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Die Neuen behalten die Nerven

(sh:z; Jan Wrege) So richtig konnte sich Maik Machulla nicht über den ersten Sieg als Cheftrainer in der Champions League freuen. Die SG Flensburg-Handewitt hatte gegen Aalborg Handbold am Rande einer Niederlage gestanden, bevor die Wende zum 30:27 (13:15)-Erfolg gelang. „Es kann nicht sein, dass man glaubt, dass der dänische Meister hierher kommt, sich hinlegt und wartet, dass wir drüber fahren“, sagte Machulla, der sich vor allem bei Rasmus Lind bedankte. „Er hat uns die Punkte gerettet.“

Der dänische SG-Torhüter, als Ersatz für den Langzeitverletzten Kevin Möller verpflichtet, ließ seine Landsleute in der letzten Viertelstunde verzweifeln. Die Flensburger hatten einen 19:23-Rückstand (41.) auf 21:23 verkürzt, dann kam Lind und gab den Gästen den Rest. Drei Siebenmeter wehrte der coole 34-Jährige ab und fischte Aalborg noch drei weitere freie Würfe spektakulär weg. Damit hatte die SG den Rücken frei für einen 9:4-Lauf, der den Auftaktsieg bescherte.

Es war aber nicht nur Rasmus Lind, der beeindruckte. Auch Marius Steinhauser auf Rechtsaußen, der Halblinke Simon Jeppsson und Magnus Röd in der Abwehr waren in der kritischen Phase für Flensburg zur Stelle. Die Neuzugänge behielten die Nerven und nährten die Zuversicht, dass bei der SG Vielversprechendes wächst. Holger Glandorf darf nicht vergessen werden. Der Linkshänder kam schwer in Gang, rackerte dann unermüdlich und hatte am Ende wieder acht Tore zu Buche stehen. „Der Kopf war willig, aber die Beine nicht.  Als ich heute morgen aufstand, spürte ich gleich, dass ich nicht bei 100 Prozent war“, sagte Glandorf. „Weniger als 48 Stunden Pause zwischen zwei Spielen sind definitiv zu wenig. Aber wir sind Profis und müssen damit umgehen können.“

Selbstkritisch zog auch Kapitän Tobias Karlsson Bilanz. „Aus diesem Spiel können wir viel lernen. Ich bin zufrieden mit den zwei Punkten. Aber ich erwarte von mir selbst und von meinen Mannschaftskameraden mehr.“ Die SG  führte nach  sechs Minuten mit 4:1, dann begannen die Probleme. Aalborg glich zehn Minuten später aus (8:8), übernahm beim 12:11 (25.) die Führung und blieb lange die dominierende Mannschaft in der Flens-Arena. Hätten die Dänen gewonnen, könnte man nicht einmal von einer Blamage reden. Die Gäste traten körperlich robust auf, stellten eine starke Abwehrreihe samt gutem Torhüter Mikael Aggefors und zeigten ein sehr variables Angriffsspiel mit ständigen Personal- und Positionswechseln. Quirlig und clever brachten die Mittelmänner Janus Smarason und Lovro Jotic ihre Nebenleute ins Spiel und die SG-Deckung in Stress. Gefahr war überall. Machulla meinte: „Diese Mannschaft per Video zu analysieren und sie im Spiel zu erleben, sind zwei verschiedene Dinge.“

Die kurze Regenerations- und Vorbereitungszeit wollte der SG-Coach eigentlich nicht thematisieren. Aber die nur 45 Stunden zwischen Ende der Partie gegen Erlangen und dem Anwurf gegen Aalborg waren ein Faktor. „Es war zu sehen, dass einige unserer Spieler im  Herbst der Karriere sind“, so der SG-Coach, der in der ersten  Halbzeit „Aggressivität, Beweglichkeit und mentales Feuer“ vermisste. Dennoch betonte Machulla, dass es vorerst die „Alten“ richten müssen. Das Spiel der SG sei aufwendig, das System sensibel. Daher könnten Jeppsson und Röd nur behutsam herangeführt werden.

Nun kommt eine noch härtere Prüfung auf die SG zu: Donnerstag Abend das Auswärtsspiel in Melsungen, gefolgt von der Partie am Sonnabend Nachmittag in Veszprem – die Flensburger werden zum Opfer des Termin-Gerangels zwischen der deutschen Ligaorganisation HBL und dem Kontinentalverband EHF. Eine bessere Abstimmung ist dringender denn je. „Wir arbeiten an Lösungen“, sagt SG-Geschäftsführer Dierk Schmäschke. Im Oktober sollen beim EHF-Meeting auf Mallorca Entscheidungen über die Reform der Champions League fallen. Eine „Superliga“ sieht Schmäschke dort aber eher nicht kommen.