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19.05.2005 -Andrej Klimovets: Ein „Blitz-Transfer“ mit langer Wirkung

Auf dem Tisch im Wohnzimmer liegt ein Mannschaftsfoto der SG Flensburg-Handewitt. Der Kader der Saison 2002/2003. Genau das Team, das im April 2003 den vermeintlichen Fluch des „Ewigen Zweiten“ brach und mit dem Triumph im DHB-Pokal die Titelserie auf nationaler Ebene startete. Hat dieses Foto deshalb einen ganz besonderen „Platz“ im Haus von Andrej Klimovets? „Nein“, wiegelt der weißrussische Kreisläufer ab. „Das Bild hat meine Tochter hervorgekramt.“
Überhaupt hat der 30-Jährige einen anderen „Lieblings-Titel“. Für ihn war es das Größte, im letzten Mai endlich die Meisterschale in den Händen zu halten. „So oft hatten wir oben mitgespielt“, erinnert sich Andrej Klimovets, „aber erst vor einem Jahr sollte uns der große Wurf gelingen.“ Aber auch ohne diesen Höhepunkt kann der Weißrusse mit großer Zufriedenheit auf seine Zeit an der dänischen Grenze zurückblicken. Immerhin hielt er gleich fünf weitere Trophäen in seinen Händen: drei Mal den DHB-Pokal (2003 bis 2005), den City-Cup (1999) und den Europacup der Pokalsieger (2001).
Dass er nach über 300 Pflichtspielen und fast 900 Toren abtreten würde, daran hätte Andrej Klimovets gewiss nicht gedacht, als er zum Jahreswechsel 1997/98 aus der Konkursmasse des OSC Rheinhausen in einem Blitzverfahren einen neuen Verein fand. „Der schnellste Transfer, den es je gab“, erinnert sich SG-Gesellschafter Manfred Werner. Es war 19 Uhr am Silvestertag, als ein Anruf von Gerd Butzek ihn auf Sylt erreichte. „Klimovets ist frei“, erzählte der Spielervermittler. Eine halbe Stunde später war der Weißrusse ein SG-Spieler.
Andrej Klimovets, der in Gomel geboren wurde, aber im Sportinternat Minsk und dem angeschlossenen Verein SKA zur internationalen Klasse reifte, war unter Anders Dahl-Nielsen noch eine Ergänzung. Das änderte sich, als Erik Veje Rasmussen (Klimovets: „Mit ihm konnte man alle Probleme besprechen“) das Traineramt übernahm. Fortan war der damals erst 24-Jährige eine wichtige Stütze in der Abwehr und am Kreis. Dort harmonierte er mit zahlreichen Kollegen. Johnny Jensen, Mark Dragunski, Thomas Knorr und am besten mit Matthias Hahn. „Wir haben bei Auswärtsspielen immer auf einem Zimmer geschlafen“, erinnert sich Andrej Klimovets. „Von seiner Erfahrung habe ich viel gelernt.“

Andrej Klimovets gegen Lübbecke: eines der letzten Spiele.


In dieser Saison reduzierten sich die Spielanteile des Kreisläufers, im Dezember verpflichtete die SG mit Michael V. Knudsen einen weiteren Hochkaräter für seine Position. So kam der Stein allmählich ins Rollen. Letztendlich entschieden sich Andrej Klimovets und seine Familie für einen Wechsel zur SG Kronau-Östringen. Der SG-Vertrag läuft im Sommer aus. Auf den Einsatzwillen hatte diese Veränderung bislang aber keinen negativen Einfluss. Der Kreisläufer spielte sogar mit gebrochenem Zeigefinger. „In den 60 Minuten vergisst man so etwas“, sagt Andrej Klimovets, der in seiner Karriere bislang von großen Verletzungen verschont geblieben war. Deshalb hofft er, auch noch vier oder fünf Jahre spielen zu können, um dann vielleicht ins Trainer-Geschäft einzusteigen.
Das spielfreie Wochenende zum Monatsbeginn nutzte Andrej Klimovets, um sich schon einmal das zukünftige Umfeld anzuschauen. Ein neues Domizil fanden seine Ehefrau Natascha und er zwar noch nicht, der Reiz des neuen Klubs blieb ihnen aber nicht verborgen. Im Mannheimer Raum hat man große Ziele. Mit dem Großsponsor SAP im Rücken soll die 14000 Zuschauer fassende Mannheim-Arena erobert werden. So glaubt Andrej Klimovets auch nicht, die Option in seinem Drei-Jahres-Vertrag ziehen zu müssen. Wenn nämlich die SG Kronau-Östringen in der Serie 2006/2007 nur zweitklassig ist, kann er gehen.
Mit Trainer Juri Chevzov („Unter ihm trainierte ich schon in der Minsker Junioren-Mannschaft“) und Spielmacher Andrei Siniak („Wir kennen uns gut aus der Nationalmannschaft“) trifft der Weißrusse in der neuen sportlichen Heimat auf zwei Landsleute. „Klimovets war der Wunschspieler unseres neuen Trainers“, betont Kronaus Manager Ulrich Schuppler. „Er und Siniak werden sicherlich ein gutes Tandem.“ Und der „Neue“ hat noch einen großen Traum: die Weltmeisterschaft 2007 in Deutschland. Denn die deutsche Staatsbürgerschaft für Andrej Klimovets ist nur noch Formsache.

Von: ki