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Keine Kreativität und Dynamik

(sh:z) Niederlagen lassen den Aberglauben aufleben und nagen an eingespielten Abläufen. Nachdem die SG Flensburg-Handewitt in den letzten Spielzeiten beim SC Magdeburg verloren hatte, griffen mehrere Spieler nun zu einem Paar neuer Schuhe, der Tross steuerte eine andere Unterkunft an, und Geschäftsführer Dierk Schmäschke  drückte vor dem Fernseher die Daumen. Aber all das brachte nichts. Auf dem Spielfeld zählten die sportlichen Fakten - und die sprachen beim 29:26 (13:8) für den SCM.

Ljubomir Vranjes hatte an der Niederlage sichtlich zu knabbern: "Jeder hat gesehen, welche Probleme wir in der ersten Halbzeit hatten. Wenn man so heiß und unbeweglich auftritt wie unsere Spieler, wird es sehr schwer gegen eine starke Magdeburger Abwehr." Es war die Defensive der Gastgeber, die das Match entschied. Sie weckte Emotionen, die 6000 Zuschauer in der Getec-Halle in ein Feuerwerk verwandelten. Gerade in den ersten 20 Minuten fehlte dem SG-Angriff die Kreativität und Dynamik, um dieses Bollwerk  auszuhebeln. Besonders wirkungslos: Die linke Halbposition mit Lars Kaufmann und Drasko Nenadic.

Zudem bauten die SG-Schützen den SCM-Keeper Jannick Green zum Helden auf. Die Abschlussschwäche nahm fast chronische Züge an. "Das, was wir verworfen haben, darf man sich auf diesem Niveau nicht erlauben", haderte Ljubomir Vranjes. Jacob Heinl setzte einen Gegenstoß neben das Gehäuse, Lasse Svan und Hampus Wanne scheiterten im Sekunden-Takt völlig freistehend an Green. Und die Alternativen für die Außenpositionen krankten: Bogdan Radivojevic hatte Grippe, Anders Eggert zwickte es an der Wade. Er kam erst zur zweiten Hälfte. Ganz anders SCM-Rechtsaußen Robert Weber: Zunächst traf er aus dem Rückraum, dann düpierte er den SG-Schlussmann Mattias Andersson mit einem Dreher aus spitzem Winkel.

Das war das 11:3. Erst nach 23 Minuten war ein Aufbäumen der Flensburger zu spüren, das durch die Kabinenpredigt verstärkt wurde. Beim 20:17 (43.) stoppten jedoch zwei umstrittene Schiedsrichter-Pfiffe die Aufholjagd, danach machten Fehlpässe und schnelle Gegentore die Hoffnungen auf eine Wende endgültig zunichte. Entsprechend enttäuscht verschwanden die SG-Profis im Mannschaftsbus, während die positive Nachricht des Tages in den Hintergrund geriet: Jim Gottfridsson ist wieder da.

Im Juli hatte der Schwede einen Ermüdungsbruch im Mittelfuß erlitten, seitdem hatte er sein Comeback im Fokus. Bereits nach acht Minuten hatte ihn Ljubomir Vranjes ins Getümmel geworfen. "Man hofft immer, möglichst viel zu spielen", verriet Jim Gottfridsson. "Aber wenn man zwei Monate gefehlt und erst seit einer Woche mit der Mannschaft trainiert hat, rechnet man nicht damit, 45 Minuten lang im Angriff zu spielen." Dabei zeigte er die von ihm bekannte Entschlossenheit, und in der zweiten Hälfte blitzte mit Thomas Mogensen fast schon wieder das kongeniale Spielmacher-Gespann auf, das die halblinke Position gleich mitbeackert. "Es hat mich gefreut, dass Jim so schnell den Faden wieder gefunden hat", sagte Dierk Schmäschke.

Die verbalen Schulterklopfer prallten an Jim Gottfridsson ab. Ihn wurmte, dass man ihm beim 20:17 ein Stürmerfoul abgepfiffen hatte, das viele nicht als solches erkannt hatten, und dass sein Team die Wende verpasste. "Wenn man verliert, macht man sich immer Gedanken, was man hätte besser machen können", verriet der Schwede. Am gestrigen Nachmittag sah er sich die Partie im Internet nochmals für seine persönliche Analyse an. Aber auch so wissen er und seine Teamkollegen, dass sie schnell den Rhythmus finden müssen. Sonst kann die SG in der Bundesliga früh entscheidenden Boden auf die vorderen Tabellenränge einbüßen.