Stripes
Stripes
Archiv

Ein schmutziger Sieg in Hamburg

(sh:z) Die Spieler der SG Flensburg-Handewitt jubelten nach dem 22:21-Erfolg, die Kontrahenten vom HSV Hamburg ließen die Köpfe hängen. Eines einte aber alle in der Barclaycard-Arena: Sie waren die Protagonisten eines von Hektik und Kampf geprägten Spiels, in dem die Schiedsrichter keine glückliche Figur machten.

Die Zeiten großer Nordduelle scheint mit dem Absturz des HSV Hamburg ins Mittelmaß vorbei zu sein. Nur 5500 Zuschauer strömten in den Volkspark. Im Oberrang war nur ein Block geöffnet, um dort die Flensburger Fans isoliert unterzubringen. Die 60 Minuten boten allerdings auch kein Ruhmesblatt für den Handball: 15 Zeitstrafen, zwei rote Karten, 17 Siebenmeter und nur 43 Tore – so die statistische Ausbeute. Positive Worte gab es über den Kampfgeist und die Einstellung beider Teams, ebenso über die Abwehrreihen und die Torhüter Mattias Andersson und Johannes Bitter. Damit hatte es sich aber auch schon: „Spielerisch hatte ich mir mehr vorgestellt“, räumte SG-Trainer Ljubomir Vranjes ein. „Wir haben echt Scheiße gespielt.“ Eine Direktheit, die bei HSV-Manager Christian Fitzek eine sensible Stelle traf. „Unsere tollen Zuschauer“, sagte er, „haben uns zu einer – wie Ljubo sagt – beschissenen Leistung angetrieben.“

Keine so klaren Äußerungen fielen über die Unparteiischen. Die Körpersprache und Proteste während des Spiels suggerierten aber ganz klar, dass man sich nun diplomatisch verhielt gegenüber dem Gespann Tobias Tönnies und Robert Schulze. „Das schaue ich mir erst einmal auf Video an, Schiedsrichter haben es im Handball nicht leicht“, meinte Ljubomir Vranjes. „Es ist nicht meine Aufgabe, Schiedsrichter zu bewerten“, sagte Mattias Andersson. Etwas konkreter wurde HSV-Coach Michael Biegler. „Mit dem Siebenmeter-Verhältnis von 5:1 tue ich mich schwer“, erklärte dieser „Wir waren einige Male frei durch, und es gab keinen Strafwurf.“

Wie dem auch sei: Die Vielzahl der Zeitstrafen – ob unberechtigt oder berechtigt – hatten Einfluss auf den Spielverlauf. Die Hamburger verloren in der letzten Viertelstunde jeweils nach der dritten Hinausstellung ihre beiden Abwehr-Strategen Piotr Grabarczyk und Ilija Brozovic, was „Schieber-Rufe“ des Publikums provozierte. Die SG musste indes im ersten Durchgang mit sechs Zeitstrafen leben. Zwei Mal geriet sie sogar in eine doppelte Unterzahl. Diese Phasen überstanden die Nordlichter zwar gut, ihren Rhythmus fanden sie aber nie.

Pechvogel des Abends war zweifelsohne Kentin Mahé. Nach einer Viertelstunde sollte er ins Spielgeschehen eingreifen, rückte aber zu früh auf das Feld und löste damit einen Wechselfehler aus. Offensichtlich war der ehemalige Hamburger ein Opfer der Gewohnheit: Auf der Anzeigetafel war gerade eine Zeitstrafe des Ex-Vereins abgelaufen. Als der Franzose nach zwei weiteren Minuten endlich mitwirken konnte, wurde er nicht wie ein alter Bekannter empfangen. Er erntete ein Pfeifkonzert, das allerdings nach nur einem Angriff beendet war. Kentin Mahé verletzte sich am linken Fuß und hüpfte später auf einem Bein aus der Halle. Es ging direkt zum Röntgen ins Krankenhaus. Die Diagnose: eine schwere Bänderdehnung, voraussichtlich zwei bis drei Wochen Pause.

Auch Johan Jakobsson schied nach einem Schlag aufs Knie zur Pause aus. Ohnehin musste Ljubomir Vranjes angesichts des 9:11-Zwischenstands reagieren und schickte neben Holger Glandorf auch Thomas Mogensen, der eigentlich geschont werden sollte, ins Rennen. „Thomas ist ein Kampftier, das brauchten wir“, so der Trainer. In der zweiten Hälfte lief es besser, die Entscheidung fiel aber erst in den letzten Minuten. „Es war eines dieser dreckigen, schmutzigen Spiele, die man mal gewinnen muss und die wir letztes Jahr noch verloren hätten“, meinte Holger Glandorf. Mattias Andersson hob dennoch den mahnenden Finger: „Das war heute nicht gut.“ Da wollte niemand widersprechen.