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23.03.2010 -Jacob Heinl: "Wenn wir so weiterspielen, können wir Dritter werden"

Als einer der Gewinner der jüngsten Länderspiele der A-Nationalmannschaft gegen die Schweiz kann sich Jacob Heinl fühlen. Der 23-jährige Kreisläufer der SG Flensburg-Handewitt wurde nach seinen insgesamt sechs Toren von allen Seiten gelobt. Auch in Flensburg steht Heinl derzeit mehr im Fokus als sonst, da die etatmäßige Nummer eins am Kreis, Michael Knudsen, verletzungsbedingt langfristig ausfällt. Mit handball-world.com sprach Heinl über Ziele, Vorbilder und Fans.

Du bist quasi gerade aus Stuttgart von der Nationalmannschaft zurück. Wie war es?
Jacob Heinl: Es war natürlich wieder ein tolles Erlebnis. Es ist immer etwas Besonderes, bei der Nationalmannschaft zu sein, und es macht wirklich Spaß.

Dein erster Länderspieleinsatz liegt noch nicht lange zurück (2.12.2009 gegen Weißrussland, d.Red.). Wie kann man sich das vorstellen, wenn die erste Einladung zur Nationalmannschaft kommt und das Handy klingelt: „Hallo, hier ist Heiner Brand“?
Jacob Heinl: Beim ersten Mal hat mich mein Trainer Per Carlén informiert, dass ich dabei bin. Und die anderen Male habe ich eine Einladung per Mail bekommen.

Dann telefoniert der Bundestrainer nicht alle zwei Wochen mit seinen Spielern und fragt nach dem Leistungsstand und dem Befinden?
Jacob Heinl: Nein. Also, zumindest bei mir ist das nicht so.

Es gab viel Lob nach den beiden Spielen. Wie gehst du damit um?
Jacob Heinl: Es ist schön, so etwas zu hören. Ich bin gespannt, wie es jetzt weitergeht.

Wie bewertest du selbst deine Leistung in den beiden Spielen gegen die Schweiz?
Jacob Heinl: Ich kann aus meiner Sicht sagen, dass ich mit dem ersten Spiel ganz zufrieden bin. In Stuttgart habe ich dann leider blöde Zwei-Minuten-Strafen bekommen. Insgesamt betrachtet, denke ich, dass es für mich positiv gelaufen ist. Natürlich gibt es immer Sachen, die man verbessern kann. Man lernt aus seinen Fehlern. Und es ist mein Ziel, mich ständig zu steigern.

Heiner Brand kritisierte, dass es in der HBL zu wenig junge, deutsche Spieler in verantwortungsvollen Positionen gebe. Du bist 23 Jahre alt. Im aktuellen DHB-Kader standen auch andere junge Spieler. Wie siehst du die Situation?
Jacob Heinl: Es ist nun einmal die beste Liga der Welt, hier laufen auch die besten Spieler auf. Es ist für junge Spieler, egal welcher Nationalität, nicht einfach da rein zu kommen.

Die SG muss bis zum Saisonende auf den verletzten Michael Knudsen verzichten. Du hast also deutlich mehr Einsatzzeit als zuvor. Fühlst du einen stärkeren Druck?
Jacob Heinl: Zunächst bedauere ich seinen Ausfall sehr, denn ich kann viel von ihm lernen. Vorher habe ich fast nur in der Abwehr gespielt. Jetzt muss ich auch in den Angriff. Knudsen zu ersetzen, ist nicht möglich. Er ist einer der besten Kreisläufer der Welt. Ich versuche, mir möglichst wenig Gedanken darüber zu machen. Sonst bekäme ich wohl ein Kopfproblem.

Mit dem HSV, Celje und Kiel stehen in den nächsten Wochen schwere Gegner auf eurem Programm. Was rechnet ihr euch da aus?
Jacob Heinl: Es sind sehr wichtige Spiele für uns. Da entscheidet sich schon, wo es für uns hingeht. Wir wollen natürlich möglichst gut abschneiden und die Spiele gewinnen. Klar, das wird sehr schwer. Celje im EHF-Cup ist ein sehr guter Gegner. Unser Ziel ist es, mindestens ins Halbfinale zu kommen. Wenn wir um den Titel spielen wollen, dann müssen wir auch Celje schlagen.

In der HBL hat die SG Platz drei im Visier…
Jacob Heinl: Wir stehen in der Tabelle gut da und haben ein gutes Restprogramm. Auf unsere direkten Gegner treffen wir zu Hause. Wenn wir so weiter spielen wie zuletzt, können wir den dritten Platz festigen. Vor der Saison war unser Ziel, unter die ersten fünf zu kommen. Aber wenn wir die Chance auf die Champions League-Qualifikation haben, wollen wir sie natürlich auch nutzen.

Als Kreisläufer bist du immer im Mittelpunkt des Geschehens. Andere Handballer sagten mir, dass alle Kreisläufer verrückt seien, weil sie dieses Gezerre und Geschubse beinahe genießen. Muss man am Kreis etwas verrückt sein?
Jacob Heinl: (lacht): Stell dich mal ins Tor, wenn mit über 120 km/h ein Ball auf dich zu fliegt… Das sehe ich eher als eine Position an, bei der man verrückt sein muss. Ich habe immer am Kreis gespielt und für mich ist das ganz normal. Man muss schon etwas aushalten können. Handball ist halt ein körperbetonter Sport.

Du hast in den vergangenen Tagen ein ziemliches Programm absolviert: Zwei Länderspiele gegen die Schweiz, und kaum warst du aus Stuttgart zurück, ging es mit der SG zu einem Freundschaftsspiel in Århus.
Jacob Heinl: Die Belastung ist natürlich hoch. Aber wenn man sich zum Beispiel die NBA anguckt, sieht man, dass die Basketballer jeden zweiten Tag spielen. Es macht einfach auch Spaß zu spielen.

Man muss wahrscheinlich früh lernen, schnell zu regenerieren.
Jacob Heinl: Ja, der Körper ist schließlich das Kapital. Da achtet unser Trainer auch sehr drauf. Und wir haben hier eine sehr gute medizinische Abteilung, die sich optimal um uns kümmert.

Jacob Heinl

Du bist bereits seit sehr vielen Jahren bei der SG. Seit wann genau?
Jacob Heinl: Ich fing bei den Mini-Bubis an. Ich weiß gar nicht, ob das die D- oder E-Jugend ist.

Wie kam es dazu?
Jacob Heinl: Ich habe zuerst Fußball gespielt. Dann hat mich mein Freund mit zum Training genommen, und es hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich dabei geblieben bin.

Wer sind deine Vorbilder?
Jacob Heinl: Da gibt es Verschiedene. Als ich kleiner war, war es Matthias Hahn, der hier spielte. Dann war es Christian Schwarzer, der sehr lange für Deutschland gespielt hat und sehr, sehr gut war. Und später waren es Johnny Jensen und Michael Knudsen. Das sind alles sehr unterschiedliche Typen, die mich beeindruckt haben. Zum Beispiel Johnny zu zu schauen, war faszinierend, weil er alle mitgerissen hat.

Du bist hier in Flensburg hautnah an deinen Vorbildern dran.
Jacob Heinl: Es ist schon ein Privileg. Zuerst wurde Matthias Hahn mein Trainer in der zweiten Mannschaft und hat mir viele Tricks gezeigt. Und später konnte ich mit Johnny und Michael zusammen trainieren und spielen.

Wo siehst du deine Stärken und Schwächen?
Jacob Heinl: Meine Stärken liegen sicherlich in der Defensive. Im Angriff muss ich mich noch verbessern. Ich muss beim Abschluss länger warten. Aber wenn ich jetzt mehr Spielpraxis bekomme, wird es automatisch besser.

Schon von der vergangenen Saison zu dieser war ein deutlicher Leistungssprung bei dir zu sehen. Die Bewegungen sind flüssiger. Liegt es am Alter? Liegt es am Trainer, der selbst ein herausragender Kreisläufer war?
Jacob Heinl: Mit Per Carlén habe ich wirklich einen tollen Trainer, der mir viele Tipps gibt. Und ich sehe Michael Knudsen jeden Tag im Training. Johnny Jensen und er verraten mir wirklich viele Tricks. Natürlich sehe ich mir auch andere Kreisläufer an, von denen man sich Kleinigkeiten abschauen kann. Es wird immer schwieriger, sich zu verbessern, je älter man wird. Ich denke auch, dass ich einen Sprung gemacht habe. So soll es auch weitergehen.

Dass deine Leistung bemerkt wird, zeigt sich auch daran, dass du gerade zu Flensburgs Sportler des Jahres gewählt worden bist. Welchen Wert hat diese Auszeichnung?
Jacob Heinl: Es ist eine Ehre. Aber es hätten viele andere aus der Mannschaft gewählt werden können. Schließlich ist Handball ein Mannschaftssport. Ich komme aus der Region, und daher ist es ist eine besondere Auszeichnung für mich.

In Flensburg ist eine große Nähe zwischen Fans und Mannschaft zu beobachten. Wie erlebt ihr Spieler das?
Jacob Heinl: Unsere Fans unterstützen uns, fahren überall hin. Ich denke, dass wir als Spieler dann auch etwas zurückgeben sollten. Die Fans nehmen viel Mühe auf sich, deswegen finde ich es selbstverständlich, dass man nach dem Spiel Zeit für sie hat. Sie denken einfach an alles. Zum Beispiel bekommen wir zum Geburtstag einen Kuchen. So etwas beeindruckt mich jedes Mal aufs Neue. Es ist schön, dass es ein so gutes Verhältnis ist. Das finde ich sehr wichtig.

Neben dem Handball hast du eine Ausbildung zum Bankkaufmann gemacht bzw. machst sie noch…
Jacob Heinl: Ja, in zwei Monaten stehen die Prüfungen an.

Und danach? Gilt dann die volle Konzentration dem Handball? Oder weißt du schon, was du parallel machen möchtest?
Jacob Heinl: Ich werde mich informieren. Ich würde schon gern studieren, aber viele Bereiche sind wegen der Anwesenheitspflicht nicht möglich.

Wo siehst du dich in fünf Jahren?
Jacob Heinl: Ich hoffe, dass ich noch in Flensburg bin, dass wir sehr erfolgreich sind und ganz oben mitspielen, dass ich mich weiterentwickelt habe und dann erster Mann bin und dass ich in der Nationalmannschaft spiele. Das ist mein Traum. Darauf arbeite ich hin. Allerdings sind fünf Jahre Ewigkeiten im Handball. Das kann man nicht planen.

Von: Stefanie Pape für handball-world