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19.05.2010 -Johnny Jensen: „Man weiß nie, was die Zukunft bringt"

Nach sieben Jahren verabschiedet sich der „Handballgott“ von der SG Flensburg-Handewitt. In der Campushalle wurde er gefeiert, in gegnerischen Arenen oft ausgebuht aber immer für seinen Kampgeist geschätzt. Mit der SG stand der norwegische Nationalspieler, zweifache Familienvater und gelernte Zimmermann zweimal im Champions-League-Finale, hat zwei Mal den DHB-Pokal gewonnen und wurde mit seiner Mannschaft 2004 Deutscher Meister.

Du beendest im Sommer eine große Karriere und ziehst mit deiner Familie in deine norwegische Heimat. Mit welchen Gefühlen verlässt du die SG?
Johnny Jensen: Durch meine Verletzung habe ich in dieser Saison schon ein wenig Abstand zum Spielerleben gekriegt. Immer wieder habe ich mit Training versucht, auf das Spielfeld zurück zu kehren; es ging aber medizinisch nicht. Wenn du nur trainierst, aber nicht spielen kannst, ist das ziemlich frustrierend. Du hast auch nicht mehr so viel Kontakt zu den Zuschauern und Fans, und bist einfach nicht mehr mitten drin.

Bist du darüber traurig?
Johnny Jensen: Ich denke, es ist ganz normal. Ich hätte mich viel lieber aktiv auf dem Spielfeld verabschiedet. Ich habe immer sehr gern und aus vollem Herzen in Flensburg gespielt. Ich habe mich hier auch immer sehr wohl gefühlt, habe von den Zuschauern auch einen Spitznamen bekommen, der für jeden Sportler eine Anerkennung, Kompliment und gleichzeitig eine Ehre ist. Für mich war es etwas ganz Besonderes in Flensburg zu spielen, aber jetzt will ich einen Schritt weiter gehen.

Willst du beim letzten Spiel mit der Mannschaft einlaufen?
Johnny Jensen: Das weiß ich nicht. Ich bin ein emotionaler Typ und will dort auch nicht mit „Pipi in den Augen“ stehen. Wahrscheinlich müsste ich einfach nur wegfahren...

Aber das tut doch kein Handballgott seinen Fans an, oder?
Johnny Jensen: Nein, ich werde da sein!

Wie hast du deine zweite Karriere geplant?
Johnny Jensen: In Norwegen mache ich zuerst meinen Trainerschein. Nebenbei kann ich beim Verein Nøtterøy auch ein wenig Praxis für die neue Aufgabe bekommen. Dort ist ein Sandkastenfreund von mir der Cheftrainer. Er hat mir dieses Angebot gemacht, und ich freue mich darauf! So kann ich alles, was ich in Flensburg gelernt habe, weitergeben.

Du sprichst oft über Flensburg! Welchen Platz hat diese Stadt in deinem Herzen?
Johnny Jensen: Sie ist auf Platz vier!

Nummer eins ist deine Familie, das ist klar. Aber was ist dazwischen?
Johnny Jensen: Mein Hund! (lacht) Flensburg hat einen besonderen Platz in meinem Herzen und in meinem Leben! Mannschaft, Verein, Fans, die Stadt und alles, was es hier gibt! Flensburg ist ein sehr schöner Platz zum Leben!

Der „Handballgott" im Kreis seiner Familie.

Ist der Verein deswegen so erfolgreich?
Johnny Jensen: Es hat bestimmt viel damit zu tun, aber nicht nur! In den letzten Jahren ist es dieser Mannschaft gelungen, auch einige Titel zu holen. Die SG hat in ganz Europa einen großen Namen und eine gute Reputation. Die Mannschaft funktioniert sehr gut, die Mentalität der Flensburger ist auch ein wenig „skandinavisch“, und die Natur ist auch toll. Eigentlich kann man hier alles machen, außer Ski fahren.

Apropos Natur: Dein Traum war mal, zusammen mit deiner Frau in einer verlassenen Berghütte ohne Strom und Wasser Urlaub zu machen. 
Johnny Jensen: Das habe ich immer noch nicht gemacht! Letztens lief im Fernsehen eine Dokumentation über einen Mann, der das über Wochen gemacht hat. Ich schaute ganz vorsichtig zu meiner Frau, sie hat aber nur den Kopf geschüttelt. In ihren Augen stand nur: „Vergiss es!“ Ich muss sie noch überzeugen, dass so ein Urlaub auch romantisch sein kann! (lacht)

Elisabeth freut sich schon auf Norwegen und auf eine neue Normalität...
Johnny Jensen: Darauf freue ich mich auch! Auf neue Ziele und alte Freunde!

...alte Freunde?
Johnny Jensen: Ja! Menschen, die ich schon mein Leben lang kenne und in den letzten Jahren kaum sah!

Du bist als Zuschauer zur letzten EM nach Wien gereist. Kaum warst du in der Halle, hatte dich die norwegische TV-Crew entdeckt. 30 Minuten später bekamst du eine TV-Akkreditierung für den Experten um den Hals und ein Mikro vor die Nase. Wäre das auch ein neuer Job für dich?
Johnny Jensen: Das war sehr lustig! Vor allem habe ich mich über den super Platz in der Halle gefreut! Als Experte sitzt man ja in der ersten Reihe mit Getränken, Obst und Süßigkeiten. Als hätte ich das Finale aus einer Loge gesehen. (lacht) So etwas macht immer mal Spaß, aber als Job kann ich mir das nicht vorstellen.

Wie sieht es mit einer Rückkehr zur SG aus?
Johnny Jensen: Meinst du als Maskottchen? Letztens sagte das ein Mitspieler zu mir! Ich soll mal für den Elch einspringen! (lacht)

Als Trainer? Irgendwann?
Johnny Jensen: Das wäre schön! Man weißt doch nie, was die Zukunft bringt!

Von: Zita Newerla