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Eine eindrucksvolle Revanche

(sh:z; Jan Wrege) Am Donnerstag noch am Boden zerstört, gestern im Jubelrausch – die SG Flensburg-Handewitt hat binnen drei Tagen eine wundersame Wandlung vollzogen. Spektakulär glückte am dritten  Spieltag der Handball-Bundesliga die Revanche gegen die Rhein-Neckar Löwen, die drei Monate zuvor das „Endspiel“ um die deutsche Meisterschaft in der Flens-Arena für sich entschieden hatten. Mit dem 27:22 (12:9)-Erfolg der Flensburger endete eine viereinhalb Jahre währende schwarze Heimspiel-Serie gegen die Mannheimer.

Der – von wenigen kurzen Schwächephasen abgesehen – souveräne Erfolg war nicht unbedingt zu erwarten. „Hannover steckte tief  drin, aber meine Mannschaft hat eine gute Reaktion gezeigt“, sagte SG-Trainer Maik Machulla, der sich „zufrieden und glücklich“ fühlte, aber nicht in Euphorie verfiel: „Wir wissen, was in dieser Saison noch auf uns zukommt.“

Wäre der desolate Auftritt beim 29:32 in Hannover nicht gewesen, müsste man die SG jetzt zum Titelfavoriten erklären. Eine glänzende Leistung in der Defensive und ein abgeklärter, entschlossener Angriff waren die ausschlagenden Faktoren für den Sieg über den  Meister. „Wir hatten über 60 Minuten eine überragende Intensität. Jeder einzelne hat Gas gegeben, jeder hat getan, was besprochen war“, sagte Torhüter Mattias Andersson, mit 16 Paraden und einem Treffer ins leere Löwen-Tor der Mann des Tages. „Keiner kann es allein machen, wir müssen es zusammen machen“, hob der Schwede die Teamleistung hervor, die ihm auch seinen Job erleichtert hätte.

Machulla setzte auf den bewährten Mittelblock mit Kapitän Tobias Karlsson und Jacob Heinl, der zeitweise auch von Anders Zachariassen vertreten wurde. Das sah deutlich stabiler aus, als die Kombination Karlsson/Toft Hansen am Donnerstag. Nach einem 2:4-Rückstand (8.)  formierte sich die SG-Deckung zu einer Mauer, gegen die selbst Handball-Genie Andy Schmid häufig kein Mittel fand.

Der Einsatz des siebten Feldspielers, im Mai noch das Rezept zum Löwen-Sieg in Flensburg, kam die Gäste teuer zu stehen. Andersson, Rasmus Lauge und Lasse Svan trafen nach Ballgewinnen jeweils ins leere Tor – entscheidende Beiträge zum Flensburger 7:1-Lauf  von 9:9 auf 16:10 zwischen der 26. und 36. Minute. „Das waren ein paar Fehler zu viel. Es war heute nicht so lustig, in den letzten Jahren habe ich hier  mehr Spaß gehabt“, meinte RNL-Trainer Nikolaj Jacobsen, der abgesehen von dieser spielentscheidenden Phase aber zufrieden mit der Leistung seines Teams war.

Das konnte er auch, die Gäste trugen ihren Teil zum hohen Niveau der Partie bei. „Es war ein tolles Spiel von zwei Mannschaften, die wirklich Handball spielen. Hart, aber mit gesunder Härte“, befand Mattias Andersson, der seinem Team auch den Rücken freihielt, als die Löwen in ihrer besten Phase auf zwei Tore (22:20/53. bis 24:22/54.) herangekommen waren. Mikael Appelgren hatte inzwischen Andreas Palicka im Tor der Gäste abgelöst und dem SG-Angriff mit drei abwehrten Bällen kurzfristig etwas Effektivität genommen. Doch die Flensburger behielten die Nerven, verwandelten durch Kentin Mahé den Siebenmeter zum 25:22 (57.), und als dann hintereinander Mads Mensah Larsen und Patrick Groetzki scheiterten, war die Sache gelaufen.

Neben Andersson gab es weitere Matchwinner. Holger Glandorf als steter Gefahrenherd im rechten Rückraum und Thomas Mogensen, der sein letztes Bundesliga-Heimspiel gegen die Rhein-Neckar Löwen zu einem Fest machte. Der 34 Jahre alte Däne musste unerwartet früh für Jim Gottfridsson einspringen, der nach einem Zusammenprall mit Larsen nach drei Minuten ausschied. „Es ist ein gutes Gefühl, dass man noch etwas beitragen kann und noch einmal so ein schönes Erlebnis in der Flens-Arena hat“, sagte Mogensen, auf den möglicherweise  in nächster Zeit noch mehr Einsätze zukommen. Gottfridsson kam mit Verdacht auf Wadenbeinbruch ins Krankenhaus.

An Mogensens und später Mahés Seite lieferte auch Rasmus Lauge ein großes Spiel. Kampfstark und kaltschnäuzig war der Däne in wichtigen Momenten zur Stelle und staunte nachher darüber, „was sich in drei Tagen ändern kann. Das ist das Schöne und das Schlimme im Sport – es sind eben Menschen, die ihn betreiben“.