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Danish Dynamite am Kreis

19.11.2013 -Im Doppel-Interview: Michael Knudsen und Henrik Toft Hansen

Dänemark gehört zu den führenden Handball-Nationen in der Welt. So verwundert es nicht, dass auch die Kreisläufer-Position bei Spitzenklubs mit dänischen Akteuren besetzt wird. Bei der SG Flensburg-Handewitt gehört der 35-jährige Michael Knudsen seit 2005 zu den Leistungsträgern. Der HSV Hamburg verpflichtete im Sommer den 26-jährigen Henrik Toft Hansen. In einem Doppel-Interview vor dem Spiel in der VELUX EHF Champions League am Donnerstag (19 Uhr, FLENS-ARENA) standen beide Kreisläufer Rede und Antwort.

Der November ist ja nun wirklich mit zahlreichen Top-Partien gewürzt. Wie wirkt sich diese Belastung auf den normalen Trainings-Betrieb aus?
Michael Knudsen: Es kann sicherlich jeder nachvollziehen, dass man bei so vielen Spielen die Trainings-Intensität drosselt. Dafür trainieren wir viel taktisch und bereiten uns konzentriert auf den jeweiligen Gegner vor. Die Kraft-Reserven werden 100 Prozent auf die Spiele fokussiert, wobei Top-Partien wie gegen Kiel und Hamburg immer noch eine Extra-Energie freisetzen.
Henrik Toft Hansen: Wir haben jede Woche zwei Spiele und damit ein straffes Programm. Deshalb trainieren wir intensiv, um für jedes Spiel fit zu sein. Durch unseren großen Kader sind wir aber in der Lage, mit diesem Pensum gut umgehen zu können.

In der DKB Handball-Bundesliga hatte die SG mit 31:29 gewonnen, am Samstag revanchierte sich der HSV in der VELUX EHF Champions League mit 32:27. Wie lassen sich diese unterschiedlichen Ergebnisse begründen?
Michael Knudsen: In der ersten Partie hat alles so funktioniert, wie wir uns das vorgestellt haben. Wie immer gegen den HSV gab es viele Zweikämpfe, was wir sehr gut gelöst haben. Am Samstag haben wir viel mit unterschiedlichen Aufstellungen probiert, was für die zukünftigen Perspektiven sehr wichtig war.
Henrik Toft Hansen: Gerade in der Abwehr haben wir am Samstag deutlich besser gestanden als zuvor. In den letzten Minuten gab es zwar ein paar Probleme, diesmal waren aber wir deutlich besser.

Welchen Einfluss hat dieses Ergebnis auf die Partie am Donnerstag, wenn sich beide Teams in Flensburg wiedersehen?
Henrik Toft Hansen: Es hat schon einen speziellen Charakter, wenn man innerhalb von elf Tagen drei Mal gegen denselben Gegner spielen muss. Wenn wir nun auch in Flensburg gewinnen, hätten wir eine Riesenchance, den Gruppensieg zu erringen. Wir wollen nie verlieren – und erst recht nicht in Flensburg.
Michael Knudsen: Das wird wieder eine ganz enge Kiste. Wir haben in der Bundesliga-Partie gesehen, dass wir eine gute Chance haben, wenn wir konsequent in der Abwehr stehen und die Räume eng machen. Ein Sieg wäre nun sehr wichtig, um den zweiten Platz in der Gruppe D abzusichern und um Fahrt aufzunehmen für das Derby gegen den THW Kiel am Sonntag.

Die SG hat einen dänischen Kreisläufer und der HSV auch: Macht es irgendeinen Unterschied, ob man auf einen Landsmann oder irgendeinen Spieler trifft?
Henrik Toft Hansen: Vor und nach dem Spiel reden wir miteinander, aber während der 60 Minuten sind wir Gegenspieler – egal, aus welchem Land der andere gerade kommt.
Michael Knudsen: Ich will immer gewinnen, da ist egal, wer auf der anderen Seite steht.

Habt ihr in der Nationalmannschaft schon mal zusammengespielt?
Michael Knudsen: Wenn ich mich recht erinnere noch nie. Henrik Toft Hansen war immer dabei, als ich wegen Verletzungen nicht in der Nationalmannschaft spielen konnte.
Henrik Toft Hansen: Ich korrigiere mal (lacht). Wir haben mal zusammengespielt, aber nicht bei einem großen Turnier.

In Kiel spielt René Toft Hansen, in Barcelona Jesper Noddesbo, und zur nächsten Serie wechselt Jacob Bagerstedt nach Magdeburg. Woran liegt es, dass so viele dänische Kreisläufer bei Spitzenteams unter Vertrag stehen?
Henrik Toft Hansen: Die Kreismitte ist einfach unsere beste Position. Wir hatten immer Weltklasse-Kreisläufer. Auf Außen haben wir sicherlich auch einige gute Spieler, aber am Kreis sind wir irgendwie immer sehr gut. Woran das liegt, weiß ich nicht so genau.
Michael Knudsen: Im Moment kommen eine ganze Reihe junger Spieler nach. Das war auch so vor gut zehn Jahren, dann war eine Pause, und jetzt befinden wir uns wieder in einer starken Phase. Woran das genau liegt, kann ich auch nicht sagen. Aber mit Sicherheit wird in Dänemark gut trainiert. Für die Nationalmannschaft ist es übrigens ein Vorteil, wenn die stärksten dänischen Handballer in die Bundesliga wechseln. Vor allem die Abwehr-Arbeit unterscheidet sich in Deutschland und Dänemark, sodass sich die jungen Spieler in der Bundesliga dazu lernen können.

Henrik, ist Michael so etwas wie ein Vorbild für die jüngeren dänischen Kreisläufer?
Henrik Toft Hansen: Ja, auch für mich war er immer ein Vorbild als ich noch jung war. Ich habe viele Spiele mit ihm gesehen. In Dänemark, mit der Nationalmannschaft und im Fernsehen mit Flensburg. Wenn dort viele Dänen spielen, überträgt das Fernsehen fast jedes Spiel und alle sitzen gebannt davor.

Und was traust du Henrik für die Zukunft zu, Michael?
Michael Knudsen: Er hat eine gute Veranlagung als Kreisläufer. Gerade in der Abwehr kann er aber noch viel lernen. Aber dafür ist er – wie gesagt – in der Bundesliga genau richtig aufgehoben.

Im Januar findet die Europameisterschaft in Dänemark statt. Herrscht schon Euphorie in eurem Land?
Michael Knudsen: Die nimmt stetig zu. Es ist das erste große Männer-Turnier in Dänemark seit der Weltmeisterschaft 1978. Die Karten sind schon fast alle verkauft. Wir selbst haben einen großen Erfolgsdruck. Wir sind Titelverteidiger und Vize-Weltmeister – die Dänen erwarten, dass wir gewinnen.
Henrik Toft Hansen: Jetzt, wo ich in Hamburg spiele, kriege ich nicht so viel davon mit. Aber wenn man in die Heimat fährt, wird im TV viel darüber berichtet. Als die WM 2011 in Schweden stattgefunden hat, war der Januar ein absoluter Handballmonat. Genauso wird es nun in Dänemark sein, weil alle Dänen gerne Handball gucken.

Es war zu hören, dass auch euer Verband etwas traurig darüber war, dass Deutschland nicht dabei sind wird. Stimmt das?
Michael Knudsen: Ja, das stimmt. Aus Deutschland wären viele Zuschauer gekommen, die nun wegbleiben werden. Außerdem finde ich, dass Deutschland mit der besten Liga der Welt und auch einer guten Nationalmannschaft eigentlich zu so einem Turnier dazu gehört. Ich habe übrigens immer gerne gegen Deutschland gespielt: Wir haben nämlich immer gewonnen.
Henrik Toft Hansen: Dass Deutschland nicht dabei ist, ist gar nicht gut. Deutschland sollte in Aarhus spielen, das hätte viele Fans nach Dänemark gelockt. Jetzt kommen sicherlich weniger Fans, und das ist schade.

Michael, soll die EM für dich der krönende Abschluss deiner Länderspiel-Karriere werden?
Michael Knudsen: Das weiß ich noch nicht. Das überlege ich mir erst nach der EM. Im Prinzip ist es so, dass ich solange in der Nationalmannschaft spielen möchte, wie ich auch Lust dazu habe.

Henrik, wie stehen die Chancen für dich, bei der EM mitzuspielen?
Henrik Toft Hansen: Ich denke, meine Chancen sind gerade nicht so groß. Aber ich habe im Januar noch nichts vor (lacht). Ich fokussiere mich deshalb voll und ganz auf den HSV. Vielleicht bin ich dann 2019 dabei: Es ist schön, dass zwei Länder, die Handball lieben, die WM gemeinsam austragen werden. Das wird ein großes Event in beiden Ländern.

Von: Jens Prüwer/ki