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Großer Abend der Torhüter

(sh:z; Hans-Werner Klünner) Die beiden Hauptdarsteller hatten viel zu besprechen. Noch über eine halbe Stunde nach Spielschluss unterhielten sich Mattias Andersson und Rodrigo Corrales im Kabinengang über ein Spiel der Handball Champions League, dem die beiden Torhüter ihren Stempel aufgedrückt hatten. Am Ende hatte dabei die SG Flensburg-Handewitt gegen den polnischen Vizemeister Wisla Plock mit dem 27:25 (13:11) einen knappen Sieg eingefahren.

„Wir haben ein paar Torwart-Sachen besprochen, und er hatte ein paar Fragen, was er noch dazu lernen könnte. Da helfe ich gerne“, erzählte Mattias Andersson über das freundschaftliche Gespräch mit seinem Torwart-Kollegen. Für den 24-jährigen Spanier scheint der Flensburger Routinier – inzwischen ist Andersson 37 Jahre alt – ein großes Vorbild zu sein. Schon in der Pressekonferenz hatte der Wisla-Keeper über sein Gegenüber geschwärmt: „Mattias ist ein fantastischer Torhüter. Auf welchem Niveau er seit Jahren spielt, das ist erstaunlich.“

In der Summe hatte der junge Spanier das Duell gegen den „alten Schweden“ sogar mit 21:16-Paraden für sich entschieden und genau wie sein Gegenüber die gegnerischen Werfer zur Verzweiflung gebracht. Wie eine Krake hatte der 2,02 Meter lange Keeper immer wieder ein Bein oder eine Hand an den Ball bekommen. Die Spiel entscheidenden Paraden hatte jedoch Andersson auf seinem Konto. Immer wenn die Polen drauf und dran waren, den Rückstand auf einen Treffer zu verkürzen oder den Ausgleich zu schaffen, hatte die Flensburger Nummer eins erfolgreich im Weg gestanden. So hatte Andersson unter anderem zwei Strafwürfe von Rocha und Racotea abgewehrt. „Mattias hat ein großes Spiel gemacht. Er war einer unserer Matchwinner“, lobte SG-Trainer Ljubomir Vranjes seinen Torwart.

Ein zweiter Erfolgsgarant war die Flensburger Defensive, die mit Abwehrchef Tobias Karlsson nach überstandener Adduktoren-Verletzung zu „normaler Leistung“ (Rasmus Lauge) zurückfand. Die Gastgeber hatten die Rückraumschützen Racotea und Montoro im Griff, der Kreis bekam kaum einen Stich, und auch die Außen waren weitgehend abgemeldet. Einzig der quirlige Spielmacher Dmitry Zhitnikov bereitete Probleme. „Die Abwehr hat gut gestanden“, befand der SG-Trainer.

Was Vranjes allerdings nicht gefallen hatte, war die Chancenverwertung im Angriff. „Wir haben zu viele freie Würfe vergeben“, monierte der Schwede. „Da hat das letzte Prozent gefehlt, die Bälle müssen einfach rein.“ Mannschaftskapitän Tobias Karlsson war der gleichen Ansicht. „Gefühlt hatten wir das Spiel eigentlich immer unter Kontrolle, aber immer wenn wir die Chance hatten, das Spiel zu töten, haben wir beste Möglichkeiten vergeben.“ Sprich, Corrales hatte pariert. „Wir haben zu viele einfache Fehler gemacht“, befand auch Mattias Andersson. Der Torhüter hatte jedoch keine Zeit, sich über vergebene Chancen seiner Vorderleute zu ärgern. „Wenn du dich damit beschäftigst, wird es schwierig. Du musst dich immer auf den nächsten Ball konzentrieren.“

Mehrfach hatten die Flensburger mit drei Toren geführt, beim 17:13 und 24:20 sogar mit vier. Doch schon kurze Zeit später spürten die Gastgeber wieder den „heißen Atem“ der Polen im Nacken, weil sie zu fahrlässig mit ihren Chancen umgingen. Zum Glück hatte die SG an diesem Abend einen Rasmus Lauge. Der Däne traf aus fast allen Lagen und war mit elf Treffern der überragende Offensiv-Akteur in der Flens-Arena. „Rasmus hatte einen sehr guten Tag“, lobte Vranjes. Ganz im Gegensatz zu Holger Glandorf. Dem Linkshänder wollte in seinem 200. Spiel für die SG Flensburg-Handewitt aber auch gar nichts gelingen. Entweder scheiterte der Goalgetter an Corrales, am Torgebälk oder verfehlte das Ziel. Zwei Treffer aus zwölf Versuchen standen am Ende zu Buche. Dass Glandorf das entscheidende Tor zum 27:25 zehn Sekunden vor Schluss gelang, war nur ein schwacher Trost. „Jubiläen in eigener Halle sind immer Sch...“, meinte Vranjes. „Die sollten nur auswärts sein.“

Am Sonntag um 17.15 Uhr spielt die SG wieder auswärts – in der Handball-Bundesliga bei Frisch auf Göppingen. „Da müssen wir unsere Chancen besser nutzen, wenn wir gewinnen wollen“, waren sich alle im Flensburger Lager einig.