Stripes
Stripes
Archiv

28.04.2011 -Oscar Carlén: “Ich kann noch Pokalsieger werden”

Du hast dich im Februar beim Spiel gegen Hannover verletzt. Die Diagnose lautete: Kreuzbandriss. Schnell war allen klar, dass sie dich bei der Begegnung zum letzten Mal im Trikot der SG Flensburg-Handewitt auf dem Spielfeld gesehen haben. Seit einer Woche bist du wieder in Flensburg. Wie verliefen die letzten Wochen und wie geht es dir heute?
Oscar Carlén: Ich bin im März in Schweden operiert worden. Der Arzt, der den Eingriff vornahm, ist ein enger Freund meiner Familie. Zudem ist er auch lange Jahre Nationalmannschaftsarzt gewesen. Aufgrund einer früheren verletzungsbedingten Operation am anderen Bein kann ich sagen: Niemand kennt meine Knie so gut wie er! (lacht)
 
Deine Laune ist ja wieder gut. Zwischendurch hattest du dich auch mal etwas „anders“ angehört.
Oscar Carlén: Es war enttäuschend für mich, so ein Abschied auf dem Spielfeld zu haben. Dazu kam auch eine Infektion in meinem Knie nach der Operation, was eine kleine Komplikation bedeutet hat und die vollständige Heilung noch weiter hinauszögert. Ein halbes Jahr auszusetzen, ist für jeden Sportler bitter.
 
Aber du trainierst schon wieder.
Oscar Carlén: Ja, das mache ich. Vormittags habe ich Rehabilitationstraining und nachmittags ist mein Oberkörper dran.
 
Siehst du dann deine Mannschaftskollegen im Moment gar nicht?
Oscar Carlén: Doch, doch. Ich schaue mal beim Training vorbei und werde dort zum Teil auch von unseren Physios behandelt, damit mein Knie die volle Beweglichkeit wiederbekommt. Außerdem wohne ich mit der halben Mannschaft Tür an Tür in Twedter Feld. Bei schönem Wetter grillen wir fast jeden Tag zusammen, und sonst sehen wir uns hier auch mehrmals am Tag.
 
Geht es einem nicht auf den Geist?
Oscar Carlén: Überhaupt nicht. Mir ist es absolut bewusst, dass ich es, was das soziale Umfeld betrifft, nirgendwo so schön haben werde wie hier!
 
Meinst du das wegen der Mannschaft oder der Fans?
Oscar Carlén: Irgendwie beides. Flensburg ist eine Stadt, in der alles beieinander ist. Mannschaft und Fans haben eine besondere Nähe.
 
Warum hast du dich dann für einen Wechsel entschieden?
Oscar Carlén: Ich wollte gerne auch etwas anderes erleben. Hamburg ist ein Verein mit hohen Zielen, einer sehr starken Mannschaft und mit dem nötigen Geld, um sich langfristig an der Spitze der Bundesliga zu etablieren. Dieses Jahr werden sie Meister und es werden weitere Titel folgen - da bin ich mir sicher.
 
Auch der THW soll an dir interessiert gewesen sein. Warum entscheidet man sich dann nicht für den Rekordmeister?
Oscar Carlén: Als ich nach Deutschland kam, gab es hier zwei große Rivalen. Das waren der THW und die SG. Die Derbys waren mit keinem anderen Spiel vergleichbar, die Luft brannte - schon Tage zuvor. Die Anspannung fühlte jeder: Das Umfeld, der Verein, die Fans. Diese Rivalität kannte kaum Grenzen und war nicht nur auf dem Spielfeld zu spüren. Auf der einen Seite die Zebras, auf der anderen die SG-Anhänger. Als ich in Flensburg unterschrieb, habe ich mich für die eine Seite entschieden. Auf der Seite möchte ich gerne bleiben – in der nächsten Saison mit meiner neuen Mannschaft, dem HSV Hamburg.

 
In Hamburg teilst du die Position mit Marcin Lijewski. Er ist ein Weltstar, hinter dem man sich auf jeden Fall erst mal behaupten muss. Verlangt das nicht Respekt?
Oscar Carlén: Ich freue mich richtig, noch etwas von ihm zu lernen und in Ruhe auf der Position heranwachsen zu können.
 
 
Auch dein Vater wechselt zum HSV. Wolltet ihr nicht getrennte Wege gehen?
Oscar Carlén: Das eine hat in meinen Augen nicht viel mit dem anderen zu tun. Mir ist es nur wichtig, dass ich einen Trainer habe, dessen Handball-Philosophie ich teile und der mir vertraut. Ob mein Vater das ist oder jemand anders, war für mich nicht so entscheidend.
 
Inzwischen habt ihr auch eure Wohnungen in der Hansastadt gefunden.
Oscar Carlén: Wir werden viele Kilometer voneinander entfernt wohnen. Er hat sich für ein Haus am Rande von Hamburg entschieden und ich wohne mitten in der City.
 
Bist du auch schon ein bisschen „HSV“?  Drückst du schon die Daumen für deinen zukünftigen Verein?
Oscar Carlén: Ich bin noch in Flensburg. Körperlich und mental. Ich werde auch nicht Deutscher Meister dieses Jahr. Das werden die. Aber ich kann noch Pokalsieger werden! (lacht) Die Chancen stehen nicht schlecht. Ich denke, unsere SG kann immer überraschen.

Von: Zita Newerla