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Flensburgs Weste bleibt blütenweiß

(sh:z) „Deutscher Meister wird nur die S-G-W“, sangen die Fans. Ob es tatsächlich so kommen wird, werden erst die nächsten Monate zeigen. In jedem Fall bleibt die SG Flensburg-Handewitt in der Bundesliga die Mannschaft der Stunde und baute mit einem 27:21 (15:10) über FA Göppingen die Startbilanz auf 18:0 Punkte aus. „Neun Spiele und neun Siege – das habe ich weder als Trainer noch als Spieler jemals erlebt“, betonte Ljubomir Vranjes. Angesichts dieser stolzen Zwischenbilanz urteilte der SG-Trainer über einige nicht ganz so gute Phasen nur mit sehr milder Kritik.

Unter dem Strich war es ein souveräner Ritt, doch die Anfangsphase deutete eher auf einen umkämpften Arbeitssieg hin. Die Gäste aus dem Schwabenland hielten bis zum 9:10 (23.) sehr gut mit. Vor allem Zarko Sesum, der bis vor rund einer Woche an einer Blessur am Sprunggelenk laborierte, übernahm Verantwortung. Auch die Variante mit zwei Linkshändern im Rückraum barg Überraschungspotenzial. „Wir haben mit viel Geduld unser Konzept gespielt“, lobte FA-Coach Magnus Andersson.

Die Zuschauer standen schon nach einer Viertelstunde erstmals für ihr SG-Team auf, um aufbauende Ovationen zu spenden. Durch die Menge ging allerdings auch stets ein Raunen, wenn einige Gegenstöße versandeten und Chancen ausgelassen wurden. Die Protagonisten auf dem Spielfeld und an der Bank zweifelten indes nicht an sich. „Einen erfahrenen Gegner wie Göppingen kannst du nicht so schnell abschütteln“, erklärte später Ljubomir Vranjes. „Das einzige, was mir missfiel, war die zu große Hektik in der zweiten Welle.“ Rechtsaußen Lasse Svan, der bis zur Pause vier Mal eingelocht hatte, fand: „Wir verfügen über große Kraft-Reserven. Bislang war der Trend in dieser Saison so, dass der Gegner spätestens in der zweiten Hälfte nicht mehr mithalten konnte.“

Diesmal erfolgte der Einbruch noch vor der Pause. Der Rückhalt war einmal mehr die Defensive. Keeper Mattias Andersson war nicht mehr zu überwinden und hielt seinen Kasten sieben Minuten vor und zehn Minuten nach der Pause sauber. „Einen Flow und fantastische Leistungen in Abwehr und im Tor“, registrierte Ljubomir Vranjes. Die „Hölle Nord“ befand sich längst in Feier-Stimmung, als Johan Jakobsson in seinem 100. SG-Einsatz das 21:10 (39.) markierte. Ein 12:0-Lauf, der Laune machte. „Auch wenn die Halbzeit dazwischenlag, ist es ein schönes Gefühl, wenn man so lange kein Gegentor kassiert“, sagte Mattias Andersson.

Der 38-jährige Keeper parierte insgesamt 20 Bälle und bestätigte einmal mehr die Weisheit: Je älter ein Wein desto besser. Doch wann ist er zu alt? Mit dieser Frage beschäftigt sich derzeit der Schwede und schließt das Ende seiner Karriere im Sommer nicht aus. „Weitermachen oder Aufhören – das ist eine schwierige Entscheidung, wenn man sein Leben lang mit dem Handball verbunden war“, erklärte Mattias Andersson auf Nachfrage. „In jedem Fall werde ich für keinen anderen Verein in Deutschland mehr spielen und auch an eine Fortsetzung meiner Laufbahn in Schweden glaube ich nicht.“ Kurzum: Die SG kann noch auf eine Vertragsverlängerung mit ihrem Weltklasse-Schlussmann hoffen.

An ihm lag es nicht, dass die SG kurzfristig in ein 1:7-Loch fiel – wie gegen Plock. Allerdings nicht zum Auftakt, sondern als bereits alles entschieden war. Ljubomir Vranjes war gerade dabei, munter durchzuwechseln. „Die Konzentration war nicht hoch genug“, räumte der Coach ein. „Aber meine Jungs haben die Sache gut zu Ende gebracht, sodass sie sich einen schönen Abend verdient haben.“ Beim Abpfiff waren alle zufrieden – auch die Göppinger. „Wir stehen nicht gut in der Tabelle und haben auch oft schlecht gespielt“, bilanzierte Magnus Andersson. „Aber wenn man den 0:12-Negativlauf ausklammert, war das heutige Spiel ein Schritt nach vorne.“

Kurz darauf strömte der SG-Clan auseinander. Gleich zehn Akteure werden in dieser Woche zu ihren Nationalmannschaften stoßen, die restlichen acht Profis unter der Regie von Ljubomir Vranjes trainieren und regenerieren – für einen harten November. Das zehnte Spiel in der Bundesliga bringt die wohl schwerste Aufgabe: das Landesderby in Kiel. An diesem Abend ließen sich die feiernden Fans davon nicht beunruhigen: „Die Nummer eins im Land sind wir.“