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Nur Glandorf zeigt eine Top-Leistung

(sh:z) Eine Szene Mitte der zweiten Hälfte war typisch. Die SG Flensburg-Handewitt startete zu einem Gegenstoß, Holger Glandorf führte den Ball. Der Linkshänder schaute kurz nach links, dann nach rechts, um letztendlich doch selbst schnurstracks auf das gegnerische Gehäuse zuzumarschieren. Mit seiner Dynamik machte er eines von zwölf Toren und wurde zum Matchwinner. „Es gibt Tage, da kann man aus allen Lagen werfen und trifft immer, und dann gibt es Tage, da läuft es nicht und man wird vom Trainer auf die Bank geholt“, sagte Holger Glandorf, nachdem seine Farben mit dem 31:26 (15:13) beim TuS N-Lübbecke den ersten Auswärtssieg in der noch jungen Saison der Handball-Bundesliga errungen hatten.

Die mitgereiste Fan-Schar hatte mehrfach den Namen des Rückraum-Asses skandiert, für sie war er so etwas wie eine „Lebensversicherung“ für die beiden Punkte gewesen. Für Ljubomir Vranjes war er „unser Held“. Der SG-Coach präsentierte sich nach dem Spiel zwar mit einem durchaus sonnigen Gesicht, hatte aber doch so einiges an der Vorstellung seiner Mannschaft zu mäkeln. „Wir können es viel besser“, meinte der Schwede. „Gerade die erste Hälfte war das Schlechteste, was ich in dieser Serie von uns gesehen habe. Für Spritzigkeit stand da nur Holger Glandorf, sonst habe ich viele müde Beine bemerkt.“

Eine Erklärung für das teilweise leidenschaftslose Auftreten hatte Ljubomir Vranjes selbst parat, sprach von einer „Kopfsache“, weil bei den Westfalen mit Drago Vukovic und Ales Pajovic kurzfristig zwei Leistungsträger ausgefallen waren und sich eine vermeintlich leichte Aufgabe andeutete. Zu allem Überfluss bekräftigte in Lübbecke die magere Kulisse von 1538 Zuschauern die scheinbar aussichtslose Lage der Gastgeber. Doch dann hievten sich die jungen TuS-Spieler wie Ramon Tauabo, Jens Schöngarth, Niclas Pieczkowski oder Christian Klimek zu einer famosen Leistung auf und glaubten sogar noch zehn Minuten vor Schluss – es hieß 24:25 – an den Sieg. „Wir waren so gut“, lobte TuS-Coach Dirk Beuchler, „dass wir den Gegner dazu gezwungen haben, mit seiner besten Besetzung durchzuspielen.“ Johan Jakobsson, Bogdan Radivojevic und Anders Zachariassen blieben die kompletten 60 Minuten auf der Bank.

Die Gäste erkannten den Elan des Außenseiters an, beschäftigten sich aber mehr mit sich selbst. „Das Spiel hatten wir mehr oder weniger im Griff“, meinte Torwart Mattias Andersson. „Aber manchmal werden wir plötzlich so hektisch. Wir müssen noch an unserer Sicherheit und dem richtigen Tempo arbeiten.“ Auch Holger Glandorf spürte, dass es im Spielaufbau nicht richtig rund lief und er viel Verantwortung übernehmen musste. „Ich sehe uns aber auf dem richtigen Weg“, meinte er und bewertete den anstehenden IHF Super Globe in Katar als „gute Gelegenheit, das Zusammenspiel zu verbessern.“

Die bislang einzige Niederlage, beim Landesderby in Kiel, erschien hingegen plötzlich in einem anderen Licht. Als der Lübbecker Moderator in der Pressekonferenz das gerade eingetroffene Endresultat aus Balingen verkündete, musste Ljubomir Vranjes zwei Mal auf das Handy-Display schauen. Es stimmte wirklich, der THW Kiel hatte verloren. Dem SG-Trainer wurde in diesem Moment nochmals deutlich, dass seine Truppe auch beim Landesrivalen hätte gewinnen können. Ihm wurde aber auch klar, dass seine Kritik in Lübbecke wie das Klagen auf hohem Niveau aufgenommen werden könnte. Ljubomir Vranjes fasste erleichtert zusammen: „Wir haben hart kämpfen müssen, aber wir haben zwei Punkte.“