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MVM Veszprém

Ungarische Handball-Stimmung.

Die Stimmung ist kein Freund der Gehörgänge. Die infernale Geräuschkulisse in der 6000 Zuschauer fassenden „Veszprém Arena“ gilt als einer der „Hot Spots" in der europäischen Ballwerfer-Zunft. Zwar hat Veszprém nur 65.000 Einwohner, in Handball-Kreisen hat die historische „Stadt der Königinnen“ aber einen majestätischen Ruf.  Seitdem der erst 1977 gegründete Verein binnen drei Jahren von der Viert- in die Erstklassigkeit aufstiegen war, ist Handball in Veszprém so etwas wie eine Religion.

Aron Palmarson: Von Kiel an den Balaton.

Der Glaube wird durch 23 ungarische Meisterschaften, 24 ungarische Pokalsiege sowie als „Bonbon“ den Europacup der Pokalsieger 1992 und 2008 gespeist. Auch in der abgelaufenen Serie wanderten trotz des aufrüstenden Kontrahenten Pick Szeged die Meisterschaft und der nationale Pokal wie gewohnt nach Veszprém. An der südosteuropäischen SEHA-League nahm der Klub erstmals teil und marschierte auf Anhieb zum Gesamtsieg. Auch jetzt liegt der ungarische Champion wieder an der Spitze, nur gegen Vardar Skopje ging ein Punkt über Bord. Dagegen glückte gegen einen anderen mazedonischen Vertreter, Macs Strumica, gar ein 50:16.

Die Stärke der jüngeren Vergangenheit kommt nicht von ungefähr: Seit 2012 sind die Rothemden ein äußerst potenter Klub auf dem europäischen Transfermarkt. Hinter dem Wandel vom Mitläufer zum Alpha-Tier steckt eine Neuregelung für die Sportförderung in Ungarn: Wenn Firmen heimische Klubs finanziell unterstützen, können sie die Summe fast komplett von der Steuer absetzen. So soll ausgerechnet ein großer deutscher Automobil-Hersteller, der im Frühjahr 2012 ein neues Werk in Kecskemét, 150 Kilometer östlich von Vezprém, eröffnete, den Handball-Boom am Plattensee maßgeblich beflügeln.

Andreas Nilsson: Schwede mit Hamburger Vergangenheit.

In jedem Fall starteten die Magyaren vor vier Jahren ihre erste große Einkaufs-Welle. Mit einer stattlichen Ablösesumme leiteten sie die Heimkehr eines „verlorenen Sohns“ ein und lotsten den Linkshänder Laszlo Nagy aus Barcelona zurück nach Ungarn. Zugleich nutzten die Funktionäre die wirtschaftliche Schwäche des spanischen Vereinshandballs. Der Linksaußen Christian Ugalde kam, ebenso Regisseur Chema Rodriguez. Aber vor allem Trainer Antonio Carlos Ortega verlieh Veszprém ein spanisches Gepräge. Allerdings musste er zu Beginn der Saison seinen Hut nehmen. Sein Assistent und Landsmann Javier Sabate trat die Nachfolge an.

Auch die Stars der DKB Handball-Bundesliga stehen auf der Wunschliste der Macher vom Plattensee. Das bekam vor allem der THW Kiel zu spüren. Im Jahres-Rhythmus wechselten Momir Ilic, Christian Zeitz und Aron Palmarsson nach Ungarn. Im Dezember wählte der Klub einen neuen Präsidenten: János Szabó.  In der Jahreshauptversammlung wurden die Ziel nochmals bekräftigt: der Sieg in der ungarischen Meisterschaft, der Sieg im ungarischen Cup, in der SEHA-League sowie das erneute Erreichen des VELUX EHF FINAL 4. Zwei Mal war Veszprém schon beim riesigen Event in Köln dabei. 2014 war im Halbfinale Schluss, 2015 reichte es für das Endspiel. Und diesmal?