Stripes
Stripes
Archiv

Vardar Skopje

Am zweiten April-Wochenende fanden in Europa gleich zwei hochrangige Final-Four-Turniere statt. Während die SG Flensburg-Handewitt um den DHB-Pokal buhlte, dominierte Vardar Skopje bei der Endrunde der südosteuropäischen SEHA-League, die im weißrussischen Brest ausgetragen wurde. Im Endspiel setzte sich der mazedonische Meister mit 26:21 gegen den leicht favorisierten ungarischen Vertreter Telekom Veszprém durch und sicherten sich damit zum dritten Mal nach 2012 und 2014 diesen Titel. Nun klopft die Handball-Macht vom Balkan am Tor zur absoluten europäischen Spitze und möchte sich erstmals für das VELUX EHF FINAL 4 qualifizieren.

Alex Dujshebaev wechselt im Sommer nach Kielce.

Im Gegensatz zu anderen Handball-Projekten ist der HC Vardar kein Kunstgebilde, sondern fußt auf Tradition. Bereits 1961 organisierten sich die Handballer unter dem Dach des Muttervereins, der sein 70-jähriges Bestehen feiert. Schon in den 80er Jahren stieß der Klub in die höchste jugoslawische Spielklasse vor und mutierte nach der Unabhängigkeit Mazedoniens mit zehn Titeln zum Rekordmeister des kleinen Landes. International erreichte der Verein drei Mal das Halbfinale im Europacup der Pokalsieger und nun zum vierten Mal in Serie das Viertelfinale in der VELUX EHF Champions League.

Die Handball-Blüte von Skopje beruht auch darauf, dass sich lange Zeit zwei Lokalrivalen gegenseitig anstachelten und ihre Mannschaften immer weiter verstärkten. Dann musste der HC Metalurg allerdings finanziell Federn lassen und konnte nach der Meisterschaft 2014 nicht mehr zusetzen. Überraschender Weise musste Vardar nun allerdings zum Auftakt der nationalen Endrunde beim Stadtnachbarn eine 26:29-Niederlage verdauen.

Seit 2013 in Skopje: Timur Dibirov.

Die treibende Kraft hinter den Kulissen ist Präsident Sergei Samsonenko. Der Russe stieg im Sommer 2013 ein und stellte sogleich die Weiche für eine Rundumsanierung der Spielstätte „SC Jane Sandanski“, die nun 6500 Zuschauer fasst. Der Mäzen lockte mit etlichen Offerten vor allem Akteure aus seinem Heimatland und aus Spanien an. Dieses russisch-spanische Gepräge ist noch immer zu erkennen, wenngleich sich die Namen bei den Rot-Schwarzen zum Großteil geändert haben. So heuerte zuletzt der Ex-Kieler Joan Canellas an. „Eine Saison in Skopje ist ganz anders als in Deutschland“, stellte er fest. „So richtig los geht es ja erst im März.“

Der spanische Spielmacher und drei seiner Kollegen schafften es in der SEHA-League ins All-Star-Team. Auch der russische Linksaußen Timur Dibirov, der montenegrinische Halblinke Vuko Borozan sowie der kroatische Rechtsaußen Ivan Cupic überzeugten mit starken Leistungen. Der „serbische Bär“ Arpad Sterbik, der einen spanischen Pass besitzt, entschärfte im Finale gegen Veszprém 14 Bälle, erhielt aber dennoch keine Nominierung.

Der Spanier Joan Canellas kam aus Kiel.

Als Trainer fungiert seit Januar 2014 Raúl González Gutiérrez. Der 47-Jährige gilt als die Handball-Legende von Valladolid, der bei seinem Heimatverein 18 Jahre erstklassig spielte. Dann arbeitete er unter Talant Dujshebaev als Co-Trainer bei BM Ciudad Real und Atletico Madrid – bis ihn die Insolvenz des spanischen Handball-Projekts arbeitslos machte. Nun möchte er mit Vardar nach den Sternen greifen. „Das ganze Land fiebert mit uns“, erklärt Raúl González. „Noch nie ist eine mazedonische Mannschaft in irgendeiner Sportart so weit gekommen.“ Die Fans sind vom Weiterkommen überzeugt. Sie blockten bereits mehrere Busse und eine Charter-Maschine für das Köln-Wochenende.