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Viele Fehler – kein Rhythmus

(sh:z; Hans-Werner Klünner) Disco, Tanzen, Rhythmus und Seitwärts-Typen – Aha! Worüber wurde denn da geplaudert?  Und was, bitte schön, hatte das mit Handball zu tun? Schließlich hatte die SG Flensburg-Handewitt kurz zuvor mit einem 30:25 (15:12) über die TSV Hannover-Burgdorf ihre Bundesliga-Tabellenführung verteidigt. Es hatte – sogar jede Menge. Auflösung jetzt.

Benjamin Chatton erinnerte der Spielverlauf in der fast ausverkauften Flens-Arena an seine Disco-Zeit. „Da hab ich auch oft versucht, mal ranzukommen, aber so richtig geklappt hat das meistens nicht“, sagte Hannovers Geschäftsführer. Die Niedersachsen hätten an diesem Abend einen Gastgeber, der nach dem grandiosen Champions League-Auftritt gegen Paris St. Germain schwere Beine hatte und leer im Kopf war, mit voller Kapelle richtig ärgern können. Aber die Gäste waren ebenso wie die SG dezimiert, und das sollte am Ende  ausschlaggebend sein.

Bis zum 11:11 (24.) waren sie auf Augenhöhe gewesen, hatten die SG dann aber bis zur Pause auf drei Tore davonziehen lassen müssen. Unmittelbar nach dem Wechsel war der Rückstand schnell auf fünf Tore (13:18, 34.) angewachsen. Danach waren die Hannoveraner nicht mehr in der Lage gewesen, die Flensburger ernsthaft in Gefahr bringen zu können.  „Wir haben es nicht geschafft, das Niveau von Flensburg über 60 Minuten zu gehen. Unsere Fehler wurden eiskalt bestraft“, resümierte denn auch Trainer Jens Bürkle.

Sein Gegenüber Ljubomir Vranjes war über die beiden Punkte gegen den bisherigen Tabellensechsten „froh, weil heute ein Tag war, an dem es auch hätte schiefgehen können, wenn Hannover mit voller Mannschaft gespielt hätte.“ Mit Torhüter Mattias Andersson („Er hat wichtige Paraden gezeigt, als das Spiel hätte kippen können“) und seiner Defensive („Was die Abwehr gezeigt hat, das war okay“) war der SG-Trainer zufrieden. Nicht jedoch mit seiner Offensive, in der nur Rückraum-Shooter Holger Glandorf richtig überzeugt hatte. „Einige haben die Nase richtig ins Spiel reingesteckt und wollten Richtung Tor gehen. Aber viele haben heute nur seitwärts gespielt, und ich bin kein Seitwärtstyp“, bemängelte Vranjes.

Selbstkritisch waren auch die Flensburger Spieler nach ihrer mageren Vorstellung. „Das war nicht optimal, wir haben wirklich viele Fehler gemacht“, sagte Jacob Heinl, dessen Vertragsverlängerung um ein Jahr die Fans nach dem Schlusspfiff frenetisch gefeiert hatten. „Wir haben heute einfach keinen Rhythmus gefunden“, befand Rechtsaußen Lasse Svan. Kentin Mahé hatte mit aller Macht versucht, die Spielführung an sich zu reißen, weil Thomas Mogensen wegen einer Augenverletzung fehlte. Doch der französische  Weltmeister brachte damit teilweise Hektik ins Flensburger Offensivspiel. „Kentin wollte vielleicht zu viel“, meinte Vranjes.

Einer im SG-Team war dagegen richtig glücklich. Der vor zwei Wochen für den verletzten Johan Jakobsson verpflichtete Mark Bult hatte seine Premiere im SG-Trikot absolviert und bei seinem Kurzeinsatz auch sein erstes Tor für den Bundesliga-Spitzenreiter erzielt. Genau 111 Sekunden hatte er dafür benötigt. „Ich spiele schon so lange Handball und bin eigentlich nie nervös“, sagte der Niederländer. „Aber heute war ich es doch“, gab er zu und spielte dabei auf seine erste Szene an, als er in eine Lücke stieß und den Ball nicht unter Kontrolle bekam. Doch im zweiten Versuch kappte es dann. „Es ist egal, wie lange ich spiele“, sagte Bult, der erst drei Trainingseinheiten mit dem Team absolviert hat. „Hauptsache, ich kann der SG helfen. Dafür werde ich alles geben.“

Für die SG geht der Tanz auf drei Hochzeiten am Sonntag in der Königsklasse beim FC Barcelona weiter. „Dieses Programm ist wirklich haarsträubend und schwer. Und deshalb freue ich mich auch über solche Siege“, gestand Geschäftsführer Dierk Schmäschke, und fügte in Anspielung auf Chattons Disco-Zeiten mit einem süffisanten Lächeln an: „Ich werde heute aber nicht in die Disco gehen.“