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SG tappt in die Abwehrfalle

(sh:z; Jan Wrege) Nikolaj Jacobsen überraschte mit seinem Statement zum 29:26(13:14)-Sieg über die SG Flensburg-Handewitt. Ein Hauch von schlechtem Gewissen schwang beim Trainer der Rhein-Neckar Löwen mit: "40 Minuten war Flensburg viel besser als wir. Ob wir verdient gewonnen haben, müssen andere beurteilen." Ljubomir Vranjes musste nicht überlegen: "Man gewinnt immer verdient", stellte der SG-Trainer klar, was aber nicht bedeutete, dass er schon seinen Frieden mit der dritten Saisonniederlage in der Handball-Bundesliga gemacht hatte.

Ungewöhnlich deutlich zeigten die Flensburger ihren  Ärger über Lars Geipel und Markus Helbig. Die angeblich besten deutschen Schiedsrichter hatten Tobias Karlsson nach 25:34 Minuten  zum Duschen geschickt. Die erste Zeitstrafe gegen den Schweden für ein Foul an dem widerspenstigen  Kreisläufer Bjarte Myrhol kam zu früh - der Siebenmeter wäre ausreichend gewesen. "Wir wurden zu schnell progressiv bestraft", fand SG-Geschäftsführer Dierk Schmäschke. Die zweite Zeitstrafe, wieder nach einer Rangelei mit Myrhol, war ein schlechter Witz. "Wie soll Tobias das sonst verteidigen?", fragte SG-Linkshänder Holger Glandorf, und Vranjes meinte: "Wenn das zwei Minuten sind, müssten wir immer mit fünf Mann spielen." Die dritte Zeitstrafe und Rot für Karlsson für ein reflexhaftes Hochzucken des rechten Beines (ohne Feindberührung) mag sich bei strengster Regelauslegung begründen lassen. In dieser Situation zeigte sie nur, dass Geipel/Helbig jegliches Fingerspitzengefühl verloren hatten. Der mit beachtlichem mimischen Talent gesegnete Myrhol wurde so - ohne ein Tor zu erzielen - zu einem wesentlichen Faktor, indem er die SG-Deckung unter Mithilfe der Schieris schwächte.

Das war aber nicht die ganze Geschichte. Die SG überstand die Unterzahlphasen nahezu unbeschadet, weil Thomas Mogensen im Angriff das Bestmögliche daraus machte und weil Torhüter Mattias Andersson in der ersten Halbzeit noch gewohnt zuverlässig  hielt. Der Absturz der SG  begann nach einer 19:15-Führung in der 40. Minute. Jacobsen stellte seine Abwehr auf ein 5:1-System um, was den Gastgebern nicht behagte. "Da hat Flensburg endlich ein paar Fehler gemacht und Niklas Landin gut gehalten", sagte der Löwen-Trainer. Im selben Maß, wie sich der Däne im Mannheimer Tor steigerte, baute Andersson auf der Gegenseite ab. Pech bzw. Glück aus Gästesicht gehörte dazu: So millimetergenaue Würfe wie von Kim Ekdahl du Rietz und Andy Schmid, deren Bälle vom Innenpfosten ins Tor prallen, gelingen nicht alle Tage.

Die vom brillanten Schmid angeführten Löwen  machten in 13 Minuten aus dem Vier-Tore-Rückstand die entscheidende 26:22-Führung - nervenstark, geduldig und ganz im Stile einer Spitzenmannschaft. Bei allem  Flensburger Frust blieb aber auch Raum für Selbstkritik. "Wir haben das alles zu stressig gemacht gegen die 5:1. Wir verlieren Bälle und kriegen vier Gegentore in zweieinhalb Minuten. Da müssen wir cooler bleiben. Wenn du mit zwei statt vier aus so einer Phase kommst, sieht es anders aus", sagte Thomas Mogensen, der nach überragendem Beginn aus dem Rhythmus geriet und gern Jim Gottfridsson an seiner Seite gehabt hätte: "Mit Jim hat unser Spiel eine andere Dimension." Lars Kaufmann und Drasko Nenadic  konnten halblinks nicht den nötigen Druck auf die Löwen-Deckung ausüben. Wann Gottfridsson zurückkehrt, ist derzeit allerdings völlig ungewiss. Die Heilung seines Knochenbruchs im Mittelfuß verläuft nicht im erwarteten Tempo.

Wenigstens gibt es im Spielemarathon bis Weihnachten eine kleine Entlastung für die SG. Das Pokalspiel am 17. Dezember gegen Friesenheim findet in Flensburg statt. Der Aufsteiger muss auf sein Heimrecht verzichten, weil er an diesem Tag keine Halle zu Verfügung hat. Dass zwischen dem Auswärtsspiel in Wetzlar und dem Derby gegen Kiel eine anstrengende Reise in den Süden entfällt, kommt der SG sehr gelegen.