(sh:z; Jan Wrege) Nach einem Sieg mit 19 Toren Differenz sollten eigentlich alle bester Dinge sein. Mattias Andersson war es nicht. Das lag nicht daran, dass diesmal Kevin Möller 60 Minuten an seiner Stelle gespielt hatte, vielmehr entzündete sich der Unmut des schwedischen Torhüters der SG Flensburg-Handewitt nach dem 39:20 (19:10) im Achtelfinale des DHB-Pokals über die TSG Ludwigshafen-Friesenheim am Gegner. "Das Schlechteste, das ich bisher in Flensburg gesehen habe. Die hatten nicht eine Sekunde Lust, uns zu ärgern. Schade für die Zuschauer", sagte Andersson.
Man kann ihn verstehen, weil er ein Berufssportler ist, der Professionalität beispielhaft vorlebt. Was die Pfälzer in der Flens-Arena ablieferten, war indes peinlich und des Pokalwettbewerbs nicht würdig. Mit Torhüter Klier, Torjäger Grimm und Routinier Just hatten die Gäste drei ihrer wichtigsten Spieler zu Hause gelassen. Aus Frust, dass sie wegen Hallen- und Terminnot das Heimrecht abtreten mussten? Trainer Thomas König hatte eine andere Erklärung und nahm seine Halbprofis in Schutz: "Das sind arbeitende Leute, die morgen um sieben Uhr im Geschäft sein müssen. Urlaubstage haben sie auch nicht mehr, weil die in der Vorbereitung verbraucht wurden. Die Regeneration wäre ausgefallen." Das Trio sollte Kräfte sparen für die drei restlichen Spiele des Jahres, der Aufsteiger steht im Abstiegskampf.
Dass sich die "Eulen" allzu leicht abschießen ließen, trübt ein wenig den Blick auf die ansprechende Vorstellung der SG in ungewöhnlicher Besetzung. Ljubomir Vranjes hatte nicht erst beim Blick auf das Friesenheimer Aufgebot beschlossen, mehrere Stammkräfte über weite Strecken zu schon. "Kevin Möller habe ich schon in Wetzlar gesagt, dass er anfängt", sagte der SG-Trainer, der außerdem mit seinen jungen Außen Bogdan Radivojevic und Hampus Wanne sowie Kreisläufer Anders Zachariassen durchspielte und Thomas Mogensen schon nach 15 Minuten in den Feierabend schickte. Dafür durfte Holger Glandorf immerhin 45 Minuten lang nach Lust und Laune auf Torjagd gehen und elf Mal jubeln. "Er ist einfach fantastisch", lobte Vranjes seinen Linkshänder.
Grund zur Freude hatte auch der fünffache Torschütze Zachariassen: "Das war das erste Mal seit vier Spielen, dass ich nichts auf die Nase bekommen habe." Zudem durfte der 23 Jahre alte Däne diese Woche den Status als Nationalspieler genießen. Kontakt zum Auswahlcoach Gudmundur Gudmundsson hatte er nicht, er bekam nur einen schriftlichen Bescheid über seine Aufnahme in den 28er WM-Kader. "Ich bin froh, dass meine Arbeit in Flensburg anerkannt wird", meinte Zachariassen, der allerdings noch nicht mit einem Einsatz beim Turnier in Katar rechnet. Um sich in der Bundesliga zu etablieren und zum dänischen Nationalspieler zu werden, müsse er körperlich zulegen. "Ich bin noch nicht so stark wie die anderen Kreisläufer in der Bundesliga, ich brauche mehr Muskelmasse", stellte Zachariassen fest. Aber in dieser Hinsicht geht es voran. Zum ersten Mal habe er in dieser Saison das Gewicht nach Ende der Vorbereitung bis Dezember gehalten und nicht wie sonst fünf Kilo verloren.
Kevin Möller raubte den Gästen mit einer Serie toller Paraden den letzten Nerv. Auch wenn die Abwehr mal nonchalant einen Friesenheimer passieren ließ, war der 25-Jährige zur Stelle. Am Ende hatte er 22 Würfe abgewehrt. "Es hat Spaß gemacht. Dass es so gut läuft, hätte ich nicht gedacht", sagte Möller. Morgen (19 Uhr) wird er dann wieder auf der Bank Platz nehmen, wenn der THW Kiel in die Flens-Arena kommt. Kein Problem für Möller: "Ich weiß, was meine Aufgabe ist." Nämlich: Hellwach auf Stand by bleiben und lernen von Mattias Andersson, der sich nun auf das exakte Gegenteil der lustlosen Friesenheimer einstellen kann.