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THW Kiel

In der Landeshauptstadt mussten die Handball-Fans in den letzten Monaten tapfer sein. Der ruhmreiche THW Kiel erfüllte bislang seine eigenen Erwartungen nicht und muss eine titellose Saison befürchten.

Christian Dissinger traf vor elf Tagen sieben Mal.

Die gut 10.000 Zuschauer brechen in lauten Jubel aus, weil die Heimmannschaft in Führung geht. Eine Szene, die in Kiel Jahre lang nur in der Sparkassen-Arena möglich war, wo die Handballer einen Erfolg nach dem anderen feierten. Seit Sommer gibt es in der Sporthauptstadt Schleswig-Holstein ein weiteres großes Jubel-Zentrum. Im Holstein-Stadion entfachen die Zweitliga-Kicker von Holstein Kiel derzeit viel Euphorie.

Die Ballwerfer liegen in puncto Wirtschaftskraft dennoch weiterhin vor „König Fußball“. Der THW kann auf 10.000 Dauerkarten und einen Etat von 9,5 Millionen Euro verweisen. Aber ausgerechnet jetzt erleben die Handballer eine Saison, die viele bereits als verkorkst abgestempelt haben. In der VELUX EHF Champions League befinden sich die „Zebras“ nach einigen Turbulenzen zwar auf Achtelfinal-Kurs, die Titelverteidigung im DHB-Pokal ist aber bereits ausgeschlossen. Und auch die Meisterschaft klingt aus Kieler Munde inzwischen wie ein Fremdwort.

Linkshänder Marko Vujin.

Im August waren noch ganz andere Töne aus Kiel zu hören. „Unser Trainer Alfred Gislason will und muss Titel gewinnen“, stellte THW-Geschäftsführer Thorsten Storm klar. „Das ist sein großes Ziel mit dieser neuen THW-Mannschaft.“ Der Isländer spürte den Erwartungsdruck an der Kieler Förde, äußerte sich damals bereits vorsichtiger. „Die Breite an der Spitze wird größer“, sagte der Coach. „Wir müssen nicht nur an Flensburg und die Rhein-Neckar Löwen denken. Auch Melsungen, Magdeburg und die Füchse können nach den Verpflichtungen, die sie getätigt haben, nicht mehr behaupten, dass sie nicht unter die ersten Drei wollen.“

Die Veränderungen im THW-Kader waren überschaubar. Als Ersatz für den lange verletzten Domagoj Duvnjak wurde der 25-jährige Slowene Miha Zarabec vom RK Celje verpflichtet. Der quirlige Spielmacher imponierte in der Vorbereitung mit Spielwitz und Tempo, war aber nur schwer in das taktische Konzept zu integrieren. Für Linksaußen Raul Santos, der nach einer Knie-Operation mindestens bis Februar ausfällt, wurde der Schwede Emil Frend Öfors an die Ostsee gelotst. Auf Rechtsaußen musste sich Ole Rahmel hinter Niclas Ekberg einordnen.

Nationalkeeper Andreas Wolff.

Sportlich lief es nicht rund. Nach guten Partien folgten immer wieder Einbrüche. Die Unruhe wurde größer. Der Druck auf Alfred Gislason ebenso. „Wir sehen keinen Anlass, über einen Trainerwechsel nachzudenken“, bekräftigte schließlich der Aufsichtsratsvorsitzende Reinhard Ziegenbein. Zusammen mit seinen Mitstreitern bereitete er eine Neuaufstellung im direkten Umfeld der Mannschaft vor. Viktor Szilagyi, bislang Sportdirektor beim Zweitliga-Spitzenreiter Bergischer HC, wird ab Januar den gesamten sportlichen Bereich verantwortlich leiten. Damit soll er Manager Thorsten Storm entlasten. Dieser verlängerte seinen Vertrag zwar um zwei weitere Jahre bis 2021, soll sich fortan aber vor allem auf das internationale Sponsoring sowie das Marketing des THW kümmern.

Viele sehnten die Rückkehr von Spielmacher Domagoj Duvnjak herbei. Der Kroate war im April an der Patella-Sehne operiert worden und sollte planmäßig Anfang November wieder auf der Platte stehen. Es war eine Geduldsprobe. „Bei einigen Bewegungen habe ich noch Schmerzen, die Oberschenkel-Muskulatur muss noch stärker werden“, erklärte das Rückraumass. Das Comeback erfolgte schließlich erst am letzten Wochenende beim Sieg gegen den TV Hüttenberg: Domagoj Duvnjak spielte insgesamt 20 Minuten.