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Das genutzte Sprungbrett

Im November 2012 tauchte ein Spieler aus den Niederungen der Zweitklassigkeit bei der SG Flensburg-Handewitt auf, den bis dahin kaum jemand kannte: Florian von Gruchalla. Der Rechtsaußen half bis zum Ende der Saison bei der SG aus und ergatterte dann einen Stammplatz beim VfL Gummersbach.

Flügelspieler sind schnell und sprunggewaltig. Auch ohne Sprungbrett. Ein solches Hilfsmittel hat Florian von Gruchalla in seiner Laufbahn einmal benutzt. Im übertragenen Sinne versteht sich. Es war im Herbst 2012, als sich seine Stimmungslage fast im Stunden-Takt drastisch veränderte. Zunächst meldete der Zweitligist Post Schwerin Konkurs an, dann ging der Handballer zum Arbeitsamt, um nur wenig später ein Angebot eines Spitzenklubs auf dem Tisch liegen zu haben. Florian von Gruchalla nahm bei der SG die „unglaubliche Chance" an, sammelte unter Trainer Ljubomir Vranjes wertvolle Erfahrungen, lernte von starken Außen wie Anders Eggert oder Lasse Svan und konnte am Ende der Saison die SG als „Sprungbrett" verwenden. Der VfL Gummersbach zeigte Interesse.

Heute ist der 25-jährige bei den Westdeutschen der „Platzhirsch" auf Rechtsaußen und hat deutlich mehr Spielanteile als Nachwuchsmann Tobias Schröter. „Er kann schon etwas von mir lernen, auch wenn ich selbst noch jung bin und weiterhin aus Fehlern lernen muss", sagt Florian von Gruchalla, der mit dem ersten Drittel der Saison und der allgemeinen Entwicklung beim VfL Gummersbach sehr zufrieden ist. „Wir wollen in jedem Fall besser abschneiden als in der letzten Serie", erklärt er mit Nachdruck. Platz 13 gilt es zu überbieten. „Wir schauen derzeit gerne auf die Tabelle." Allerdings hat jeder im VfL-Lager verinnerlicht, dass diese Spielzeit von einer großen Ausgeglichenheit und zahlreichen Überraschungen geprägt ist.

Der Handballer hat sich nicht in Gummersbach niedergelassen, sondern in Overath, einem 25.000-Einwohner-Städchen an der Autobahn 4. Dieser Wohnort entsprang einer Kompromiss-Lösung: Freundin Ivana braucht nun nur eine Viertelstunde zum Studium nach Köln und Florian von Gruchalla dieselbe Zeit zum Training. Inzwischen hat das Paar sogar längerfristig Planungssicherheit. Der VfL-Vertrag wurde bis 2018 verlängert. „Der Wechsel nach Gummersbach war eine sportlich richtige Entscheidung", sagt der Profi. Ein weiteres Plus: Die Heimat Kerken (Kreis Kleve) liegt nur anderthalb Autostunden entfernt.

Das „schöne Jahr" in Flensburg hat der 25-Jährige nicht vergessen. Er hat in der VELUX EHF Champions League gespielt, schnupperte die Atmosphäre beim Final Four in Hamburg, ist noch immer dankbar für die Unterstützung, die er im hohen Norden erfahren hat, und schloss Freundschaften. Mit Jacob Heinl oder Lars Kaufmann hat er erst neulich telefoniert, auf Internet-Plattformen werden rege Botschaft ausgetauscht. Florian von Gruchalla freut sich auf die Stippvisite in der „Hölle Nord" – auch wenn er weiß, dass „Ljubo seine Jungs hervorragend einstellt und die SG zuletzt einige Gegner mit deutlichen Klatschen nach Hause geschickt hat". Doch er und seine Mistreiter wollen sich diesmal besser verkaufen als im Frühjahr. Im März lautete der Endstand 35:23.