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Auf die Defensive war Verlass

(sh:z; Hans-Werner Klünner) Das war nichts für Weicheier. In einer von den Gastgebern teils überhart geführten Partie, die mit einer Roten Karte für Oliver Tesch nach rüden Attacke gegen Bogdan Radivojevic ihren Höhepunkt fand, setzte sich die SG Flensburg-Handewitt beim TSV GWD Minden mit 23:18 (11:10) durch und feierte vier Tage nach dem Gewinn des Supercups auch in der Handball-Bundesliga einen erfolgreichen Start. "Die beiden letzten Male haben wir jeweils nur mit einem Tor gewonnen, heute waren es fünf. Das war mehr als okay", meinte SG-Trainer Ljubomir Vranjes.

Wer in Minden gewinnen will, muss leiden. Das war im Vorwege bekannt. "In Minden und in Balingen, das gibt's immer kräftig was", erklärte SG-Linksaußen Anders Eggert. Die Flensburger mussten an diesem Abend in der Tat viel einstecken. Physio Andreas Mau war nach der Pause fast im Dauereinsatz, weil immer wieder ein SG-Akteur am Boden lag. Lasse Svan zum Beispiel fiel nach einem Foul von Aljoscha Schmidt auf seine gerade ausgeheilte Wurfhand und verletzte sich erneut. "Das ging teilweise über die Grenzen hinaus, ich hätte noch mehr Zeitstrafen gegeben", sagte Vranjes zur übertrieben harten Gangart der Ostwestfalen.

Die aggressive Defensive der Gastgeber war eine Ursache dafür, dass der Flensburger Angriff nie ins Rollen kam wie vier Tage zuvor im Supercup gegen den THW Kiel. Hektische Aktionen und zahlreiche technische Fehler der Gäste waren ein anderer. Allein im ersten Durchgang hatte Vranjes rund zehn Fehler ohne Not registriert. "Wir haben uns ein bisschen dumm angestellt und dadurch Stress bekommen", bekannte ein selbstkritischer Steffen Weinhold. Zwar führte der deutsche Vizemeister nach 19 Minuten 7:4. Sicherheit brachte der Drei-Tore-Vorsprung aber nicht. Bis weit in die zweite Hälfte blieb Minden auf Schlagdistanz und steckte selbst nach einem 15:20-Rückstand in der 56. Minute nicht auf. Eine Minute und zwei Flensburger Fehler später waren die Ostwestfalen beim 18:20 wieder dran. Erst Anders Eggert mit seinen Treffern acht und neun sowie Neuzugang Jim Gottfridsson mit seinem zweiten Tor machten den Sack endgültig zu. Und Geschäftsführer Dierk Schmäschke atmete auf: "Das war ein hartes Stück Arbeit, aber wir haben mit großer Leidenschaft gegen gehalten."

Während im Angriff noch viel Sand im Getriebe war ( Vranjes: "Unser Überzahlspiel war schlecht"), agierten die Defensive und Keeper Mattias Andersson überragend. "Wir haben uns im Training auf die Mitte und halblinks konzentriert. Das hat super geklappt", freute sich Vranjes. Sören Südmeier, der den verletzten Routinier Dalibor Doder (Sehnenteilriss im Gesäßmuskel) mehr als gut vertrat, versuchte immer wieder den langen Nenad Bilbija in Szene zu setzen. Doch der Slowene prallte am SG-Mittelblock mit Tobias Karlsson und Jacob Heinl ab. Beim letzten Flensburger Auftritt in der Kampa-Halle hatte Bilbija zwölf Mal getroffen, am Sonnabend gelang ihm ein einziges Törchen.

Dafür agierte die rechte Angriffsseite mit Rückkehrer Schäpsmeier und Svitlica umso erfolgreicher. Allein 14 der 18 Mindener Treffer gingen auf ihr Konto. Doch das nahm Vranjes nicht weiter tragisch. "Von irgendwo muss Minden ja seine Tore machen." Der 39-jährige Schwede lobte seinen Halbverteidiger Drasko Nenadic ausdrücklich für seinen engagierten Auftritt vor der Pause. "Das war mehr als okay." Und Abwehrchef Tobias Karlsson meinte: "In einigen Szene hatten wir ein Kommunikationsproblem. Aber nur durch Spielpraxis kann Drasko lernen."

Das gleiche gilt für die beiden anderen Neuzugänge, die in Minden ihr Bundesliga-Debüt absolvierten. Jim Gottfridsson überzeugte dabei in der zweiten Hälfte auf halblinks. Vranjes begründete auch, warum er in den jungen Schweden auf der Königsposition gebracht hatte: "Ich wollte keine technischen Fehler mehr haben." Bogdan Radivojevic hingegen musste erfahren, wie hart das Leben auf Rechtsaußen in der Bundesliga sein kann. Drei Würfe, null Tore  und nur knapp einer Verletzung nach dem Foul von Tesch entgangen. "Es ist nicht einfach für ihn, das hat er heute gelernt", meinte Vranjes.