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SG-Spieler üben Selbstkritik

(sh:z) Ljubomir Vranjes hatte im Vorfeld den mahnenden Finger gehoben, über die Qualitäten von Besiktas Istanbul gesprochen und erwähnt, dass der türkische Meister zumeist 40 Minuten mithält. Als der Trainer der SG Flensburg-Handewitt aber sah, wie sich seine Feststellungen bestätigten, war er keineswegs zufrieden, sondern fuchsteufelswild. In einer Auszeit – genommen beim 21:20 (42.) – redete der Schwede lautstark auf seine Truppe ein und holte auch danach den einen oder anderen Spieler zu sich an die Seitenlinie, um sie emotional anzustacheln. Und wenn doch mal wieder jemand einen Schritt zu langsam war und sich der starke Torhüter Kevin Möller einen Gegentreffer einfing, dann ballten sich die Hände von Ljubomir Vranjes zu Krallen und der Trainer fauchte wie ein Löwe an der Seitenlinie.

Immerhin: Die SG schlug den Außenseiter mit 33:25, fuhr ein halbwegs standesgemäßes Ergebnis ein. Auch Ljubomir Vranjes wirkte etwas entspannter und erlaubte sich in der Schlussphase neben der Auswechselbank sogar einen Small-Talk mit Zuschauern. Doch zufrieden war er nicht. Das Wort „unnormal“ kam über seine Lippen. „Die letzten 15 Minuten waren gut, aber wir müssen das Spiel mehr kontrollieren“, sagte der Coach. „Ich hatte heute nicht das Gefühl, dass jeder Spieler im Kopf zu 100 Prozent bereit war.“

Ihn wurmte, dass Besiktas dem Bundesligisten phasenweise die Show stahl. Den Ballwerfern vom Bosporos glückten zwei Kempa-Tricks, der mazedonische Spielmacher Nemanja Pribak brillierte mit Spielwitz und der bullige Kreisläufer Tolga Özbahar zog bisweilen vier Verteidiger auf sich. „Wir wollen der Welt zeigen, welche Qualitäten der Handball in der Türkei bereits erreicht hat“, meinte Besiktas-Trainer Müfit Arin später. „Meine Mannschaft hat am obersten Level gekämpft, wurde am Ende müde und auch undiszipliniert auf dem Spielfeld.“ Negativer Höhepunkt: Der Serbe David Rasic leistete sich gegen Kentin Mahé ein Foul, für das er den roten Karton sah.

Die Höhe des Sieges war angesichts des Spielverlaufs nicht selbstverständlich. Die SG-Profis zeigten sich durchaus selbstkritisch. „Wir müssen daran arbeiten, dass wir über die gesamte Distanz eines Spiels konzentriert agieren“, sagte Kentin Mahé in der Pressekonferenz. Seine Kollegen saßen derweil in der Kabine zusammen und redeten über die die eigene Vorstellung. „Das ging nicht nach dem Motto ´dein Fehler, mein Fehler`, wir als Mannschaft haben Fehler gemacht“, verriet Bogdan Radivojevic.

Der Rechtsaußen stand wie Kevin Möller 60 Minuten auf der Platte. Auch Henrik Toft Hansen befand sich als einziger Kreisläufer wieder im Dauerbetrieb und stritt trotz der Belastung jegliche Überanstrengung ab. „Ich bin fit, fühle mich gut und komme immer besser ins System hinein“, erzählte der Däne. „Ich kenne diese Situation, da ich in der letzten Serie auch beim HSV praktisch allein am Kreis war.“ Sein Trainer sieht in dieser Konstellation aber keine Dauerlösung und möchte auf die langfristigen Ausfälle von Anders Zachariassen (Kreuzbandriss) und Jacob Heinl (Rücken) reagieren. Gestern wollte Ljubomir Vranjes mit potenziellen Kandidaten sprechen.