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Noch viel Luft nach oben

(sh:z; Hans-Werner Klünner) Verärgerung über einen vergebenen Sieg? Ja. Aber gleichzeitig auch Enttäuschung? „Das ist verfrüht, wir haben ja erst eine Halbzeit gespielt“, sagte Kapitän Tobias Karlsson nach dem 28:28 (17:15) der SG Flensburg-Handewitt im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League gegen den französischen Meister Montpellier HB. Die Tür zum Final4 in Köln steht nach dem Remis des deutschen Handball-Vizemeisters nur noch einen kleinen Spalt offen, aber dort will das Team von Trainer Maik Machulla am 29. April (19 Uhr) im Rückspiel noch hindurch schlüpfen. „Denn wir haben noch Luft nach oben“, sagte Karlsson im Brustton der  Überzeugung.

Die Flensburger hätten die hochklassige Partie für sich entscheiden können – ja müssen. Chancen waren genügend vorhanden. Doch wieder einmal war der Bundesliga-Tabellenzweite an seiner schwachen Wurfausbeute gescheitert. „Bis zum Abschluss machen wir alles richtig, doch wir müssen die Dinger auch reinmachen“, befand Machulla. Allein Rechtsaußen Lasse  Svan war fünf Mal frei gegen den französischen Nationalkeeper Vincent Gerard gescheitert. „Das war kein guter Zeitpunkt, um mir einen schlechten Tag zu nehmen“, haderte der Däne mit sich selbst. „Ich war heute einfach nicht gut genug.“ Doch auch andere SG-Akteure waren frei vor Gerard gescheitert: Hampus Wanne von Linksaußen,  Henrik Toft Hansen und Anders Zachariassen vom Kreis und Kentin Mahé vom Siebenmeter-Punkt.

Die schlechte Chancenverwertung war für Maik Machulla ein Knackpunkt, der schlechte Start nach der Pause ein zweiter. „Da haben wir Überzahl und hätten auf fünf Tore wegziehen können. Dann hätten wir die Halle noch mehr hinter uns gehabt“, rechnete der SG-Trainer vor. Doch die Gastgeber ließen drei Chancen liegen, und Montpellier drehte das Spiel bis zur 40. Minute wieder zum 19:20. Zudem nervten in der zweiten Hälfte die langen Angriffe die SG-Defensive. Machulla: „Wenn du über eine Minute lang in der Abwehr stehst, geht irgendwann die Konzentration flöten“. Das nutzten die Franzosen, um sich sogar auf 24:21 (45.) abzusetzen – fast immer über Kreisläufer Ludovic Fabregas, dessen Kreise der SG-Mittelblock nicht entscheidend einengen konnte. „Fabregas ist eine echte Waffe“, sagte der SG-Coach. „Das hat Montpellier richtig gut gemacht. Da wurde mit unheimlich viel Druck für den Kreis gespielt.“

Doch die Flensburger kämpften sich zurück, obwohl Anders Zachariassen in der 50. Minute beim 24:25 verletzt ausschied. Der Däne war bei einer Abwehr-Aktion mit Valentin Porte unglücklich gefallen und hatte sich eine Verletzung am rechten Wadenbein zugezogen. Auch Tobias Karlsson, der zu helfen versucht hatte, stürzte und verletzte sich am linken Knie, biss aber die Zähne zusammen und hielt durch.

In kämpferischer Hinsicht konnten sich die Flensburger also keine Vorwürfe machen. Doch haben sich die Fehlwürfe zu einer Hypothek summiert, die am Ende die Teilnahme am Final4 in Köln kostet? „Hoffentlich nicht“, sagte Torhüter Mattias Andersson, der sich wie alle SG-Akteure vor dem Rückspiel in neun Tagen kämpferisch gab. „Montpellier ist eine gute Mannschaft, aber wir können es schaffen, weil wir es besser können“, sagte der „alte Schwede“. „Wenn wir im Rückspiel clever und aggressiv spielen und geschlossen unsere zweite Welle laufen können, sind wir hammergefährlich“, gab Lasse Svan zu Protokoll und erinnerte an das Viertelfinale 2016, als die Flensburger gegen Kielce ebenfalls nur ein 28:28 erreicht hatten. „Danach haben wir im Rückspiel auch ein richtig gutes Spiel gemacht und hätten den Einzug ins Final4 verdient gehabt.“ Die Flensburger schieden nach einem 28:29 jedoch aus, weil die Schiedsrichter in letzter Sekunden Thomas Mogensen einen klaren Siebenmeter versagt hatten.

Ein 29:29 in Montpellier würde also aufgrund der Auswärtstor-Regel reichen. Svan glaubt, dass auch im Rückspiel viele Tore fallen werden. „Beide Mannschaften wollen viel laufen und spielen.“ Allerdings wird sich die SG in der Defensive steigern müssen. „Es wird darauf ankommen, die richtige Balance zwischen offensiv und defensiv im Mittelblock zu finden“, sagte Machulla.“