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Erst am Schluss mit voller Kraft

(sh:z; Jan Wrege) „Leider keine Punkte, aber ein schönes Erlebnis“, lautete des Resümee von Andrija Pendic, einem der Kadetten aus Schaffhausen, die der SG Flensburg-Handewitt fast 50 Minuten lang das Leben schwer gemacht haben. Dann hatte der Favorit die Faxen dicke. Torhüter Mattias Andersson fing nun fast jeden Ball der Schweizer und warf in seinem 300. Pflichtspiel für die SG selbst noch einen übers Feld in den leeren Kadetten-Kasten. Am Ende stand doch noch ein ansehnlicher 31:26-Erfolg für den Spitzenreiter der Handball-Bundesliga im letzten Heimspiel der Gruppe A in der Champions League.

Andrija Pendic wird zu Hause erzählen, wie man wacker gekämpft hat, letztlich aber auch an der „Hölle Nord“ gescheitert ist: „Es war beeindruckend, zu erleben, wie die Fans das Gespür dafür haben, wann sie gebraucht werden und dann für ihre Mannschaft aufstehen.“ Es war ein zähes Spiel. Die Schweizer zelebrierten Schlafwagen-Handball. Spielmacher Gabor Csaszar steuerte clever die langen Ballpassagen der Gäste und erspürte die Momente, in denen die Aufmerksamkeit der Flensburger nachließ. „Die haben jeden Fehler von uns bestraft. Das ist ja auch keine schlechte Mannschaft“, meinte Holger Glandorf.

Trainer Ljubomir Vranjes erinnerte daran, dass Schaffhausen auch in Paris noch in der zweiten Halbzeit geführt hatte, für den angestrebten Heimsieg gegen die Schweizer daher einiges zu investieren war. Ein „bisschen all in“ hatte er als Motto ausgegeben. Zunächst lag auch im Angriff die Betonung auf „bisschen“. Zu wenig Dynamik, zu wenig Entschlossenheit, zu wenig Präzision. Geschickt operierten die Schweizer zeitweise mit sieben Feldspielern, davon drei am Kreis. Das brachte ihnen sogar einen Zwei-Tore-Vorsprung (12:10. 23.). Schön anzusehen war das nicht, sondern illustrierte einmal mehr, dass die Regelneuerung keine Topidee der Handball-Oberen war. Würfe ins leere Tor (die zur Spezialität von Henrik Toft Hansen geworden sind), mögen ja eine nette Abwechslung sein, aber irgendwann ist es genug.

Nach der Pause war die SG besser auf das Spiel der Gäste eingestellt. Doch erst in der Schlussphase gewann sie die Souveränität, die Extravaganzen erlaubte. „Ich habe drei Spielzüge für Jannek Klein angesagt, weil ich ihm ein Tor gegönnt habe. Leider war Schaffhausen zu aggressiv“, erzählte Vranjes. Der 17 Jahre alte Linkshänder feierte sein Heimdebüt im Profiteam, und die Mitspieler versuchten alles, um Klein in Position zu bringen. Aber die Kadetten stürzten sich wie die Geier auf den Youngster, als hätten sie es hier mit einem Topstar der Branche zu tun – immerhin, das ist auch eine Ehre.

Morgen geht es in Veszprem um Platz drei in der Gruppe A. Vranjes hatte das Spiel gegen seinen künftigen Arbeitgeber natürlich schon im Blick und mehrere Akteure (Svan, Eggert, Heinl, Gottfridsson) ganz oder weitgehend geschont. Der dritte Platz hat allerdings nach der Niederlage der Rhein Neckar Löwen gegen Szeged in der Gruppe B nicht an Attraktivität gewonnen. Ein aus SG-Sicht lösbares Bundesliga-Duell mit erträglichem Reiseaufwand gegen die Mannheimer ist im Viertelfinale nicht mehr möglich. Es würde aller Voraussicht nach wie im Vorjahr KS Kielce werden. Der Vierte aus Gruppe A trifft auf Vardar Skopje. Die Mazedonier sind nur noch theoretisch von Rang eins in Staffel B zu verdrängen. Weder Kielce noch Vardar sind besonders verlockend. Ohnehin ist ja erst einmal das Achtelfinale zu überstehen. Da wird es für den Gruppendritten gegen Celje oder Zagreb vermutlich etwas leichter, als für den den Vierten, den das weißrussische Team Meshkov Brest erwartet.