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Einbruch bleibt ohne Folgen

(sh:z) Zwei Minuten vor Abpfiff schritt Kapitän Tobias Karlsson die Auswechselbank ab und klatschte die sich ihm entgegenstreckenden Hände ab. Nach einem Durchhänger zu Beginn der zweiten Hälfte hatte die SG Flensburg-Handewitt bei GWD Minden beide Punkte im Sack und übernahm nach dem 34:30 (18:13) wieder die Tabellenführung der Bundesliga. „Schön, dass wir oben mitspielen, aber zu ernten gibt es erst etwas im Mai und Juni“, meinte Anders Zachariassen.

Der Kreisläufer wie auch Tobias Karlsson bildete – abgesehen von den drei Zeitstrafen, die die beiden Akteure aufgebrummt bekamen – die gesamte Partie den Mittelblock der 6:0-Abwehr. Personelle Alternativen gab es nicht: Nach Jacob Heinl (Schulter) musste auch Henrik Toft Hansen passen. Der Däne signalisierte nach dem Aufwärmen, dass er große Probleme mit den Seitwärtsbewegungen hätte. Der zwickende Knöchel verhinderte seinen Einsatz.

Die Deckung agierte dennoch solide, die Offensive zunächst sogar brillant. Die ersten elf Angriffe endeten allesamt mit einem Erfolgserlebnis. Das 6:11 (15.) von Hampus Wanne sorgte für Verzücken unter den mitgereisten Fans. Der schwedische Linksaußen glänzte mit einer hundertprozentigen Quote: neun Würfe, neun Tore. „Ich spüre seit Wochen viel Vertrauen von meinen Mannschaftskameraden, ich bekomme viele Bälle“, erklärte Hampus Wanne. „Da traut man sich dann auch zu, aus spitzeren Winkeln seine Chance zu suchen.“ Ebenfalls positiv für die Flensburger: Rasmus Lauge, der vor gut zwei Wochen durch einen heftigeren Magen-Infekt aus der gewohnten Bahn geworfen wurde, fing erstmals wieder an und zeigte guten Elan. „Er konnte zuletzt gar nicht richtig mit uns trainieren“, verriet SG-Trainer Maik Machulla. „Über den Wettkampf hat Rasmus nun wieder Sicherheit gewonnen. In den nächsten Tagen werden wir ihn weiter aufbauen.“

Die Mindener präsentierten sich couragiert, haderten zunächst aber mit ihrer Defensive. „Unsere Spielanlage war grundsätzlich in Ordnung“, meinte GWD-Coach Frank Carstens. „Aber hinten standen wir die ersten 20 Minuten zu passiv, erreichten keine Unterbrechung und kein Stockfoul.“ Beim Fünf-Tore-Polster zur Pause schien die Partie ihren erwarteten Gang zu nehmen. „Wir müssen die nächsten zehn bis 15 Minuten dranbleiben, um den Vorsprung zu festigen“, sagte Maik Machulla in der Kabine.

Nach dem 14:20 (32.) traute der Übungsleiter allerdings seinen Augen nicht: Seine Mannen leisteten sich einen Vier-Minuten-Blackout und einen 0:5-Negativlauf. Die Westfalen schnupperten am Coup, entfachten das atmosphärische Feuer in der Kampa-Halle und schienen  den Favoriten zu überrennen. „15 Tore aus unserem Tempospiel, wir waren in dieser Hinsicht sogar effizienter als die Flensburger“, schnalzte Frank von Behren, Sportlicher Leiter der Grün-Weißen, mit der Zunge.

Maik Machulla war mit dieser Phase gar nicht einverstanden, intervenierte zwei Mal mit der grünen Karte und entschied sich beim 24:24 (43.) für eine Variante mit sieben Angreifern. Ausgerechnet jetzt erlaubte sich Lasse Svan gegen GWD-Keeper Kim Sonne seinen einzigen Fehlversuch. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn die Hausherren nun erstmalig in Führung gegangen wären. Der Halblinke Marian Michalczik jagte den Ball allerdings über die Latte.

Mattias Andersson baute sich nun häufiger vor den Mindener Schützen auf. Zehn Paraden lieferte der Torwart ab. Als Anders Zachariassen einen Gegenstoß zum 24:27 (48.) abschloss, war das Ärgste überstanden. Als Lasse Svan vom rechten Flügel auf 26:30 (53.) erhöhte, befanden sich die Nordlichter auf der Siegesstraße. „Natürlich hätten wir uns den Einbruch nicht erlauben dürfen“, meinte SG-Linkshänder Holger Glandorf. „Aber ich gewinne dem Ganzen etwas Positives ab: Wir haben nicht lange lamentiert, sondern haben uns aus diesem Tief mit vereinten Kräften herausgezogen.“