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26.04.2011 -Das "Rote Sofa": Handball-Stars plaudern über Persönliches

Das „Rote Sofa“ ist eine Rubrik im Hallen-Magazin KONTER. Handball-Stars verraten Zita Newerla, was sie auf und außerhalb des Spielfeldes beschäftigt, bewegt, motiviert, nervt, zum Weinen oder zum Lachen bringt.  


Folge 59: Viktor Szilagyi
Gibt es eigentlich jemanden, der dich nicht mag?
Viktor Szilagyi:
(lacht) Ja, bestimmt.

In jeder deiner „Ex-Hallen“ von Gummersbach bis Kiel wirst du bejubelt...
Viktor Szilagyi: Ich hatte immer eine gute Beziehung zu den Fans und dem Umfeld, egal in welchem Klub ich gespielt habe. Vielleicht ist das der Grund, dass ich so positiv empfangen werde.


Als du zur SG Flensburg-Handewitt gewechselt bist, riefen hier sogar mehrere Journalisten an und gratulierten zu deiner Verpflichtung.
Viktor Szilagyi: Das freut mich natürlich. Mein Wechsel kam ja eigentlich spontan, mitten in der Vorbereitung. Anschluss habe ich dennoch relativ schnell gefunden.

War die SG die richtige Entscheidung?
Viktor Szilagyi: Absolut! Sportlich ist natürlich jeder neue Verein eine neue Herausforderung. Andere Spieler, andere Philosophie... Man muss sich in einem neuen Umfeld sicherlich alles neu erarbeiten. Aber hier kommen mehrere Faktoren zusammen, wodurch ich mich sehr wohl fühle. Unser Trainer hat eine Auffassung vom Handball, die mir sehr liegt. Jeder in der Mannschaft kennt seine Aufgaben. So ist es auf dem Spielfeld einfach. Außerdem liegt mir die norddeutsche Mentalität sehr.

Das musst du jetzt genauer erklären!
Viktor Szilagyi: Die Leute hier sind so angenehm distanziert, wenn man ihnen zum ersten Mal begegnet. Sie bilden ihre Meinung nicht sofort, sondern beobachten. Sie lassen sich und ihrem Gegenüber Zeit und sind dabei dennoch herzlich.

Du wohnst in Glücksburg. Ist also der Name Programm?
Viktor Szilagyi: (lacht) Ja, das kann man auch sagen. Auch die Nähe zur Ostsee ist fantastisch. Meiner Familie und mir gefällt es sehr gut hier.

Dass du in Ungarn geboren bist und für die Nationalmannschaft von Österreich spielst, wissen die Fans. Gibt es Situationen, in denen du so richtig „ungarisch“ wirst?
Viktor Szilagyi: Meine Eltern sind nach Österreich gezogen, da war ich sechs Jahre alt. Es ist nicht vorgestern gewesen. (lacht) Mich verbindet aber immer noch eine Menge mit Ungarn, auch weil mein Bruder mit seiner Familie dort lebt. Jedes Jahr im Sommer versuche ich mindestens eine Woche dort zu verbringen. Aber so richtig „ungarisch“ werde ich, glaube ich, nicht. Die Mentalitäten sind ja auch nicht so unterschiedlich...

Da habe ich dich mal anders erlebt.
Viktor Szilagyi: Echt, wann denn?

Als Veszprém gegen Barcelona gespielt hat. Da warst du ziemlich ungarisch.
Viktor Szilagyi: Ja, das ist klar. Wenn ungarische Sportler oder Vereine in irgendeinem Wettbewerb vertreten sind, dann bin ich für sie. Wenn sie dann gewinnen, erfüllt mich das irgendwie mit Stolz und einer Form von Genugtuung. (lacht) Wobei das auch so ist, wenn Österreicher bei irgendeinem Sportwettbewerb antreten.

Die SG ist in der Bundesliga deine fünfte Station. Was hast du von den vorherigen „fürs Leben“ mitgenommen?
Viktor Szilagyi: Alle Vereine hatten mit einer bestimmten Lebensphase zu tun. In Dormagen war ich zum ersten Mal Profi. Dort durfte ich Bundesliga-Luft schnuppern mit all dem Druck, der dazugehört. In Essen spielte ich auf einmal mit großen Stars wie Dimitri Torgovanov oder Oleg Velyky zusammen. Mit der Mannschaft feierte ich die ersten internationalen Erfolge. Nach Kiel kam ich wie auch nach Flensburg relativ spontan. Obwohl der Verein einen großen Schritt bedeutete, habe ich mich auch dort ziemlich schnell eingelebt, was bei so einer Mannschaft immer voraussetzt, dass man den Kampf annimmt. Noka Serdarusic hat mich dort auf die Position des Spielmachers gesetzt und so lernte ich in Kiel neben dem extremen Erfolgswillen auch Genauigkeit und noch mehr Taktik. Gummersbach steht für mich für Gegensätzlichkeit. Auf der einen Seite finanzielle Schwierigkeiten im Umfeld, auf der anderen eine fantastische Stimmung und Zusammenhalt in der Mannschaft.

Und jetzt bist du in Flensburg.
Viktor Szilagyi: Ja. Und wie gesagt, ich fühle mich mit meiner Familie sehr wohl hier.

Spätestens seit der letzten Spielverlegung musst du denken, dass du die beste Entscheidung getroffen hast. Die SG spielt Ostersonntag in der Campushalle gegen Gummersbach, deinen alten Verein.
Viktor Szilagyi: (lacht) Stimmt! So kann ich schön zu Hause spielen, und mir bleibt die lange Heimfahrt erspart.

 

 

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Von: Zita Newerla