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HC Meshkov Brest

Es ist noch gar nicht so lange her, da musste der HC Meshkov Brest nach Minsk ausweichen, wenn bedeutsame Spiele auf der europäischen Bühne anstanden. Das hat sich mit der 2005 erbauten Viktoria-Arena geändert. Die Außenfront versprüht zwar wenig Charme, im Innern wird aber der sportliche Stolz der 300.000-Einwohner-Stadt, die nur einen Steinwurf von Polen entfernt liegt, angefeuert. Vor dem Anpfiff einer Partie lassen die Fans gerne ein riesiges Transparent über die Ränge wandern. Die Aufschrift heißt übersetzt: „Wir sind Brest!“

Spielerischer Antreiber: Pavel Atman.

Der Handball spielte im Westen des osteuropäischen Landes schon zu Sowjetzeiten eine Rolle. Treibende Kraft war der Pädagogik-Professor Anatoly Meshkov, der ab 1964 die Ballwerferzunft in Brest etablierte. Der legendäre Trainer verstarb 1994. Seine Familie übernahm das Handball-Erbe. Die beiden Söhne Aleksandr und Sergey gründeten am 9. April 2002 einen Verein mit professionellen Strukturen, meldeten ihn in der ersten Nationalliga an und benannten ihn nach ihrem Vater: HC Meshkov Brest.

Es passte gut, dass Aleksandr Meshkov eine gute Position beim riesigen Energieversorger „Gazprom“ innehatte. Ein Hauptsponsor für die Handballer war gefunden. Schon in der letzten Dekade wanderte der weißrussische Meisterpokal fünf Mal nach Brest. Fünf Teilnahmen an der internationalen Königsklasse schlossen sich an. Dann geriet der HC Meshkov in den Schatten des ehrgeizigen und schließlich gescheiterten Projekts „Dinamo Minsk“. Seit der Serie 2013/14 dominiert Brest wieder unangefochten die weißrussische Liga.

Weißrussischer Nationalspieler: Siarhei Shylovich.

Erst im März bestritt die Truppe von Serhij Bebeshko, 1992 Olympiasieger und lange Zeit in Spanien und Frankreich aktiv, das erste Spiel auf nationaler Ebene. Dort landete sie gleich einen 29:26-Erfolg beim ärgsten Rivalen SKA Minsk. Der HC Meshkov hatte sich von der Vorrunde befreien lassen, um die südosteuropäische SEHA-League zu bereichern, die der eigene Hauptsponsor als Namenspatron begleitet. Die Weißrussen wurden in der Hauptrunde hinter Skopje und Veszprém Dritter und tragen nun vom 7. bis zum 9. April erstmals das Final-Four-Turnier aus. „Das ist eine große Ehre für uns, ein tolles Fest für unsere Fans und unsere Stadt“, freut sich Sportdirektor Pavel Bashkin.

Das Hauptaugenmerk galt in den letzten Monaten allerdings der VELUX EHF Champions League. Vor Jahresfrist war der HC Meshkov im Achtelfinale am späteren Sieger KS Vive Kielce gescheitert, wurde dann im Juni dennoch in die erste Leistungsgruppe hochgestuft. Zurecht: In der Gruppe B scheiterten Skopje, Szeged und auch die Rhein-Neckar Löwen an der weißrussischen Auswärtshürde. „Ich bin ehrlich“, sagt Pavel Atman. „Wir hatten nicht damit gerechnet, dass wir so viele Punkte sammeln würden.“

Neuzugang aus der Ukraine: Vladislav Ostroushko.

Das russische Rückraumass, das zur TSV Hannover-Burgdorf wechseln wird, klagte zuletzt über einige Blessuren und schied auch im Hinspiel gegen die SG Flensburg-Handewitt mit einer Verletzung aus. Das war die Chance für Artsiom Kulak, ein 21-jähriger Nachwuchsmann, der bald ins weißrussische Nationalteam aufrücken könnte, sich in den Vordergrund zu drängen. Bei der jüngsten Weltmeisterschaft in Frankreich vertraten mit Rechtsaußen Dzianis Rutenka, Kreisläufer Maxim Babichev, Linkshänder Siarhei Shylovich und Linksaußen Andrey Yurynok immerhin vier Meshkov-Akteur ihr Land.

Der Kader in Brest ist insgesamt sehr international ausgerichtet. Ein Unruheherd am Kreis ist der Serbe Rastko Stojkovic, der sich einst in Nordhorn und Kielce unter Vertrag stand. Auffällig der riesige Lette Dainis Kristopans, der aus dem rechten Rückraum in dieser Serie bereits 73 Mal traf. Im Gehäuse ist der Kroate Ivan Pesic oft ein Schrecken der gegnerischen Schützen. Und für diese Serie schlossen sich unter anderem der serbische Rechtsaußen Rajko Prodanovic, der ukrainische Halblinke Vladislav Ostroushko sowie der gebürtige Iraner Iman Jamali dem HC Meshkov an.

Fan-Kultur in Brest.

Ohne Frage: Der osteuropäische Klub hat sich einen Namen gemacht. Für die nächste Spielzeit haben mit Petar Djordjic und Pavel Horak bereits zwei gestandene Bundesliga-Akteure zugesagt. „In den letzten drei Jahren haben wir deutliche Fortschritte bei den sportlichen Ergebnissen und im Marketing erzielt“, bilanzierte Aleksandr Meshkov unlängst. „Schritt für Schritt wollen wir uns weiterentwickeln und irgendwann die Champions League gewinnen.“