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SG zeigt sich geduldig in Lemgo

(sh:z) Am späten Mittwochabend kam in der Lipperlandhalle eine typische Feierabend-Stimmung auf, wie sie gängig ist nach einem   harten Arbeitstag. Länger als sonst nach Auswärtsspielen saßen die Handballer der SG Flensburg-Handewitt in der Kabine zusammen, nippten an einer Flasche Bier und freuten sich über den 30:26 (14:15)-Sieg im Bundesligaspiel beim TBV Lemgo. Während einige Beobachter  enttäuscht von der spielerische Vorstellung des Champions-League-Sieger waren, genoss dieser die Genugtuung, die Kampfkraft des Kellerkindes entsprechend beantwortet zu haben. Es war ein Arbeitssieg.

„Bei unserem dichten Programm kann man nicht immer den optimalen Handball fordern“, sagte Trainer  Ljubomir Vranjes. „Da muss man sich auch mal durch die Spiele durchkämpfen. Genau das hat meine Mannschaft heute getan, und deshalb lobe ich sie für ihren Riesen-Charakter. Man darf auch nicht vergessen, dass man so eine schlechte zweite Halbzeit wie die in Barcelona nicht so einfach wegsteckt.“

Für die ersten Paukenschläge hatten die Hausherren gesorgt. Während Trainer Niels Pfannenschmidt dem Fernsehen noch ein Interview gab, rannten seine Jungs aus vier Richtungen gleichzeitig auf das Spielfeld und vereinten sich an der Mittellinie. Die   Einlauf-Zeremonie erinnerte an eine Umzingelungs-Taktik, die der TBV sogleich mit ins Spiel nahm. Bis zum 6:2 (7.) überrannten die krisengeplagten Gastgeber den Favoriten   und entfachten Begeisterungsstürme. Die anfängliche Endzeit-Stimmung, geprägt von leeren Plätzen und Zuschauer-Gesprächen über eine Lemgoer Zukunft in der 2. Liga, war aus dem Rund blitzschnell entwichen.

„Es war merkwürdig“, meinte SG-Linksaußen Anders Eggert. „Da sind genau die Dinge passiert, die wir vorher angesprochen haben. Man spürte nicht, dass wir auf eine Mannschaft trafen, die auf einem Abstiegsplatz steht.“

Die Flensburger mussten nun kühlen Kopf bewahren. „Spiele werden normaler Weise erst in der zweiten Hälfte entschieden“, behalf sich Kreisläufer Jacob Heinl mit einer Binsenweisheit. „Wir mussten nur darauf achten, unseren Stiefel weiter zu spielen.“  Wo andere Trainer längst mit der grünen Karte hantiert hätten, übte sich Ljubomir Vranjes in Zurückhaltung. „Man muss die Ruhe behalten und Vertrauen zeigen“, erklärte er, warum er auf eine frühe Auszeit verzichtete. „Es waren in der Anfangsphase nur Kleinigkeiten, die nicht passten. Darüber habe ich mit Thomas Mogensen gesprochen, wenn er nach den Angriffen seine kurzen Pausen hatte.“

40 Minuten lag die Überraschung in der Luft. Aber dann geschah, womit zu rechnen war. „Lemgo hat eine sehr kraftraubende Spielweise, das kann man nicht 60 Minuten durchhalten – das war uns klar“, erzählte Lars Kaufmann lächelnd. „Wir mussten daher auf die Chance, uns abzusetzen, nur warten.“ Die kam nach dem 20:18 (39.), als der TBV binnen 13 Minuten einen 1:8-Lauf erwischte und mit 21:26 in Rückstand geriet – die Entscheidung.

Niels Pfannenschmidt musste mit wenig zufrieden sein: „Immerhin haben wir erreicht, dass der Gegner nicht durchwechseln konnte.“ In der Tat:  Vranjes hielt fast durchgängig an seiner Stammsieben fest. Bis auf einen Kurzeinsatz von Drasko Nenadic tauschte der Schwede  nur, wenn es nicht anders ging. Anders Zachariassen kam, als bei Jacob Heinl ein Cut über dem rechten Auge genäht werden musste,  Bogdan Radivojevic überbrückte eine Zeitstrafe von Lasse Svan. Nach dem Spiel aber einten Leistungsträger und Reservisten zwei Themen: die ersehnte Heimfahrt nach fünftägiger Tour (Kaufmann: „Wir standen kurz vor dem Lagerkoller“) und die Freude über zwei schwer erbeutete Punkte. Umkämpfte Siege sind doch die schönsten.