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Ein holpriger Start ins neue Jahr

(sh:z; Hans-Werner Klünner) Das war nichts für Handall-Ästheten. Aber Ljubomir Vranjes hatte nach 47 Tagen WM-Pause auch keine Gala erwartet. „Es wird bei uns noch haken“, hatte der Trainer der SG Flensburg-Handewitt vor dem Heimspiel der Champions League gegen den türkischen Meister Besiktas Istanbul angekündigt. Und genauso kam es. Beim 31:27 (15:14) des Titelverteidigers vor 4867 Zuschauern in der Flens-Arena gegen den Außenseiter vom Bosporus war viel Sand im Getriebe. „Wir müssen in allen Bereichen viel verbessern“, war die logische Schlussfolgerung von Vranjes, der sein Team gerade erst eine Woche wieder beisammen hat.

„Wir haben die zwei Punkte, die wir wollten, und das allein zählt“, sagte ein abgekämpfter Mannschaftskapitän Tobias Karlsson. Er und seine Nebenleute hatten in der Defensive gegen aufmüpfige Türken 60 Minuten lang Schwerstarbeit verrichten müssen. Vor allem mit dem bulligen Kreisläufer Tolga Özbahar hatten die Flensburger ihre liebe Mühe. Er wühlte mit allen und unerlaubten Mitteln und schuf sich immer wieder Freiräume. Auch der Halblinke Predrag Dacevic ärgerte die Flensburger Deckung – vor allem Glandorf-Stellvertreter Johan Jakobsson – immer wieder. „Das war nicht einfach für uns, das haben sie wirklich unglaublich gut gemacht“, lobte der schwedische Linkshänder. „Wir waren oft einen Schritt zu spät.“

„Fehlendes Timing und falsche Absprachen“ in der Defensive waren auch Vranjes nicht verborgen geblieben. Doch das war für den 41-jährigen Schweden nach den wenigen gemeinsamen Trainingseinheiten seit Katar ganz normal. Abwehrchef Tobias Karlsson hatte eine plausible Erklärung dafür, dass es vor allem mit Johan Jakobsson noch erhebliche Abstimmungsprobleme im Abwehrverhalten gab. „Johan hat in den vergangenen Monaten ja kaum gespielt. Wir müssen erst zu einer Kommunikation finden und uns aufeinander einstellen.“

Jakobsson hatte auf seiner Abwehrposition zwar erhebliche Probleme, dafür tankte der schwedische Nationalspieler, der seine WM-Teilnahme wegen Leistenbeschwerden hatte absagen müssen, in der Offensive viel Selbstvertrauen. Seinen ersten Wurf wehrte der gute Besiktas-Keeper Yunus Özmuzul noch ab, aber gegen die nächsten sechs war er machtlos. Damit war Jakobsson ohne Frage der Mann der ersten Halbzeit – und entsprechend happy, dass es nach meist durchwachsenen Auftritten in der ersten Saisonhälfte endlich einmal so geklappt hatte, wie er es sich vorstellt. „Ich habe lange auf diese Chance warten müssen, heute habe ich sie genommen“, strahlte der Linkshänder. Auch der Trainer lobte seinen schwedischen Landsmann: „Johan hat heute viel Verantwortung übernommen.“ Jakobsson wird sich durch den Ausfall von Holger Glandorf in nächster Zeit auf eine erhebliche Belastung einstellen müssen. Der Schwede fühlt sich jedoch gewappnet: „Ich kann das schaffen, im Moment geht es mir überragend.“

Jakobsson entlasten soll Neuzugang Ahmed Elahmar. Der Ägypter hatte einen unglücklichen Einstand, fand sich nach 20 Sekunden Einsatzzeit und einem Zweikampf mit Özbahar auf der Strafbank wieder. Doch am Ende war Vranjes mit dem ersten Auftritt des Linkshänders zufrieden. „Es war kein einfaches Spiel für Ahmed. Aber das war okay. Mehr kann ich von ihm nach nur drei Trainingseinheiten nicht erwarten“, urteilte der SG-Trainer. In den letzten 13 Minuten der Begegnung hatte der Ägypter mit dem einzigartigen Wackler Jakobsson im Angriff ersetzt. Am Ende standen für ihn drei Assists und ein erkämpfter Siebenmeter zu Buche. Ein Tor blieb dem 236-fachen Nationalspieler bei seinem SG-Debüt aber versagt. Seinen einzigen Torwurf wehrte Özmuzul ab. Dennoch ist Kapitän Tobias Karlsson, der mit dem Tre-Kronor-Team schon oft die Klingen mit Elahmar gekreuzt hat, von den Qualitäten des Ägypters überzeugt: „Ahmed ist ein schlauer Spieler. Gegen ihn zu spielen, wird für einige in der Bundesliga eine unheimliche Erfahrung.“ Am Sonntag im Auswärtsspiel beim Aufsteiger TSG Friesenheim wird Elahmar diese Einschätzung schon bestätigen können.