Große Würdigung für Tobias Karlsson

Der Sport war diesmal nicht Hauptsache, sondern die emotionale Verabschiedung von Tobias Karlsson. Nach dem 39:31 (18:17)-Erfolg der SG Flensburg-Handewitt über ein All-Star-Team strich der langjährige Kapitän zwei Auszeichnungen ein, während sein Konterfei als SG Legende an einem Hallenpfeiler enthüllt wurde. Als „unglaublich“ würdigte der 38-jährige Schwede die SG Familie.

Schon beim Warmup herrschte eine Stimmung wie bei einem Klassentreffen: Die aktuellen SG Spieler trafen lauter „Ehemalige“. Eine SG Legende musste allerdings sportlich passen: Jacob Heinl hatte sich einen Muskelfaserriss zugezogen. Der Applaus erreichte ein erstes Maximum, als Tobias Karlsson das Spielfeld betrat. Er trug eine Kapitänsbinde in den Regenbogenfarben. Das Zeichen für Toleranz leuchtete auf jedem Trikot in den Rückennummern.

Ein Abschiedsspiel mit Meister-Flair
Die Einlauf-Zeremonie erfolgte diesmal komplett über das Nordtor: zunächst die SG, dann die „All Stars“ – und als 50 Handball-Stars durch waren, kam der Mann, auf den alle warteten: Tobias Karlsson. Er trabte durch einen Spalier, emotional sichtlich bewegt. Eine Video-Botschaft der Rhein-Neckar Löwen wurde in der verdunkelten „Hölle Nord“ ausgestrahlt, dann eröffnete Tobias Karlsson das Abschiedsspiel. Er selbst ordnete sich in der Deckung ein: vor ihm Kentin Mahé, neben ihm Rasmus Lauge – das hatte reichlich Meister-Flair. Hampus Wanne erzielte das erste Tor für die SG. Der Linksaußen legte kurz darauf für Lasse Svan einen Kempa-Trick auf. Viele schöne Tore – das war das Motto an diesem Nachmittag.

Sieben Tore von Tobias Karlsson
Nach elf Minuten tauchte der „Capitano“ erstmals vorne auf. Kurz am Kreis, aber da war es wohl zu eng zwischen Johannes Golla und Simon Hald. Tobias Karlsson orientierte sich in den linken Rückraum, seine uralte Position, und begeisterte gleich mit einem Durchbruch. Dabei war er fast so flink wie Ahmed Elahmar, der die weiteste Anreise hatte. Simon Jeppsson nahm seinen alten Kapitän kurzfristig in Manndeckung. Am Ende hatte der „Capitano“ sieben Tore erzielt – fast so viele wie in den letzten sieben Jahren zusammengerechnet. In einer Auszeit überraschte der neue Kapitän Lasse Svan seinen Vorgänger mit 38 Flaschen Hochprozentiges: Für jedes Lebensjahr gab es einen „Gin Tobbe“. Bereits nach 59:34 Minuten war das sportliche Treiben abgeschlossen. Die Schiedsrichter hatten Tobias Karlsson nach seinem siebten Treffer die rote Karte gezeigt und das Spiel für beendet erklärt.

Tobias Karlsson traf zum Abschied sieben Mal.

Die Verabschiedung eines Vorzeige-Sportlers
Die SG gewann den Jacob Cement Cup 2019, doch Tobias Karlsson nahm gleich zwei Ziegelstein-Pokale entgegen – als Torschützenkönig und als auffälligster Spieler. Als die „Hölle Nord“ verdunkelt war, nahm der 38-jährige Schwede zusammen mit seiner Frau Martina auf zwei Stühlen Platz – umringt von Meisterschale und Champions-League-Trophäe. Der Beiratsvorsitzende Boy Meesenburg lobte den 501-maligen SG Akteur als Vorzeige-Sportler, auf den „auch in schwierigen Zeiten mit klugen Ratschlägen und kameradschaftlicher Einstellung“ Verlass war. Als Geschenk gab es zwei große Koffer.

Ehrenrunde und „Hall of Fame“
Tobias Karlsson hatte das Wort und musste erst einmal tief durchatmen. Er hatte eine Rede vorbereitet. „Liebe Fans, liebe Freunde, liebe SG Familie – ihr seid unfassbar“, begrüßte der „Capitano“ die Anwesenden. Es folgten Sätze voller Dankbarkeit und Freude – unterfüttert mit einigen alten Fotos und vielen schönen Komplimenten für seine Ehefrau. Es ging natürlich auch um Handball. „Als ich 2009 zur SG kam, war es für mich nicht vorstellbar, dass wir so viel gewinnen könnten“, sagte der scheidende Profi. „Dahinter steckte harte Arbeit mit guten Leuten und auch etwas Glück.“ Der Musiker Vince Bahrdt überreichte eine DVD. „Tobbe unvergleichlich“ lief sofort auf der Videowall. Wunderkerzen leuchteten. Die SG Legenden Lars Christiansen, Anders Eggert, Jacob Heinl und Thomas Mogensen vervollständigten mit einem Handgriff die „Hall of Fame“. Es folgte eine lange Ehrenrunde. Dann schritt Tobias Karlsson gemeinsam mit seiner Martina über das Nordtor aus der „Hölle Nord“. Es war 18.10 Uhr.

Neuling in der "Hall of Fame". Fotos: Anderson-Jensen