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Die SG macht es unnötig spannend

(sh:z; Hans-Werner Klünner) Hochspannung bis in die Schlussphase, Rudelbildung und eine rote Karte – das Jubiläum auf der Trainerbank hatte sich Ljubomir Vranjes einfacher gewünscht. Seine SG Flensburg-Handewitt musste alles geben, um Montpellier HB eine Woche nach dem knappen 28:27 in eigener Halle ebenso hauchdünn mit 31:30 (20:14) zu bezwingen und sich damit für das Viertelfinale der Handball Champions League zu qualifizieren. Dort wartet nun mit KS Vive Kielce der polnische Meister auf den aktuellen Bundesliga-Tabellenzweiten.

Der Flensburger Trainer, der zum 300. Mal auf der Bank gesessen hatte, war nach dem Schlusspfiff sichtlich erleichtert. „Ich bin froh, dass wir im Viertelfinale stehen. Nach einer guten ersten Hälfte hat uns die sehr offensive Abwehr der Franzosen unglaublich unter Druck gesetzt. Da haben wir uns nicht genug bewegt und schlechte Entscheidungen getroffen“, analysierte der Schwede. „Dennoch Hut ab vor meinen Spielern, sie haben unglaublich gefightet.“

„Ich bin stolz auf meine Spieler“, sagte MHB-Coach Patrice Canayer, dessen Team alles versucht hatte, um nach dem 14:20-Pausenrückstand noch einmal zurück zu kommen. Mit der Umstellung der Deckung von einer defensiven 6:0- auf eine offensive 5:1-Variante war dies den Südfranzosen auch eindrucksvoll gelungen. Den Ausgleich in einer hochklassigen Partie oder gar eine Führung schafften die Gäste aber nicht, weil Flensburg mehr Wechselmöglichkeiten besaß und in der entscheidenden Phase auch die besseren Individualisten in seinen Reihen hatte. So hielt sich Enttäuschung beim MHB-Trainer über das Ausscheiden in Grenzen: „Wir standen zu Recht im Achtelfinale, und wir haben gegen Flensburg zwei gute Spiele abgeliefert.“

Bei den Gastgebern war es dagegen nur in den ersten 30 Minuten nach Plan gelaufen. Mit einer 20:14-Führung im Rücken schien der Titelträger von 2014 einer entspannten zweiten Hälfte entgegen zu gehen. Doch es kam anders, weil die Gastgeber mit der 5:1-Variante überhaupt nicht klar kamen. „Die französische Deckung hat unserem Rückraum auf ja 17, 18 Meter zurückgedrängt“, staunte Vranjes. Er hatte sein Team zwar auf eine 5:1-Variante vorbereitet. Aber dass sie so offensiv und aggressiv decken würde, hatten er und seine Mannschaft nicht erwartet. Innerhalb von sechs Minuten war der Pausenvorsprung auf 20:18 geschmolzen. Nach acht Angriffen ohne Tor gelang Thomas Mogensen erst nach 37:46 Minuten der erste SG-Treffer nach dem Wechsel zum 21:18. Zwar konnten sich die Flensburger beim 23:19 (42.) und 25:21 (46.) etwas aus der Umklammerung der Franzosen befreien. Doch beim 25:23 (47.) war Montpellier wieder dran und ließ sich auch danach nicht abschütteln. Beim 27:26 (53.) und 28:27 (55.) war die SG-Führung gar auf ein Tor geschmolzen. Doch zum Glück hatte Vranjes mit Jim Gottfridsson einen Trumpf im Ärmel. Der junge Schwede bewahrte in der heißen Schlussviertelstunde kühlen Kopf, steuerte die SG-Angriffe mit Übersicht und erzielte zwei Minuten vor dem Ende den entscheidenden Treffer zum 31:28. Die Fahrkarte ins Viertelfinale war gelöst.

„Wir haben nicht mit genügend Geduld gespielt“, befand Spielmacher Thomas Mogensen. „Wir haben unser Tempo und unseren Rhythmus verloren“, meinte Rechtsaußen Lasse Svan. Doch am treffendsten formulierte Linksaußen Anders Eggert, mit zwölf Treffern der überragende SG-Torschütze an diesem Ostersonntag, die zweite Hälfte: „Wir haben es unnötig spannend gemacht.“

Flensburg hat wieder Zoff mit dänischem Verband
Die SG Flensburg-Handewitt und der dänische Handballverband (DHF) liegen wieder einmal im Clinch – wie schon oft in den vergangenen Jahren. Der Grund: SG-Trainer Ljubomir Vranjes gibt seine fünf dänischen Nationalspieler Anders Eggert, Rasmus Lauge, Lasse Svan, Henrik Toft Hansen und Kevin Möller erst am Donnerstag für einen Lehrgang und das für Freitag angesetzte Testländerspiel gegen Deutschland frei, und nicht wie vom DHG gefordert bereits gestern. Darauf hatte der DHF den Lehrgang um zwei Tage gekürzt. „Wir haben bereits 46 Spiele hinter uns, die Spieler brauchen eine Pause, und ich muss sie schützen. Jeden Tag ist zweimal Training angesetzt, das geht gar nicht“, begründete der Schwede nach dem Achtelfinal-Rückspiel der Champions League gegen Montpellier seinen Entschluss.

Der Disput hatte sich bereits in der vergangenen Woche angekündigt. Vranjes hatte in der Sache auch schon mit Nationaltrainer Gudmundur Gudmundsson einmal telefoniert. Ein zweites Gespräch und damit ein Kompromiss kamen aber nicht zustande. Stattdessen attackierte der Verband in einer Pressemitteilung am Sonnabend die SG scharf  und unterstellte ihr, „am liebsten gar keine Nationalspieler haben zu wollen“.

Vranjes konterte die Unterstellungen damit, „dass es sich bei der Woche bis zum 3. April   nicht um eine offizielle Nationalmannschaftswoche handelt.“ Die beginne erst am 4. April. „Es gibt 60 offizielle Nationalmannschaftstage, der DHF wollte aber eine Woche mehr.“ Der SG-Coach sieht sich im Recht und forderte den DHF zu mehr, vor allem aber besserer Kommunikation auf. „Der DHF kann nicht nur nehmen, er muss auch geben.“