ein Konter, den Lasse Svan zum 26:24 abschloss, versetzte die „Hölle Nord“ in Ekstase. „Das war eine riesige Atmosphäre“, waren sich beide Trainer einig. Denn auch Talant Dujshebaev lobt das Publikum in der FLENS-ARENA: „Wir hatten großen Respekt vor der SG und ihren Zuschauern.“

Die Zuschauer standen voll hinter der SG.

Aber wieder kehrte Kielce zurück. Die SG rackerte für den Sieg. Ein feiner Pass erreichte Lasse Svan, der vom Kreis abzog und mit seinem 28:27 für ein kräftiges Feuer unter dem Dach sorgte. Kielce drohte ein Zeitspiel: Mattias Andersson entschärfte gegen Michal Jurecki. Doch der Gegenzug brachte nichts ein und mündete in einen Gegenstoß, der den erneuten Ausgleich brachte. Eine Minute vor Schluss scheiterte Henrik Toft Hansen am zwischenzeitlich eingewechselten Marin Sego. Die SG Defensive stand gut. Kielce agierte zu passiv, was die Referees ahndeten. Michal Jurecki zog dennoch ab und musste auf die Strafbank. In Überzahl glückte der SG kein Treffer mehr, da dem überragenden Holger Glandorf ein technischer Fehler abgepfiffen wurde. Schluss. Nach Party war niemanden zumute, es herrschte aber auch kein Katzenjammer. „Noch ist alles möglich“, blickte Lasse Svan nach vorne. „Wir fahren nach Kielce, um dort zu gewinnen. Da ich dort noch nie war, freue ich mich besonders auf die Atmosphäre.“

Lasse Svan traf sechs Mal. Fotos: Ki

SG Flensburg-Handewitt – KS Vive Tauron Kielce  28:28 (13:14)
SG Flensburg-Handewitt: Andersson (16 Paraden), Møller (bei einem 7m) – Karlsson, Eggert (2/2), Glandorf (11), Mogensen (1), Wanne, Svan (6), Toft Hansen, Gottfridsson, Lauge (7), Mahé (1), Radivojevic, Kozina
KS Vive Tauron Kielce: Szmal (10 Paraden), Sego (3 Paraden, ab 50.) – Jurecki (4), Reichmann (4/2), Chrapkowski, Kus, Aguinagalde (1), Bielecki (3/2), Jachlewski (1), Strlek (3), Lijewski (4), Zorman (2), Cupic (5/2), Buntic (1)
Schiedsrichter: Mazeika/Gatelis (Litauen); Zeitstrafen: 2:10 Minuten (Wanne 2 – Kus 4, Zorman 2, Aguinagalde 2, Jurecki); Siebenmeter: 2/2:6/6; Zuschauer: 5367
Spielverlauf: 2:0 (2.), 2:2 (5.), 4:3 (6.), 5:5 (8.), 6:7 (11.), 7:8 (13.), 8:9 (16.), 9:10 (19.), 11:10 (23.), 12:11 (25.), 12:13 (27.), 13:14 (29.) – 13:15 (32.), 14:16 (33.), 16:16 (34.), 17:18 (36.), 18:19 (38.), 22:19 (42.), 23:20 (44.), 23:22 (45.), 24:24 (48.), 26:24 (51.), 26:26 (54.), 28:27 (56.)   

 

Von: ki