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SG erleidet den „Sekundentod“

(sh:z; Hans-Werner Klünner) „Ein Unentschieden wäre gerecht gewesen“, gab Noka Serdarusic unumwunden zu. „Die SG hätte das Ding für sich entscheiden können, aber ein Spiel dauert nun mal 60 Minuten“, meinte Nikola Karabatic. „Wir hätten mindestens einen Punkt verdient gehabt“, war Dierk Schmäschke überzeugt. Die meisten der 6300 Zuschauer in der ausverkauften Flens-Arena waren der gleichen Meinung wie der Trainer von Paris St. Germain, der französische Weltmeister und der Geschäftsführer der SG Flensburg-Handewitt. Doch nach 60 Minuten Weltklasse-Handball war dem Titelaspiranten durch einen Treffer von Nedim Remili nach einem sehenswerten Kempa-Trick mit Uwe Gensheimer  vier Sekunden vor Schluss ein mehr als glücklicher 34:33 (15:18)-Erfolg beim Bundesliga-Spitzenreiter gelungen. Die SG hatte mit dem „Sekundentod“ einen bitteren Rückschlag im Kampf um Platz drei der Gruppe A in der Champions League erlitten.

Die Flensburger haderten anschließend mit ihrem Schicksal, aber auch mit den dänischen Unparteiischen Gjeding/Hansen. „Der entscheidende Treffer war irregulär. Remili hat beim Absprung mindestens 20 Zentimeter im Kreis gestanden“, sagte Schmäschke. „Das belegen die Fernsehbilder.“ Die Dänen hatten das offenbar nicht gesehen. Nach dem skandalösen Viertelfinal-Aus bei KS Vive Kielce im Vorjahr gibt es für den SG-Geschäftsführer deshalb nur eine Konsequenz – auch schon in der Gruppenphase der Champions  League: „Diese Szene bestärkt mich umso mehr in meiner  Auffassung, dass wir in Spielen auf diesem Niveau endlich den  Videobeweis einführen sollten.“

Der Bundesliga-Spitzenreiter hatte der Weltauswahl um Trainer-Urgestein Noka Serdarusic zuvor einen mitreißenden Fight geboten und dabei die zweite Hälfte über weite Strecken sogar dominiert, obwohl Spielmacher Thomas Mogensen bereits in der 19. Minute verletzt ausgeschieden war und Rückraum-Shooter Holger Glandorf einen total gebrauchten Tag erwischt hatte. „Wir haben sehr lange sehr gut gespielt“, urteilte SG-Trainer Ljubomir Vranjes. „Aber zum Schluss haben wir ein paar Fehler gemacht, aus denen wir hoffentlich für die Zukunft lernen.“

Genau genommen waren es drei Aktionen, mit denen sich die Gastgeber nach dem 32:30 (55.) selbst aller Siegchancen beraubt hatten. Zuerst ein überhasteter Wurf von Rasmus Lauge in Überzahl, dann eine völlig frei vergebene Chance von Hampus Wanne und schließlich der verhängnisvolle Fehlpass von Glandorf auf Svan, den Uwe Gensheimer 25 Sekunden vor dem Ende  abfing. Die Gäste bestraften das mit ihrer unglaublichen individuellen Klasse postwendend zum 33:33-Ausgleich. Der Rest ist bekannt.

„55 Minuten waren echt super von uns. Wir hatten das Spiel im Griff, haben es leider aber nicht zu Ende gebracht“, ärgerte sich Rasmus Lauge. „Wir müssen daraus lernen und einen größeren Killer-Instinkt entwickeln.“ Auch Kentin Mahé war nach dem Schlusspfiff total geknickt: „Diese Niederlage ist nicht leicht zu verkraften. Wir hatten bis zum Schluss alles in der Hand. Aber Spiele gegen große Mannschaften entscheiden sich erst in den letzten Minuten.“

Es gab nach dem Schlusspfiff aber auch eine gute Nachricht. Thomas Mogensen hatte bei seiner Abwehraktion in der 19. Minute eine schwere Quetschung im rechten Auge erlitten, aber die Befürchtungen eines Augenhöhlenbruchs bestätigten sich bei einem CT in der Klinik glücklicherweise nicht. „Nichts ist gebrochen, das ist für uns die beste Nachricht“, sagte Vranjes. „Thomas muss aber zwei, drei Tage totale Ruhe haben“, sagte Mannschaftsarzt Dr. Torsten Ahnsel gestern. „Am Mittwoch gegen Hannover-Burgdorf wird er wohl nicht dabei sein.“