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Titelverteidiger völlig von der Rolle

(sh:z; Jan Wrege) Nach diesem Debakel kann die SG Flensburg-Handewitt nicht zur Tagesordnung übergehen. Mit der 21:35-(13:19)-Niederlage bei KIF Kolding-Kopenhagen zum Auftakt der Gruppe B in der Champions League stellte der Titelverteidiger einen Negativ-Rekord ein. Eine ähnliche Pleite in 19 Jahren auf internationaler Bühne erlebte die SG lediglich 2005 mit einem 22:36 in Montpellier. Trainer Ljubomir Vranjes war fassunglos: „Manchmal hatte ich das Gefühl, da spielen Clowns.“

Was sich gestern in der Trefor Arena in Kolding abspielte, ist nicht mehr allein mit dem Umbruch in der Mannschaft und unerfahrenen Neulingen zu erklären. Das sah auch Geschäftsführer Dierk Schmäschke so. „Es war ein Komplett-Versagen, für das es keine Entschuldigung gibt. Es tut mir leid für die 300 Fans, die uns begleitet haben. Herz, Leidenschaft, Einstellung – alles, was die SG ausmacht, hat heute gefehlt“, sagte Schmäschke.

Wie schon in Magdeburg leistete sich die SG einen Fehlstart und geriet mit 1:4 in Rückstand. Diesen konnten die Gäste zunächst noch korrigieren und bis zum 8:8 (17.) auf Augenhöhe mit dem dänischen Meister bleiben, doch danach summierten sich eklatante Wurfschwäche, technische Fehler   und Verunsicherung in der Abwehr. Die routinierten Gastgeber hatten ab der 20. Minute leichtes Spiel mit einer desolaten SG. Zu den überragenden Akteuren gehörte der ehemalige Kieler Kim Andersson. Der Linkshänder, für den vor einigen Wochen wegen einer Schulterverletzung noch das Karriereende befürchtet wurde, spielte wie zu besten Zeiten.

KIF-Torhüter Kasper Hvidt, der 15 Würfe parierte, ging noch milde mit den Verlierern um: „Wir hatten Glück. Ich halte zu Anfang ein paar Würfe, Mattias Andersson berührt einige Bälle, die dann doch ins Tor gehen. Das war der Unterschied.“ Nett gesagt, aber nur ein Teil der Wahrheit. Die Statistik wirft ein Schlaglicht auf Schwächen in allen Bereichen des Flensburger Spiels: 23 Fehlversuche und 13 technische Fehler standen am Ende in der Bilanz, dazu eine 46-Prozent-Quote bei Hvidt gegenüber nur 19 Prozent bei Andersson und Kevin Möller. Die SG-Keeper waren auch zu bedauern. Bei etlichen Kontern waren sie machtlos, auch im Positionsspiel fanden sie nicht immer die Unterstützung ihrer Vorderleute.

Besonders kümmerlich war die Ausbeute der Gäste aus dem Rückraum. Holger Glandorf traf zwei Mal bei neun Versuchen, auch Drasko Nenadic, Lars Kaufmann und Thomas Mogensen glückte wenig. Spielmacher Jim Gottfridsson wird derzeit geschont und auch im Heimspiel am Mittwoch gegen Aufsteiger Erlangen nicht zum Einsatz kommen. „Jim spürt noch Irritationen im Fuß. Wir müssen abklären lassen, ob das noch mit der alten Verletzung zusammenhängt“, erläuterte Schmäschke.

 

SG-Kapitän Tobias Karlsson resümierte „einen Tag, an dem alles schief ging“. Eine Erklärung hatte der Schwede unmittelbar nach dem Spiel nicht. „Wenn ich das jetzt schon wüsste, wären wir gar nicht dahin gekommen.  Wir haben falsche Entscheidungen getroffen, technische Fehler ohne Ende gemacht und hinten kaum Bälle gehalten. Wir müssen das jetzt analysieren, versuchen, eine Erklärung zu finden, und dann das trainieren, was wir gefunden haben“, sagte Karlsson. Viel Zeit haben die Flensburger nicht. Bis Weihnachten geht es fast ununterbrochen im Drei-Tages-Rhythmus weiter.