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Spitzenspiel auf Augenhöhe

29.09.2013 -DKB Handball-Bundesliga: 26:26 – ein erkämpfter Punkt

Die SG Flensburg-Handewitt musste mit einem Unentschieden zufrieden sein. Am siebten Spieltag der DKB Handball-Bundesliga entführten die Füchse Berlin mit dem 26:26 (14:12) einen Zähler aus der „Hölle Nord“. SG-Trainer Ljubomir Vranjes war dann auch nicht hundertprozentig zufrieden. „In der letzten Viertelstunde haben wir fast gar nicht mehr getroffen", meinte er. „Man muss den Ball schon ins Netz kriegen, wenn man ein Tor erzielen will."

Allen war klar, dass es nicht leicht werden würde: Während die SG im Rhythmus anstrengender englischer Wochen steckt, kreuzten die Berliner nach zehntägiger Pause im hohen Norden auf. Schon bei der Einlauf-Zeremonie war der Schulterschluss zwischen Fans und Mannschaft zu spüren. Gänsehaut-Feeling in der „Hölle Nord“! Dann waren es aber die Füchse, die sich flink aus ihrem Bau wagten. Youngster Fabian Wiede setzte die erste Duftmarke.

Die SG operierte – wie so oft in letzter Zeit – mit den beiden Linkshändern Holger Glandorf und Steffen Weinhold sowie Thomas Mogensen im Rückraum. Am Kreis arbeitete Michael Knudsen, dem es vergönnt war, zum 3:2, der ersten SG-Führung des Tages, zu preschen. Es war ein Fight auf Augenhöhe, in dem die Berliner mit ihren konzentrierten Offensiv-Bewegungen immer wieder für Ernüchterung in der FLENS-ARENA sorgten. Mann gut, dass in der ersten Viertelstunde gleich drei Füchse-Gegenstöße im Nirgendwo versandeten.

Nach ziemlich genau 15 Minuten setzte Mattias Andersson mit einer Parade gegen Pavel Horak ein Signal. Die SG gewann etwas Oberwasser, musste aber auf Lasse Svan verzichten, der schon in der Anfangsphase am Daumen behandelt worden war und später ins Krankenhaus zum Röntgen gebracht wurde. Dafür kam Bogdan Radivojevic, der sich glänzend einführte und trotz Bedrängnis zum 9:7 traf. Kurz darauf linkte Anders Eggert den Berliner Keeper Silvio Heinevetter mit einem Heber von Linksaußen. Insgesamt war es aber der Nationaltorwart, der die SG das eine oder andere Mal nervte.

Das kleine Polster war dann auch schnell aufgebraucht. Aber vor der Pause konnte die SG noch einmal aufdrehen. Jim Gottfridsson hatte Steffen Weinhold abgelöst und entfaltete Drang zum Tor. Das 13:11 ging auf seine Kappe. Holger Glandorf war dann für einen psychologisch wertvollen Treffer verantwortlich. Zwei Sekunden vor der Pause stieg der Linkshänder hoch. Eine mächtige Fackel zum 14:12, die der Laune in der Halbzeit sehr bekömmlich war.

Auch die ersten Minuten nach Wiederbeginn waren ganz nach dem Geschmack der Fans. Deckung und Torwart Mattias Andersson stemmten sich erfolgreich gegen emsige Berliner Angriffsbemühungen. „Flensburg hat ja wirklich sehr gut in der Abwehr gestanden", staunte Füchse-Manager Bob Hanning. „Wir hatten ja zeitweise nur eine Effizienz von 35 Prozent." Die SG wusste auch schnell umzuschalten; Michael Knudsen zog zum 15:12 durch. Die SG hatte nun eine ganz starke Phase erwischt: Das Rückraum-Geschoss von Thomas Mogensen war schon eine Augenweide, doch der akrobatische Seitwärtsflug von Steffen Weinhold brachte die „Hölle Nord“ so richtig in Wallung. 18:13 – das roch bereits nach einer kleinen Vorentscheidung! „Es war ein hochklassiges Spitzenspiel", bilanzierte SG-Geschäftsführer Dierk Schmäschke. „Da passieren natürlich auch mal Fehler. Leider waren es am Ende ein paar zu viel."

Steffen Weinhold trifft auch in Schräglage.

Das nutzten die Berliner, um sich wieder aufzubäumen. Sie schlichen sich auf zwei Treffer heran. Die nun offensiver eingestellte Füchse-Defensive stellte die SG vor neue Aufgaben. „Dadurch wurden andere Räume geschaffen und wir haben das Spiel wieder auf unsere Seite gekippt", meinte Bob Hanning. Die SG hat aber auch feine Antworten. Thomas Mogensen bewegte sich wie ein Springpferd durch die Berliner Deckung und schloss zum 20:17 ab. Holger Glandorf traf trotz Unterzahl zum 22:19.

Es half alles nichts. Die Füchse glichen beim 22:22 aus. Gut elf Minuten vor dem Ende nahm Ljubomir Vranjes eine Auszeit. Eine Trendumkehr sprang aber nicht heraus, die Füchse drängten sich immer mehr in den Vordergrund. Während Anders Eggert von der Siebenmeter-Linie scheiterte und auch den Nachwurf gegen Petr Stochl nicht versenken konnte, brachte Konstantin Igropulo die Berliner in Führung. Als dann auch noch Mattias Zachrisson einen Konter zum 23:25 vollendete, war es Zeit für ein zweites Team-Time-Out. Nach 30 Bundesliga-Partien ohne Niederlage wackelte der Heimnimbus ganz bedenklich.

Nun warf Ljubomir Vranjes den großgewachsenen Drasko Nenadic ins Getümmel. Der Serbe konnte gleich Thomas Mogensen bedienen, der den Anschluss markierte. Keinen hielt es mehr auf seinen Sitz. Es ging hin und her, beide Teams glaubten an den Sieg. Kurz vor Schluss waren die Ballwerfer aus der Bundeshauptstadt ganz dicht dran. Pavel Horak hatte das 25:26 erzielt. Doch im Gegenzug schaffte Michael Knudsen den Ausgleich. Die Berliner hatten noch 45 Sekunden Ballbesitz, aber erst nach der Schlusssirene klatschte der Ball an den Pfosten. Durchatmen – zumindest ein Zähler!

Die Füchse waren verärgert. Sie hatten einen letzten Freiwurf erwartet, da sie ein Foul gegen Pavel Horak gesehen hatten. „Wir sind enttäuscht, da wir gehofft hatten, aus dem letzten Angriff mehr herausholen zu können", sagte Füchse-Coach Dagur Sigurdsson. „Wir wissen immer noch nicht, was am Schluss passiert ist: Die Schiedsrichter sind ja aus der Halle gelaufen." Ljubomir Vranjes trauerte der Fünf-Tore-Führung etwas nach, räumte aber ein: „Berlin hatte am Ende den Ball, so müssen wir mit dem Unentschieden zufrieden sein." Dierk Schmäschke resümierte: „Mit einem Punkt können wir eigentlich nicht zufrieden sein, doch immerhin hat sich die Mannschaft zum Schluss noch einmal zurückgekämpft."

Keinen hielt es mehr auf dem Sitz. Fotos: N. Kirschner

SG Flensburg-Handewitt – Füchse Berlin  26:26 (14:12)
SG Flensburg-Handewitt: Andersson (9 Paraden), Rasmussen (3 Paraden, ab 51., bei einem 7m) – Karlsson, Nenadic (1), Eggert (8/4), Glandorf (4), Mogensen (4), Svan, Weinhold (2), Gottfridsson (1), Radivojevic (2), Knudsen (4)
Füchse Berlin: Heinevetter (13 Paraden), Stochl (2/1 Paraden, bei zwei 7m) – Igropulo (4), Nielsen (1), Petersen (3), Horak (4), Jaszka (2), Iker Romero (3), Löffler, Wiede (4), Christophersen (1), Spoljaric, Zachrisson (4)
Schiedsrichter: Immel/Klein (Tönisvorst/Ratingen); Zeitstrafen: 6:8 Minuten (Radivojevic 4, Knudsen 2 – Jaszka 4, Nielsen 2, Petersen 2); Siebenmeter: 5/4:3/3 (Eggert scheitert an Stochl); Zuschauer: 5517
Spielverlauf: 0:1 (3.), 1:2 (5.), 3:2 (7.), 4:3 (9.), 5:5 (13.), 7:6 (14.), 9:7 (19.), 10:8 (20.), 10:10 (24.), 11:11 (26.), 13:11 (29.) – 15:12 (32.), 18:13 (37.), 18:15 (39.), 19:17 (42.), 21:18 (44.), 22:19 (46.), 22:22 (49.), 23:22 (50.), 23:25 (53.), 25:25 (55.), 25:26 (59.)

Von: ki