Stripes
Stripes
Archiv

Großer Jubel in der FLENS-ARENA

20.12.2014 -DKB Handball-Bundesliga: 26:22 – die SG entzauberte den THW

Die SG Flensburg-Handewitt schlug in einem packenden Landesderby den THW Kiel mit 26:22 (15:11). Damit rückte das Nordlicht nach Minuspunkten bis auf einen Zähler an die Spitze der DKB Handball-Bundesliga heran. Allerdings musste die SG auch eine Hiobsbotschaft verdauen. Holger Glandorf riss kurz vor Schluss die Achillessehne. Der Linkshänder wird bereits am Montag von SG Mannschaftsarzt Dr. Thorsten Lange in der Flensburger Diako operiert und fällt den Rest der Saison aus. „Es fällt mir schwer, über dieses Spiel zu sprechen", sagte SG Trainer Ljubomir Vranjes. „Ich hätte heute lieber verloren und stattdessen Holger auch in den nächsten Monaten in meinem Kader."

Das Derby aller Derbys! Schon Minuten vor dem Anpfiff kochte die „Hölle Nord“, die Aufstellungs- und Einlaufzeremonie wurde zelebriert wie lange nicht mehr. Die SG startete gegen eine sehr offensive THW-Abwehr mit einer Formation ohne Überraschungen. Anders Zachariassen erhielt natürlich den Vorzug vor dem zuletzt erkrankten Jacob Heinl, der aber auf der Bank saß. Drasko Nenadic begann auf halblinks und eröffnete nach wenigen Sekunden mit einem mächtigen Sprungwurf den Torreigen. Überhaupt erwischte die SG einen starken Auftakt. Mattias Andersson parierte die ersten Würfe, Lasse Svan und Holger Glandorf schlossen die ersten Gegenstöße ab. Blitzschnell hieß es 4:1, da schwappten die ersten Begeisterungswellen durch das Rund. Aber frühzeitig konnte sich in diesem packenden Klassiker kein Team absetzen. Der THW ging mit seinem Parade-Rückraum auf Tuchfühlung und verzeichnete beim 6:7 die erste Führung. Lasse Svan glich aber postwendend mit einem feinen Treffer wieder aus. 

Holger Glandorf: Leider Saisonende.

Dann eine brenzlige Situation: Tobias Karlsson kassierte die erste Zeitstrafe. Doch auf Mattias Andersson war Verlass. Zunächst parierte der Schwede einen Siebenmeter von Joan Canellas, dann gegen den völlig freistehenden Domagoj Duvnjak. So übersteht man auch eine Unterzahl. Der THW rotierte, während die SG mit ihrer Startaufstellung unermüdlich weiter ackerte. Der Lohn: Sie gab den Ton an. Die Mannen um Thomas Mogensen legten stets einen vor. Dann eroberte die 6:0-Abwehr einen Ball. Der Konter über Lasse Svan – und es hieß 12:10. Frenetischer Jubel! „Steht auf, wenn ihr Flensburg seid!“ Da saß niemand mehr. Die SG spielte nun wie aus einem Guss. Thomas Mogensen rauschte durch die Abwehr, Anders Eggert verwandelte seinen Siebenmeter. 14:10 – die „Hölle Nord“ feierte, der THW tauschte seine Keeper. Andreas Palicka hielt gleich gegen Anders Zachariassen. 

Thomas Mogensen rackerte wieder unermüdlich.

Würde es in der zweiten Hälfte so weitergehen? Nun, da war gleich wieder ein fantastischer Keeper zur Stelle. Natürlich Mattias Andersson. „Was wir alles verworfen haben!", staunte THW-Trainer Alfred Gislason. „Ich habe irgendwie das Gefühl, dass Mattias Andersson das Spiel allein gewonnen hat. Er hat uns bestimmt zehn völlig freie Bälle genommen." Die SG machte da weiter, wo sie aufgehört hatte. Holger Glandorf und Thoma Mogensen waren nicht zu stoppen. 17:11 – die FLENS-ARENA war nun ein Tollhaus. Doch ein Team wie der THW gibt sich nicht so schnell geschlagen. Schnell verkürzten die „Zebras“ wieder und ließen die Spannung ins Rund zurückkehren, Längst hielt es niemanden mehr auf den Sitzen. Auf 17:15 war der Vorsprung geschrumpft, als Mattias Andersson und Ljubomir Vranjes eingriffen. Der eine entschärfte einen Wurf, der andere legte seine grüne Karte auf den Zeitnehmer-Tisch. 

Nach dem Team-Time-Out wollte sich weiterhin kein Torerfolg für die SG einstellen. Dominik Klein sauste gar dem Ausgleich entgegen, doch Mattias Andersson warf sich mit einer tollkühnen Parade in den Wurf. Nach über zehn nervenraubenden Minuten fiel endlich der erlösende SG Treffer. Anders Zachariassen nahm einen Pass auf und marschierte gen 18:16. Der THW zauberte nun auch noch Rasmus Lauge aus dem Hut, die SG hatte zu diesem Zeitpunkt immerhin noch die Option eines frischen Lars Kaufmann, der nun mitmischte. Die Zuversicht wuchs wieder. „Was die Mannschaft heute geleistet hat, war enorm", freute sich SG Geschäftsführer Dierk Schmäschke. „Ebenso phänomenal war die Unterstützung von den Rängen."

Anders Zachariassen: Frei vor dem Tor.

Die SG bekam die zweite Luft, gestützt auch auf die „Versicherung“ Mattias Andersson im Gehäuse. Vorne war Thomas Mogensen einmal mehr der Antreiber. Beindruckend, woher der Däne immer wieder die Kraft nimmt. Mit einem Doppelschlag erhöhte er auf 22:18. Begeisterung pur, doch es waren noch über zehn Minuten zu spielen. Es blieb ein Kampf der Handball-Giganten. Nun spielte Ljubomir Vranjes seine nächste Trumpfkarte aus: Jacob Heinl. Der Kreisläufer war gleich richtig zur Stelle, ergatterte einen Abpraller und netzte zum 23:20 ein. Kurz darauf warf Lasse Svan von Rechtsaußen den Ball ins kurze Eck. 24:20 – die Vorentscheidung nahm schöne Formen an. Vor allem: Mit einem so fantastischen Schlussmann kann man gar nicht verlieren. Mattias Andersson wehrte auch beste Kieler Chancen ab und zog dem Titel-Favoriten den Zahn. „Er hat uns die Partie gerettet", meinte Ljubomir Vranjes kurz nach Spielschluss. „Andererseits ist Handball ein Mannschaftssport, und die Abwehr hatte genau die richtige Aggressivität an den Tag gelegt."

Die Menge skandierte den Namen von Mattias Andersson mit voller Inbrunst. Dazu gesellten sich Gesänge: „Die Nummer eins im Land sind wir!“ und „Derby-Sieger! Hey, hey!“ waren zu hören. Der letzte Treffer von Thomas Mogensen ging bereits im Jubel unter. Es folgte eine Feier, bei der Mattias Andersson zur Freude der Fans die Nordtribüne enterte und den Zeremonienmeister gab. In der Kabine herrschte zu diesem Zeitpunkt ein Schockzustand. Holger Glandorf hatte kurz vor Schluss das Spielfeld nur mit fremder Hilfe verlassen können. Die Diagnose: Achillessehnenriss! „Das ist ein Schlag ins Kontor", sagte ein betroffener Dierk Schmäschke. „Wir werden Holger alle Zeit der Welt geben, um zu genesen und auf das Spielfeld zurückzukehren."

Zeremonienmeister Mattias Andersson. Fotos: Ki


SG Flensburg-Handewitt – THW Kiel 26:22 (15:11)
SG Flensburg-Handewitt: Andersson (26/2 Paraden) – Karlsson, Nenadic (3), Eggert (2/1), Glandorf (5), Mogensen (6), Svan (6), Wanne, Kaufmann, Heinl (1), Zachariassen (3)
THW Kiel: Sjöstrand (5 Paraden), Palicka (10 Paraden, ab 30.) – Toft Hansen (3), Sprenger, Wiencek, Ekberg, Weinhold (2), Canellas (3/2), Duvnjak, Palmarsson (5), Klein (2), Jicha, Vujin (7/3), Lauge
Schiedsrichter: Pritschow/Pritschow (Stuttgart); Zeitstrafen: 10:6 Minuten (Karlsson 2, Eggert 2, Glandorf 2, Heinl 2, Zachariassen 2 – Toft Hansen 2, Wiencek 2, Klein 2); Siebenmeter: 1/1:7/5 (Canellas scheitert zwei Mal an Andersson); Zuschauer: 6300 (ausverkauft)
Spielverlauf: 1:0 (1.), 1:1 (2.), 4:1 (5.), 4:3 (7.), 6:4 (10.), 6:7 (13.), 8:7 (17.), 9:9 (19.), 10:10 (22.), 14:10 (28.) – 17:11 (32.), 17:16 (40.), 19:16 (44.), 20:18 (46.), 22:18 (50.), 22:20 (54.), 25:20 (59.), 25:22 (60.)

Von: ki