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TBV Lemgo

Nur der VfL Gummersbach und der THW Kiel können auf eine längere, ununterbrochene Angehörigkeit zur Handball-Bundesliga zurückblicken als der TBV Lemgo. Doch die westfälische Handball-Welt wankt: Auch wenige Spieltage vor Saisonende geistert das Abstiegsgespenst durch das Lipperland.

Rolf Hermann.

Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Davon zehrt auch der Ex-Meister aus dem Westen, zumal die Lage kurz vor Weihnachten deutlich bedrohlicher aussah. Damals rangierte der TBV an vorletzter Stelle, nur einen Punkt vor Schlusslicht Bietigheim, und haderte wiederholt mit knappen Niederlagen, die ein schwaches Nervenkostüm und mangelnde Routine offenbarten. Die Verantwortlichen reagierten, beurlaubten den glücklosen Trainer Niels Pfannenschmidt und machten seinen wesentlich bekannteren Assistenten zum neuen Chef auf der Bank: Florian Kehrmann. Mit seiner Reputation und einem ungeheuren Erfahrungsschatz konnte er gleich den Schalter umlegen. „Er strahlt Ruhe und Selbstbewusstsein aus, was in solch einer Phase, in der wir uns befinden, enorm wichtig ist“, erklärte TBV-Geschäftsführer Christian Sprdlik. „Er hat als Cheftrainer nicht alles komplett umgeworfen, sondern nur an verschiedenen Stellschrauben gedreht.“

Die Negativ-Spirale war gestoppt, die Leistungskurve verlief konstanter und bescherte vermehrt Punktgewinne. Zusätzlich feilten die Westfalen an ihrem Kader. Noch im Herbst musste der unter den Erwartungen gebliebene Schwede Rickard Lönn gehen, das große Rückraum-Talent Tim Suton heuerte an. Im Januar dann zwei Personalien, die die Defensive stabilisieren sollten und auch die Fans der SG Flensburg-Handewitt aufhorchen ließen: Torwart Dan Beutler und Abwehr-Stratege Kasper Nielsen sind an der deutsch-dänischen Grenze bestens bekannt.

Finn Lemke.

Während die dänische Defensivkraft bis Weihnachten in Berlin Bundesliga-Luft geschnuppert hatte, musste der TBV für die Spielberechtigung von Dan Beutler sogar den Rechtsweg einschlagen. Die DKB Handball-Bundesliga hatte sich zunächst negativ geäußert, da der Schwede in der laufenden Saison bereits für IFK Kristianstad und den iranischen Klub Samen Al-Hojaj aufgelaufen war. Einen Doppel-Wechsel in einer Spielzeit schließen die HBL-Statuten allerdings aus. Der Lemgoer Rechtsbeistand Georg Engelbrecht argumentierte allerdings im Verfahren vor dem Bundessportgericht, dass das Reglement des Weltverbands IHF anzuwenden sei. Der TBV bekam Recht, das Urteil sorgte aber für Unsicherheiten, die die ligaweiten Wechsel-Vorschriften betreffen.

Für derlei Erwägungen hat man in Lemgo im Moment keine Zeit. Die überraschende Heimschlappe gegen Gummersbach im April war ein herber Rückschlag, der die Lage angesichts von diesmal vier „Sitzenbleibern“ wieder ins Bedrohliche veränderte. Ein Bundesliga-Abstieg wäre ein Novum in der Vereinshistorie. Wobei: 1984, gleich im ersten Jahr, war der TBV sportlich abgestiegen, profitierte dann aber von der Suspendierung der Göppinger, die gegen das damals gültige Amateur-Statut verstoßen hatten. Und wenn die „Mission Klassenerhalt“ gelingen sollte, werden die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Christian Sprdlik: „Wir befinden uns nach der Krisenzeit natürlich weiterhin in einer Wiederaufbauphase.“