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TV Hüttenberg

Vor dem Saisonstart war der TV Hüttenberg zusammen mit den Eulen Ludwigshafen ein ganz klarer Abstiegskandidat. Das erste Saisondrittel zeigte: Die Hessen haben genauso gute Chancen auf den Klassenerhalt wie einige stärker eingestufte Vereine.

Drei Spieler können eine besondere Fahrstuhl-Erfahrung vorweisen:  Kreisläufer Mario Fernandes sowie die Torhüter Matthias Ritschel und Fabian Schomburg gehörten schon in der Serie 2011/12 zum Bundesliga-Kader, als sich der TV Hüttenberg nach 26-jähriger Unterbrechung im Erstliga-Handball zurückmeldete. Allerdings nur für 34 Partien. Die Truppe unter dem damaligen Coach Jan Gorr sammelte 17 Punkte und einige Komplimente, konnte den Abstieg aber nicht verhindern. Die sofortige Rückkehr misslang. 2015 reichte es noch nicht einmal mehr für das Unterhaus. Aus der 3. Liga Ost setzten die Mittelhessen dann zum Durchmarsch in die nationale Eliteklasse an.

Emir Kurtagic heuerte in Hüttenberg an.

Die Ausgangslage vor dem 10. Juni, dem letzten Spieltag, erschien dramatisch. Der TVH benötigte einen Heimsieg gegen Meister TuS N-Lübbecke. Die Nervenanspannung entlud sich zunächst in einer schlechten Chancenverwertung, doch mit zunehmender Spieldauer wurden die Gastgeber immer sicherer. Am Ende hieß es 25:19. „Oh wie ist das schön“, schallte es unentwegt durch die Sportstätte. Spieler, Trainer und Verantwortliche duschten im Bier.

Der sportliche Erfolg brachte zugleich einen Abschied: Die Richtlinien der DKB Handball-Bundesliga verlangten einen Umzug in die Sporthalle Gießen-Ost. 2011 half noch eine Ausnahmegenehmigung und das Nachrüsten der angestammten, aber nur 1450 Zuschauer fassenden Sporthalle Hüttenberg. Dieses Entgegenkommen lehnte die HBL – auch mit Blick auf den neuen TV-Vertrag – diesmal ab.

Einer der wenigen Profis: Tomas Sklenak.

Finanziell mussten die Hessen erheblich aufrüsten. Gerade einmal 500.000 Euro standen beim Husarenstreich in der Zweiten Liga zur Verfügung, nun sind es immerhin 1,3 Millionen Euro. Große Sprünge waren in Personalfragen dennoch nicht möglich. Bis auf die vier ausländischen Profis gehen alle anderen Akteure einen Beruf nach oder sind Studenten.

Die ökonomischen Grenzen wirkten sich auch auf den Trainerstuhl aus. Der HC Erlangen warb im Oktober den Aufstiegstrainer Adalsteinn Eyjolfsson ab. Ein plötzlicher Abschied, den in Mittelhessen manch einen verstimmte. Immerhin konnten die Hüttenberger schnell einen Nachfolger präsentieren: Es handelt sich um Emir Kurtagic, der jahrelang den VfL Gummersbach betreut hatte. Sein Debüt ging allerdings in die Hose: Gegen den TVB 1898 setzte es eine bittere 23:28-Schlappe. Keine Frage: Der Klassenerhalt wird eine große Herausforderung.

Unabhängig vom aktuellen Geschehen wird in der 10000-Einwohner-Gemeinde Hüttenberg mit ihren Ortsteilen Hochelheim und Hörnsheim viel von den 70er und 80er Jahren gesprochen, als der Klub bisweilen zur erweiterten nationalen Spitze zählte. Es gehörte zum guten Ton, dass der Verein den Spielern beim Hausbau half, dass die ortsansässigen Bauern ein Acker verkauften, wenn finanzielle Sorgen bestanden, oder dass der unvergessene Abteilungsleiter Manfred Weber, ein gelernter Metzgermeister, Wurst an die Handballer und Funktionäre verteilte.