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Mehr Kampf als Handball

14.12.2014 -DKB Handball-Bundesliga: 22:22 – SG holte Sechs-Tore-Rückstand auf

Die SG Flensburg-Handewitt musste sich bei der HSG Wetzlar mit einem 22:22 (8:12)-Remis begnügen. Die Gäste durften sich aber als moralischer Sieger fühlen, da sie einen Sechs-Tore-Rückstand aufholten und sich damit auf dem Treppchen der DKB Handball-Bundesliga behaupteten. „Das war eine unglaublich kämpferische Leistung", lobte SG Geschäftsführer Dierk Schmäschke. „Beeindruckend, wie die Mannschaft allen Widrigkeiten getrotzt hat."

Schon bei der Abreise war es Gewissheit: Die SG musste auch in Mittelhessen auf Jacob Heinl, ihren Kreisläufer und Abwehr-Strategen, verzichten. Deshalb agierte die Defensive wieder eine Stufe offensiver gegen Wetzlarer, die überraschend ohne Rückraum-Ass Ivano Balic begannen. Das war aber kein Manko für die Gastgeber, die rasend schnell ihren Rhythmus fanden. Ganz anders die SG, die bei ihren Abschlüssen eine enorme Streuung verkraften musste. Anders Eggert vergab einen Strafwurf, Holger Glandorf traf nur den Pfosten, und Lasse Svan scheiterte an HSG-Keeper Andreas Wolff. Nach zehn Minuten hieß es 5:1 – der SG Angriff kochte auf Sparflamme. 

Danach lief es zwar etwas besser, aber man spürte, dass der SG die gewohnte Sicherheit fehlte. Ljubomir Vranjes reagierte: Zunächst schickte er Drasko Nenadic für Lars Kaufmann auf die Halbposition, dann nahm er beim 7:5 ein Team-Time-Out. Doch seine Truppe blieb auch danach auf der Suche nach dem Rhythmus. Wetzlar kombinierte frischer und vertraute nun auf Ivano Balic. Der geniale Kroate steckte auf den wurfstarken Steffen Fäth durch, der auf 11:6 erhöhte. „Wir haben viel verworfen, dadurch haben wir keine Sicherheit im Angriff gewonnen", meinte Thomas Mogensen.

Holger Glandorf fand die Lücke.

Am meisten rieben sich die SG Schützen an Schlussmann Andreas Wolff auf. Den einzigen Gegenstoß vor der Pause kaufte er Drasko Nenadic ab und entschärfte 15 weitere Würfe der Gäste im ersten Durchgang. „So einen Tag hat man nicht oft in seiner Karriere", war Dierk Schmäschke angetan von der Leistung des HSG-Keepers. Besonders ungewöhnlich die Flaute von der Siebenmeter-Linie. Anders Eggert hatte schon zwei Mal vergeben, als auch Lasse Svan seinen Meister in Andreas Wolff fand. Mit Ablauf der Zeit erhielt die SG einen vierten Strafwurf. Doch auch diese Gelegenheit ließ Anders Eggert aus. Es war zum Haareraufen! Mit einem Vier-Tore-Rückstand ging es in die Kabine. 

Die zweite Hälfte begann mit zwei Hoffnungsschimmern: Mattias Andersson behielt gegen Vladan Lipovina die Oberhand, dann schloss Lasse Svan den daraus resultierenden Konter erfolgreich ab. Danach aber wieder die alte Leier, die SG tat sich in der Rittal-Arena ungemein schwer und ließ sich von starken Hessen den Schneid abkaufen. Urplötzlich hieß es 15:9. Das provozierte eine wütende Antwort von Lars Kaufmann. Nur: Ein Tor macht keine Wende, zumal sich der Halblinke kurz darauf etwas zu intensiv über eine Entscheidung beschwerte und von den Schiedsrichtern auf die Bank verbannt wurde.


Thomas Mogensen rackerte unermüdlich.

Ljubomir Vranjes versuchte etwas zu bewegen: Hampus Wanne agierte schon länger auf Linksaußen, dann half Johan Jakobsson im rechten Rückraum aus, ehe Drasko Nenadic wieder im linken Rückraum auftauchte und gleich durchflutschte. 18:13 – die Früchte des Erfolgs waren aber immer noch sehr weit weg. In einem Team-Time-Out versuchte Ljubomir Vranjes noch einmal nachzujustieren und hatte damit Erfolg. Die SG war in ihren Angriffen nun konsequenter und holte auf. Anders Zachariassen konnte den Ball trotz Bedrängnis in die Maschen legen. Nur noch 19:16 – und es waren noch zehn Minuten zu spielen. „Man hat einmal mehr gesehen, dass gegen einen Sieger der Champions League ein Sechs-Tore-Vorsprung kein Ruhepolster ist", schwante Andreas Wolff Böses.

Thomas Mogensen war der unermüdliche Antreiber. Er bediente entweder seine Mitspieler oder machte es selbst – so wie beim 20:17 oder 21:20. Die Spannung war in die Partie zurückgekehrt, zumal Mattias Andersson im Torhüter-Duell gegen Andreas Wolff nun keine Nachteile mehr hatte. Wetzlar unterlief ein Stürmerfoul, die SG rutschte in ein passives Spiel, doch beim nächsten Angriff entdeckte Thomas Mogensen eine Riesenlücke in der HSG-Defensive und sauste zum 21:21 durch. Ausgleich, und nur noch 115 Sekunden! Vladan Lipovina brachte Wetzlar erneut in Führung, auf der Gegenseite war es erneut Thomas Mogensen, der Verantwortung übernahm und einen Siebenmeter herausholte. Aber wer sollte werfen? Die Wahl fiel auf Barca-Killer Hampus Wanne, der auch diesmal cool blieb und der SG letztendlich einen Zähler rettete. „Das war heute mehr Kampf als Handball", sagte Thomas Mogensen. „Aber wir haben Charakter gezeigt und dürfen uns über den einen Punkt glücklich schätzen." Und dann hieß es bereits umschalten. „Anders geht es derzeit nicht bei diesem Drei-Tages-Rhythmus", schloss Dierk Schmäschke. „Am Mittwoch kommt Friesenheim." Anwurf der Pokal-Partie in der FLENS-ARENA ist um 19.30 Uhr.

Anders Zachariassen ließ sich auch von einer Verletzung
nicht stoppen. Fotos: HSG (2), Anderson-Jensen (2)

HSG Wetzlar – SG Flensburg-Handewitt 22:22 (12:8)
HSG Wetzlar: Wolff (22/4 Paraden) – Prieto, Weber (4), Fäth (7), Bliznac (1), Balic, Klesniks, Laudt (1), Lipovina (5), Joli (2), Rompf (1), Tönnesen (1)
SG Flensburg-Handewitt: Andersson (12 Paraden) – Karlsson, Nenadic (2), Eggert, Glandorf (3), Mogensen (7), Svan (5), Wanne (1/1), Kaufmann (1), Zachariassen (2), Jacobsson (1)
Schiedsrichter: Baumgart/Wild (Altenheim/Elgersweier); Zeitstrafen: 6:4 Minuten (Laudt 2, Fäth 2, Rompf 2 – Kaufmann 2, Mogensen 2); Siebenmeter: 0:5/1 (Eggert drei Mal und Lasse Svan scheitern an Wolff); Zuschauer: 4000
Spielverlauf: 1:1 (2.), 5:1 (9.), 5:3 (12.), 6:4 (15.), 7:5 (16.), 9:5 (21.), 11:6 (24.), 11:8 (28.) – 12:9 (31.), 15:9 (35.), 16:11 (37.), 18:12 (43.), 18:14 (46.), 19:16 (50.), 20:18 (52.), 21:18 (53.), 21:21 (59.), 22:21 (59.)

Von: ki