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Party, Pechvogel, Pflichtaufgabe

(sh:z; Holger Petersen) Kurze, willkommene Ablenkung auf der Mission „Perfekte Hinrunde“: Die Handballer der SG Flensburg-Handewitt, mit 28:0 Punkten Bundesliga-Tabellenführer und noch drei Siege von der optimalen Halbserie entfernt, tauschten gestern Abend den Sportdress gegen den Anzug und den Lederball gegen den Ledergürtel. Ihr Wochenend-Programm: erst Weihnachtsfeier, dann Wetzlar. Für das gemütliche Beisammensein mit Freunden und Gönnern beim Sponsor Klaus+Co war allerdings ein früher Zapfenstreich angesetzt – heute morgen um 10 Uhr stand ein Training samt Videostudium des Gegners aus Mittelhessen, der am Sonntag um 16 Uhr zu Gast in der Flens-Arena ist, auf der Agenda.

Einer wäre wohl am liebsten länger auf der Party geblieben und hätte gerne noch das eine oder andere promillehaltige Getränk genossen, um seinen tiefen Frust herunterzuspülen: Göran Johannesen. Der 24-jährige Norweger, erst im Sommer an die Flensburger Förde gewechselt, hat jetzt schon den inoffiziellen Titel „SG-Pechvogel“ sicher. Erst Sprunggelenks-OP, dann Nasenbeinbruch nach einem Autounfall, jetzt Daumenbruch an der rechten Wurfhand. Die Folge dieser beim Sieg gegen Pick Szeged zugezogenen Verletzung: eine etwa sechswöchige Pause – und höchstwahrscheinlich auch das WM-Aus. 

Eine tragische Nachricht für den norwegischen Nationalspieler, der sich zuletzt auf gutem Weg befand, den Anschluss nach dem verpassten Saisonstart zu schaffen. „Irgendwie ist 2018 nicht ganz mein Jahr, aber zum Glück ist es bald zu Ende“, sagte Johannessen, dem zumindest eine erneute Operation erspart bleibt. „Ich lasse mich nicht aus der Bahn werfen, auch wenn diese Diagnose im ersten Moment sehr bitter war.“  

Trainer Maik Machulla sprach von einem „herben Rückschlag für unser Team“. Johannessen habe sich zuletzt sehr gut in die Abläufe im Spiel und auch in die Mannschaft eingearbeitet und den anderen  Rückraumspielern wichtige Entlastung verschafft. Ärgerliche Randnotiz: Der Vertrag von Rückraumspieler Dani Baijens beim TBV Lemgo war gerade mal eine halbe Stunde unterzeichnet, als Machulla die Hiobsbotschaft ereilte. Der SG-Trainer gestand: „Unter diesen Umständen hätten wir vielleicht versucht, den Wechsel noch um einen Monat herauszuzögern.“ 

Trotz des kurzen Stimmungstöters nimmt der Deutsche Meister hochkonzentriert die Pflichtaufgabe gegen den Tabellenzwölften aus Wetzlar  in Angriff. Als Warnschuss vor zu großer Sorglosigkeit gilt die unerwartete Magdeburger Heimpleite gegen Göppingen am Donnerstag, die das Flensburger Lager mit Wohlwollen zur Kenntnis nahm. „Gut für uns, aber das zeigt mal wieder: Es gibt keine einfachen Spiele in der Bundesliga“, sagte Machulla. Auch Wetzlar, ein sehr unangenehmer und abwehrstarker Gegner, der hauptsächlich über sein starkes Kollektiv kommt, schlage man nicht im Vorbeigehen. „Wir wollen die restlichen fünf Spiele im Dezember gewinnen. Nun entscheidet sich, ob es ein gutes oder ein sehr gutes zweites Halbjahr für uns war“, meinte Rückraumspieler Rasmus Lauge.

Trotz seiner Galavorstellung gegen Szeged wird Torhüter Torbjörn Bergerud wohl morgen zunächst Platz auf der Ersatzbank nehmen. Der Grund: Kollege Benjamin Buric, von 2016 bis 2018 im HSG-Tor aktiv, kennt die Wurfbilder seinen ehemaligen Mitspieler bestens und wird mit einer „unglaublichen Motivation“ (Machulla) zu Werke gehen. Ob vor ihm im Mittelblock dann wieder Tobias Karlsson (Gehirnerschütterung) steht, ist fraglich. „Ich möchte spielen, weiß aber nicht, ob ich darf“, sagte der Schwede. Sicher ist hingegen der Einsatz von Anders Zachariassen, der seine Wadenverletzung auskuriert hat.