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VELUX EHF FINAL 4

30.05.2014 -Thomas Mogensen: „In unserem Sport gibt es nichts Größeres als Köln“

Seit sieben Jahren zieht Thomas Mogensen die Fäden im Angriff der SG Flensburg-Handewitt – als Nachfolger seines legendären Landsmanns Joachim Boldsen. In dieser Zeit gab es viele Versuche, sich für das VELUX EHF FINAL4 zu qualifizieren, in diesem Jahr hat es endlich geklappt. Der 31-Jährige bestreitet das erste Champions-League-Halbfinale seiner Karriere – und dies gleich gegen den FC Barcelona. Was er vom Turnier und vom Gegner hält, verrät der Europameister und EHF-Pokalsieger von 2012 im offiziellen EHF-Interview.

Sie sind zum ersten Mal beim VELUX EHF FINAL4 in Köln dabei – wie sind Ihre Erwartungen?
Thomas Mogensen: Das wird total geil! Wir waren schon häufiger beim Finalturnier des DHB-Pokals in Hamburg dabei, aber Köln ist viel, viel größer. Das kann man sich kaum vorstellen. Zudem ist es für mich das erste Champions-League-Halbfinale meiner Karriere, nachdem wir einige Male unglücklich im Viertelfinale ausgeschieden waren. Also ist Köln für mich auch sportlich der nächste Schritt, auf den ich mich riesig freue. Der ganze Verein freut sich, ein solches Event zu erleben, speziell als deutsche Mannschaft in Deutschland zu spielen.

Wie haben Sie die vergangenen VELUX EHF FINAL4-Turniere verfolgt? Was wissen Sie von Köln?
Thomas Mogensen: Auch wenn man als Handballer an freien Tagen eigentlich nicht so viel Zeit damit verbringt, sich Handball im Fernsehen anzuschauen, habe ich mir die vergangenen Turniere alle im Fernsehen angesehen. Schließlich gibt es in unserer Sportart nichts Größeres – und jetzt sind wir dabei, das ist hammergroß!

Um ein Haar wäre es aber nichts aus der ersten Teilnahme in Köln geworden, in Skopje stand die SG ganz schön auf der Kippe...
Thomas Mogensen: Das war so eng und so chaotisch, was in der Schlussphase des Rückspiels passiert ist. Nach der ersten Halbzeit hatten wir ein richtig gutes Gefühl, aber dann hat Skopje das Spiel mit den verrückten Fans im Rücken gedreht. Am Ende waren wir cool genug, hatten aber auch das nötige Glück in diesem Hexenkessel, um weiterzukommen. Auch andere Viertelfinals haben gezeigt, dass in der Champions League nicht einmal eine Sieben-Tore-Führung reicht. Aber das Einzige, was zählt: Wir sind in Köln dabei!

Ist es bei der Premiere gleich etwas Besonderes, gegen den FC Barcelona aufzulaufen?
Thomas Mogensen: Es war egal, gegen wen wir gelost werden, im Topf waren nur noch starke Mannschaften. Wir sind nicht der Favorit in diesem Spiel und auf den Titel, aber wir wollen natürlich gewinnen. Ein gutes Spiel reicht, um ins Finale zu kommen, allerdings ist Barcelona vom Kader her natürlich eine Weltklasse-Auswahl. Sie haben viele Stars, die ein Spiel ganz alleine entscheiden können. 

Ist es ein Vorteil für die SG, dass die Entscheidung in 60 Minuten fällt – und nicht in Hin- und Rückspiel?
Thomas Mogensen: Es kann ein Vorteil sein, wenn bei uns alles klappt. In einem Spiel ist es vielleicht einfacher, Barcelona zu schlagen, als in zwei Partien. Speziell, wenn man ein Rückspiel im Palau Blaugrana hat. Aber wir fühlen uns wohl in der Rolle als Underdog.

Nimmt sich die SG den HSV Hamburg als Vorbild, der im Vorjahr ebenfalls als Außenseiter Barcelona im Finale besiegte?
Thomas Mogensen: Ich nehme da nicht explizit Hamburg, aber ich habe viele Spiele gesehen, in denen der vermeintliche Favorit verlor. Wir machen uns aber noch keine Gedanken, wie man den Champions-League-Titel gewinnen, sondern nur, wie man Barcelona schlagen kann.

Gibt es bei diesem Ansinnen einen Spieler des FC Barcelona, auf den man sich besonders fokussieren muss?
Thomas Mogensen: Nein, da spielen nur überragende Handballer. Wenn man einen herauspickt, ist es vielleicht Nikola Karabatic. Er hat schon so viele Finals gespielt und hat eine unglaubliche Erfahrung. Aber für uns gilt es, uns auf Barcelona als Team zu fokussieren, ihren Rhythmus zu stören. Wir haben keine Angst vor Barcelona, auch wenn sie in der spanischen Liga deutlich weniger gefordert wurden, und wir eine knüppelharte Saison in den Knochen haben. Aber nach dem FINAL4 ist erst einmal Urlaub, da vergisst man alle Schmerzen und alle Belastungen.

Die SG ist schon traditionell ein wichtiger Anlaufpunkt für dänische Handballer – ist das dänische Quintett ein Grüppchen für sich?
Thomas Mogensen: Nein, wir wohnen fast alle in Handewitt, nicht nur die Dänen, fast alle Spieler. Und deswegen unternehmen wir mit unseren Familien auch abseits des Handballs sehr viel gemeinsam. Aber ein dänisches Grüppchen gibt es nicht.

Beim Gegner steht in Jesper Noddesbo auch ein Däne im Kader – gab es nach der Auslosung schon Kontakte?
Thomas Mogensen: Wir haben ein bisschen getwittert, wir werden uns sicher vor dem Spiel hallo sagen. Aber nach dem Anpfiff ist mir egal, wer auf der anderen Seite steht.

Welche Stärken werden die SG in Köln auszeichnen?Thomas Mogensen: Wir haben eine überragende Zusammenarbeit von Torhüter und Abwehr, und daraus resultiert unser hohes Tempo. Wir brauchen diese Gegenstoßtore, denn uns fehlen im Vergleich zu Barcelona einige Rückraum-Shooter.
Haben Sie irgendwelche Eigenarten oder Rituale vor jedem Spiel?

Thomas Mogensen: Ich persönlich nicht, und generell sind die Rituale im Handball auch deutlich weniger geworden. Wir haben 80 Spiele im Jahr, da ist es schwer, den Tag immer gleich zu gestalten. Aber einige haben wirklich noch den gleichen Tagesablauf vom Aufstehen bis zum Anwurf. Ich nicht! 

Von: Björn Pazen