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Ein gewagter Test und ein Karlsson-Tor

(sh:z; Hans-Werner Klünner) Die SG Flensburg-Handewitt hätte die TSV Hannover-Burgdorf aus der Flens-Arena schießen können. 27:17 führte der Champions-League-Sieger nach 47 Minuten im Heimspiel der Handball-Bundesliga und schien auf dem Weg zu einem Kantersieg. Doch zwischen den beiden Spielen in der Königsklasse gegen den FC Barcelona verordnete Trainer Ljubomir Vranjes seinen Spielern Schonung, wechselte munter durch und wagte einen Test mit dem jungen Hampus Wanne in der Spielmacherrolle. So hieß es nach 60 Minuten "nur" 32:26 (17:11) - die vom Verletzungspech gebeutelten Niedersachsen waren an der Flensburger Förde glimpflich davon gekommen.

Das sah auch Christopher Nordmeyer so. "Die zweite Halbzeit war ein Schaulaufen für die SG, bevor sie einen Gang zurückgeschaltet und durchgewechselt  hat", sagte Hannovers Trainer und stellte ernüchtert fest:  "Die erste Flensburger Sieben ist von unserer Bestbesetzung sehr weit weg." Ljubomir Vranjes war insgesamt zufrieden. "Es war nicht einfach für uns nach dem intensiven Spiel gegen Barcelona. Da tut der Körper noch weh. Insgesamt haben wir aber sehr diszipliniert gespielt und in der Abwehr gut gestanden, obwohl mir dort ein bisschen Aggressivität gefehlt hat", meinte der Schwede.

Schief gegangen war allerdings der Test mit Hampus Wanne als Spielmacher. Der 27:17-Vorsprung war innerhalb von nur sieben Minuten auf 27:23 geschmolzen. Vranjes erlöste den jungen Schweden, übergab den Regisseur-Stab wieder an Thomas Mogensen, und nur drei Minuten später war die SG wieder auf 30:23 enteilt. Vranjes stand jedoch zu seinem Experiment. "Wann soll ich es sonst versuchen, wenn nicht bei so einem Spielstand", fragte der Schwede. Jim Gottfridsson wird nach seiner erneuten Fuß-Operation frühestens wieder im Februar zur Verfügung stehen. Und auch ein Thomas Mogensen braucht bei der derzeitigen Schlagzahl Zeit zum Luftholen. "Thomas hat fünf Minuten Pause bekommen, das war okay. Ich werde das in Zukunft mehr und mehr machen", betonte Vranjes. "Die anderen müssen sich daran gewöhnen, dass Hampus dort steht und nicht Thomas."

Der junge Schwede versuchte Linie in die Angriffsaktionen der SG zu bringen. "Doch Hampus war ein bisschen zu heiß", meinte Vranjes. "Wir haben das bislang nur im Training geübt. Was soll man da erwarten", sagte Kreisläufer Jacob Heinl. Und auch Mannschaftskapitän Tobias Karlsson stärkte dem gelernten Linksaußen Wanne den Rücken. "Hampus hat das Potenzial. Was ihm noch fehlt, sind Ruhe und Sicherheit. Das Projekt ist noch nicht fertig." Der Abwehrchef war auf der anderen Seite froh, "dass wir vor dem Rückspiel in Barcelona ein bisschen Kraft sparen konnten".

Erholen mussten sich nach dem Spektakel vom vergangenen Sonnabend offensichtlich auch die Zuschauer. Im Vergleich dazu ging es am Mittwoch in der Flens-Arena ruhig zu. Nur einmal kamen die SG-Anhänger so richtig aus dem "Quark". Es war die 45. Minute: Tobias Karlsson bekam in der Abwehr einen  Querpass vor dem Hannoveraner Runar Karason zu packen, sprintete mit einem unwiderstehlichen Antritt Richtung gegnerisches Tor und versenkte den Ball eiskalt gegen Nikolai Weber. Die Zuschauer sprangen von den Sitzen und feierten das erste Saisontor des Schweden, der normalerweise so oft die Mittellinie passiert wie der Halleysche Komet die Erde, mit stehenden Ovationen. "Das war überragend", freute sich Karlsson über die Beifallsbekundungen und witzelte: "Jetzt werde ich die Torjägerliste von hinten aufrollen."

Zuletzt hatte Tobias Karlsson, so weit er sich selbst erinnern konnte, in der vergangenen Saison der Champions League gegen La Rioja in der Flens-Arena getroffen. "Auswärts hat es dagegen ein paar Mal mehr geklappt", meinte der SG-Kapitän. Vielleicht gelingt es ja am Sonntag wieder in der Champions League - im berühmten Palau Blaugrana gegen den FC Barcelona.