Stripes
Stripes
Archiv

Dramatik und Hektik

09.04.2013 -DKB Handball-Bundesliga: 23:23 – SG zu Hause weiter ungeschlagen

Es war eng, es war hektisch – am Ende mussten die SG Flensburg-Handewitt und der HSV Hamburg mit einem 23:23 (9:12)-Remis zufrieden sein. Damit liegt die SG weiterhin an der dritten Stelle der DKB Handball-Bundesliga, drei Zähler vor dem Vierten Füchse Berlin. „Ich kann mit diesem Resultat leben, da wir zur Pause mit drei Treffern zurücklagen", meinte SG-Coach Ljubomir Vranjes. SG-Geschäftsführer Dierk Schmäschke ergänzte: „Es standen sich zwei Mannschaften, die über absolut höchstes Niveau verfügen, gegenüber. Die kämpferische Leistung war sehr gut, ich sehe aber noch Luft nach oben."

Für ein Handball-Fest war alles vorbereitet. Schon die SG-Aufstellung zelebrierten alle Zuschauer im Stehen. Und zum Abschluss der kleinen Zeremonie gab es ein kräftiges „Einmal Flensburg, immer Flensburg“. Während der Partie galten die ersten Anfeuerungsrufe Sören Rasmussen. In seinem ersten Spiel nach der Verletzung durfte der Däne überraschend anfangen und wartete gleich im ersten HSV-Angriff mit drei Paraden auf. Unter anderem entschärfte er einen Strafwurf von seinem Landsmann Hans Lindberg. „Das ging ja gut los", staunte HSV-Trainer Martin Schwalb. „Irgendwie hat sich diese Chancen-Verwertung durch das ganze Spiel gezogen."

Ljubomir Vranjes hatte sich spontan für Sören Rasmussen entschieden und wurde nicht enttäuscht. „Er hatte sich im Training aufgedrängt und hat 60 Minuten überragend gehalten", betonte der SG-Coach. „Wir müssen vier Mal gegen den HSV ran – da brauchen wir zwei starke Torhüter." In jedem Fall spürte der SG-Clan Rückendeckung und erwischte einen guten Start. Lars Kaufmann und Holger Glandorf schlossen aus der zweiten Reihe ab. 2:0!

Thomas Mogensen schlich auf die Bank. Nach einem Foul war er leicht angeknockt und musste zehn Minuten pausieren. Ohne ihre bewährte Kraft auf der Schaltzentrale operierte die SG mit zwei Kreisläufern gegen die offensive HSV-Abwehr und kurzfristig mit Steffen Weinhold in der Mitte. Die Gäste waren nun im Film, glichen beim 3:3 erstmals aus. Der frischgebackene Vater Anders Eggert konnte Johannes Bitter in dieser Phase nicht von der Siebenmeter-Linie überwinden. Überhaupt spezialisierte sich der lange HSV-Keeper auf das Vereiteln von freien Bällen.

Der HSV zog vorbei und lag beim 5:8 erstmals mit drei Treffern in Front. In den Spielaufbau mischten sich bei der SG zu viele Fehlpässe. Das imposante Level hielt Sören Rasmussen, der selbst bei Gegenstößen von Blazenko Lackovic oder Domagoj Duvnjak glänzen konnte. Sein Pech: Die Abpraller landeten häufig beim Gegner oder im Seitenaus. So konnte die SG bis zur Pause nicht verkürzen. Einen letzten Versuch setzte Lasse Svan Hansen an die Latte. „Man muss ja eigentlich dankbar sein, wenn man in Flensburg zur Pause mit drei Toren führt", meinte Martin Schwalb. „Es hätte aber deutlicher stehen müssen. Wir haben einfach zu viele Chancen liegen lassen."

Das 9:12 war keineswegs eine hoffnungslose Situation – das sah man in den Gesichtern der Schützen. Vor allem Lars Kaufmann und Holger Glandorf trafen direkt nach dem Seitenwechsel gut. Auf der anderen Seite unterliefen den Hamburgern nun zahlreiche Stürmerfouls, während Sören Rasmussen weiterhin für Verzückung sorgte. Die SG verkürzte, doch beim 14:15 agierte sie zu ungeduldig. Der Ausgleich wollte noch nicht fallen.

Steffen Weinhold erzielte den 16:16-Ausgleich.

In der 43. Minute brandete Beifall auf: Petar Djordjic ist zurück. Kurz darauf befand er sich mitten im Jubel: Die SG hatte einen Gegenstoß gestartet, Steffen Weinhold behielt die Coolness. 16:16 – endlich der Ausgleich! Der HSV reagierte mit einem Team-Time-Out. Martin Schwalb setzte nun auf zwei Kreisläufer. Ljubomir Vranjes antwortete mit Lasse Svan Hansen als Spitze. Die SG blieb am Zuge. Steffen Weinhold markierte die Führung, und dann war der Moment gekommen: Petar Djordjic machte sein erstes Tor seit August. 18:16 – was für eine Freude! „Man hat gesehen, dass er bis zuletzt alles geben wird", lobte Dierk Schmäschke.

Aber der HSV war keineswegs am Boden. „Eine europäische Top-Mannschaft kann man nicht so einfach distanzieren", meinte Ljubomir Vranjes. Marcin Lijewski glich mit einem Hammer zum 19:19 aus. Es war die letzte Offensiv-Aktion des Polen. Kurz darauf kassierte er die dritte Zeitstrafe und schied aus. Die SG nutzte die Überzahl nicht. Ballverlust und Gegenstoß! Petar Djordjic stoppte Hans Lindberg nicht regelkonform. Zwei Minuten und Siebenmeter! Aber es gab ja noch Sören Rasmussen, den Teufelskerl. Er vereitelte auch diese HSV-Großchance!

Dennoch: Es blieb beim Kopf-an-Kopf-Rennen. Sechs Minuten vor Schluss brachte Domagoj Dunjak den HSV wieder in Führung. 21:22! Was für eine Dramatik! Petar Djordjic behielt in diesem Hexenkessel kühlen Kopf. 22:22! Auch Domagoj Duvnjak zeigte keine Nerven, hatte aber Glück, als sein Wurf vom Pfosten an den Rücken von Sören Rasmussen und dann ins Netz prallte. Thomas Mogensen antwortete postwendendend. 23:23!

Sören Rasmussen hielt überragend.

Die HSV-Bank nahm ihre letzte Auszeit. Der Ball landete schließlich bei Hans Lindberg, der einmal mehr in Sören Rasmussen seinen Meister fand. Doch im Gegenzug zeigte Lasse Svan Hansen zu viel Respekt vor Johannes Bitter und verzog. Ein Raunen in der Flens-Arena! Nur noch zwei Minuten! In Unterzahl spielten die Hamburger ihren Angriff lange aus. Aus größerer Distanz traf Frederik Petersen die Latte. Noch eine Minute! Bereits nach 30 Sekunden zeigten die Schiedsrichter passives Spiel an. Die SG rang um jeden Augenblick, doch drei Sekunden vor Ultimo hatten die Hamburger den Ball. Zum Glück konnte Anders Eggert dazwischen springen. Der Linksaußen passte geistesgegenwärtig auf Steffen Weinhold, der gefoult wurde. Den fälligen letzten Freiwurf von Petar Djordjic aus 15 Metern hielt Johannes Bitter.

Nach dem Abpfiff jubelte keines der beiden Teams. Sie waren zu erschöpft, niemand wusste, den Stellenwert der Punkte-Teilung spontan richtig einzuordnen. „Das war schon ein Fingerzeig für die kommenden drei Partien zwischen beiden Klubs", orakelte HSV-Geschäftsführer Christopher Wendt. „Es dürfte noch ein Stück intensiver werden." Ljubomir Vranjes richtete seinen Blick bereits auf das Lifthansa Final Four. „Das war HSV, die erste – die zweite folgt am Samstag", kündigte er an. „Wir werden in den nächsten Tagen alles dafür tun, um wieder fit zu werden – und dann geben wir wieder Gas."

Dank an die Zuschauer für die Unterstützung.
Fotos: N. Kirschner

 


SG Flensburg-Handewitt – HSV Hamburg  23:23 (9:12)
SG Flensburg-Handewitt: Rasmussen (22/3 Paraden) – Karlsson, Machulla (1), Eggert, Glandorf (7), Mogensen (4), Svan Hansen (2), Weinhold (2), Djordjic (3), Heinl, Gustafsson, Kaufmann (4), Knudsen
HSV Hamburg: Bitter (14/1 Paraden) – Kraus, Duvnjak (4), Lackovic, Flohr (2), Lindberg (3), Lijewski (4), Vori (3), Hens (2), Petersen (5)
Schiedsrichter: Immel/Klein (Tönisvorst/Ratingen); Zeitstrafen: 8:14 Minuten (Svan Hansen 4, Karlsson 2, Djordjic 2 – Lijewski 6, Lackovic 2, Flohr 2, Vori 2, Petersen 2); Rote Karte: Lijewski (51., dritte Hinausstellung); Siebenmeter: 1/0:3/0 (Eggert verwirft gegen Bitter – Rasmussen hält zwei Mal gegen Lindberg und gegen Petersen, der im Nachwurf trifft); Zuschauer: 6300 (ausverkauft)
Spielverlauf: 2:0 (6.), 3:1 (7.), 3:5 (13.), 5:6 (14.), 5:8 (17.), 7:9 (20.), 8:11 (24.) – 10:12 (31.), 11:14 (35.), 13:14 (38.), 14:16 (43.), 18:16 (47.), 19:17 (48.), 19:19 (49.), 21:20 (53.), 21:22 (55.), 22:23 (57.)

Von: ki