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Schneller Fortschritt

(sh:z; Jan Wrege) Der Meister der Handball-Bundesliga gehört wieder zu den Titelanwärtern. Der 26:25 (15:13)-Erfolg der SG Flensburg-Handewitt im 98. Derby gegen den allseits ausgerufenen Top-Favoriten THW Kiel zeugt von unerwartet schnellem Fortschritt im Aufbaujahr, in dem sechs Leistungsträger zu ersetzen sind.

So ganz trauen die Flensburger der neuen Stärke, die sich insbesondere in den Topverpflichtungen Benjamin Buric und Johannes Golla kristallisiert, allerdings nicht. Die 8:0 Punkte  betrachtet Trainer Maik Machulla als Ventil, das erst einmal etwas vom Druck, unbedingt punkten zu müssen, ablässt. „Was ihr daraus macht , ist eure Sache“, sagte der Meistercoach an alle gewandt, die schon von einer erfolgreichen Titelverteidigung träumen.

Die erfahrenen SG-Spieler liegen auf der Trainer-Linie: „Dass wir mit der neuen Mannschaft schon so ein Niveau erreichen, habe ich nicht erwartet. Jetzt geht es um Konstanz, dass wir es jedes Mal schaffen, dahinzukommen“, meinte Rechtsaußen Lasse Svan. Vor früher Euphorie warnt Holger Glandorf: „Bald geht die Champions League los und die Belastung mit den Reisen. Ich bin vorsichtig. Wenn man mit einem Tor gewinnt, dann hat man wohl das glückliche Ende.“

Tatsächlich begegneten sich zwei Teams absolut auf gleichem Level. Machulla räumte ein, dass es vielleicht anders gelaufen wäre, wenn nicht die Kieler Niclas Ekberg und Harald Reinkind zwischen 39. und 53. Minute drei Mal nur den Pfosten treffen: „Da hätte es kippen können.“

Sein Kollege Alfred Gislason sah einerseits solch vergebene Chancen als Knackpunkte, verkniff sich andererseits nicht die nach THW-Niederlagen obligatorische Schiedsrichterkritik. Einen Tag nach seinem 59. Geburtstag  kleidete er seine Schelte ungewohnt altersmilde und humorvoll ein. „Suboptimal“ nannte er einige Pfiffe der Unparteiischen und empfahl diesen, sich an den neuen SG-Sponsor zu wenden, der mittels Augenlaser Sehschwächen behandelt.

Ein Mangel an Wurfeffektivität vor allem hatte die Flensburg bei den Heimderbys der vergangenen Saison die Siegchance gekostet. Das war im 1000. Bundesligaspiel der SG-Historie anders. Zur entscheidenden Figur der Schlussphase wurde Linksaußen Hampus Wanne mit seinen Treffern zum 23:20 (54.), 24:21 (55.) und 25:22 (7m/56.) – ganz ohne Furcht vorm „bösen“ (Andreas) Wolff, der die Flensburger so oft genervt hat: „Ich weiß ja mittlerweile, wie er denkt. Und er weiß, wie ich denke. Aber heute habe ich das Duell gewonnen“, sagte Wanne.

Als Plus für die SG erweist sich in der noch jungen Saison die Nervenstärke, mit der sie schwierige Phasen überwindet. Sie  tat sich schwer mit Kieler Tempo, mit den THW-Kreisläufern und mit Lukas Nilsson, der zu allzu leichten Toren aus dem Rückraum kam. „In der ersten Halbzeit war unser Rückzugsverhalten nicht gut, gegen Nilsson hatte wir einen Plan, den wir nicht umsetzen konnten“, meinte Abwehrchef Tobias Karlsson selbstkritisch. 8:11 stand es nach 19 Minuten – drei Tore Rückstand wogen schwer in dieser Abwehrschlacht. Aber die SG reagierte cool mit einem 7:1-Lauf zum 15:12 (29.), der letztlich zur Basis für den Derbysieg wurde.