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Vier Mannschaften – ein Ziel

(sh:z; Jan Wrege) Es ist angerichtet für das größte Event im deutschen Handball: Vier Mannschaften und 13300 Fans, die eine der begehrten Karten für das Final Four in der Hamburger O2-World ergattert haben, fiebern drei Spielen entgegen, an deren Ende am Sonntag gegen 15.30 Uhr der Pokalsieger 2015 feststehen wird. Es gibt einen leichten Favoriten in Gestalt des alten und neuen Vizemeisters: Die Rhein-Neckar Löwen haben den Rekord-Pokalsieger THW Kiel im Viertelfinale eliminiert und waren hinter dem Meister das stabilste Team der Saison. Der SG Flensburg-Handewitt und dem SC Magdeburg wird am ehesten zugetraut, den Mannheimern den Gewinn ihres ersten nationalen Titels zu vermasseln. Als Außenseiter gilt ausgerechnet der Titelverteidiger Füchse Berlin.

Solche Einschätzungen gehören zum Pflichtprogramm, können sich in der besonderen Atmosphäre des deutschen „Handball-Wembleys“ aber schnell als Irrtum herausstellen. „Alle vier können den Pokal holen“, unterstreicht Ljubomir Vranjes, Trainer der SG Flensburg-Handewitt, der selbst vier Mal in Folge das wunderliche Auf und Ab erlebte, das sich beim Final Four einstellen kann: Drei Mal als Außenseiter und einmal als Favorit das Halbfinale gewonnen, in Endspielen zeitweise als sicherer Sieger erschienen und dann doch  immer  mit leeren Händen aus Hamburg abgefahren – Final-Fluch?

„Das ist etwas für Fans und Journalisten“, sagt Vranjes. Er wälzt keine mulmigen Gedanken  oder hängt Aberglauben nach: „Es ist ein Riesenerfolg, überhaupt nach Hamburg zu kommen. Wir freuen uns riesig, wieder die Chance zu bekommen, ein Finale zu spielen“, erklärt der gerade zum „Welttrainer des Jahres 2014“ gewählte Schwede, der die Auszeichnung der IHF heute um 13.10 Uhr entgegennehmen wird.
50 Minuten später beginnt das erste Halbfinale gegen die RN Löwen, die mit sieben erfolglosen Final-Four-Teilnahmen eine noch schwärzere Serie als den immerhin schon dreimaligen Pokalsieger Flensburg verfolgt. Jedes Mal war Uwe Gensheimer dabei, verständlich, dass den Löwen-Kapitän nun eine „unendliche große Sehnsucht“ nach dem Pokal umtreibt. Sein Trainer Nikolaj Jacobsen sagt trotzig: „Wenn man zum achten Mal nach Hamburg fährt, ist man auch irgendwann einmal dran.“

Das findet Vranjes auch, nur eben auf seine Mannschaft gemünzt.  Dass die SG beide Punktspiele gegen die Mannheimer verloren hat, ist für ihn von untergeordneter Bedeutung, die Analyse der Liga-Duelle führt kaum weiter. „Ich habe in dieser Saison keine drei Spiele hintereinander dieselbe Mannschaft gehabt“, sagt der 41-Jährige. Auch heute werden die Löwen eine neue SG-Formation sehen: Vier der sechs Akteure, die Vranjes noch im Februar beim 20:23 in Mannheim fehlten, sind wieder dabei, „nur“ noch Holger Glandorf und Jacob Heinl fehlen.

Große Hoffnungen setzen die Flensburger in das Rückraumgespann Thomas Mogensen und Jim Gottfridsson, die schon vor knapp einem Jahr maßgeblich zum sensationellen Champions-League-Sieg beitrugen. Sie sollen den Ball schnell machen, um das Abwehrbollwerk der Löwen zu erschüttern. Ansonsten gilt: „Man muss einen guten Tag erwischen, es entscheiden Kleinigkeiten“, sagt Vranjes, „wenn wir die Löwen schlagen sollten, hätten wir optimal gespielt.“

Zu den Kleinigkeiten gehört es, den überragenden RNL-Spielmacher Andy Schmid zu stoppen. Spannend wird auch das Duell der Torhüter: Den Rang als bester Keeper der Liga hat der Löwen-Torwart Niklas Landin seinem Gegenüber Mattias Andersson abgelaufen, was wiederum den „alten Schweden“ anspornen dürfte.

Und die anderen? Berlins Manager Bob Hanning platzt beinahe  vor Optimismus und tut eine exklusive Meinung kund: „Wir sind Favorit und wissen, wie es geht.“ Dazu gehören stets die Psychospielchen des exaltierten Torhüters Silvio Heinevetter, vor einem Jahr der Held des Berliner Triumphes. Der wiederum sieht sich heute dem besten Werfer der Liga gegenüber: Rechtsaußen Robert Weber gehört zu den Hoffnungsträger des SC Magdeburg im zweiten Halbfinale um 16.45 Uhr.