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Die Flensburger Wand

(sh:z; Jannik Schappert) Andy Schmid ist ein genialer Mittelmann. Der Anführer der Rhein-Neckar Löwen ist in der Lage, mit seinem einzigartigen Spielverständnis jede Abwehr der Handball-Bundesliga in ihre Einzelteile zu zerlegen. Am Montagabend waren 6300 Zuschauer in der ausverkauften Flens-Arena Zeugen eines seltenen Ereignisses: Andy Schmid war ratlos. Ratlos, weil die Deckung der SG Flensburg-Handewitt beim 27:20-Erfolg des deutschen Meisters über die Löwen eine bemerkenswerte Leistung zeigte. „In der Abwehr war es ein fast perfektes Spiel“, sagte Routinier Holger Glandorf.

Angeführt von Tobias Karlsson stellte der Tabellenführer ein Bollwerk, an dem die Gäste aus Mannheim nach der Pause (14:14) zerschellten. Gerade einmal sechs Tore kassierte die SG in der zweiten Halbzeit. „Mit so einer Abwehr können wir gegen alle Mannschaften in Europa gewinnen“, meinte Torwart Benjamin Buric. Der Bosnier zählte mit 14 Paraden zu den Matchwinnern im SG-Trikot – doch davon gab es viele. Kapitän Karlsson, der zum obersten Löwen-Dompteur avancierte. Jim Gottfridsson, der den Angriff „fantastisch gesteuert hat“, wie ihm Trainer Maik Machulla attestierte. Magnus Jöndal, der alle seine sechs Siebenmeter kaltschnäuzig verwandelte. Und nicht zu vergessen: Simon Hald.

Gemeinsam mit Mittelblock-Partner Tobias Karlsson kontrollierte der dänische Hüne die Achse Schmid-Kohlbacher. „Um das zu schaffen, musst du die ganze Zeit wach sein“, erklärte Karlsson. Er und sein Lehrling Simon Hald (Karlsson: „Simon war ganz, ganz stark“) waren sogar hellwach. Sie legten Kohlbacher fast die kompletten 60 Minuten an die Kette und ließen den bulligen Kreisläufer nur ganz selten an den Ball kommen. Weil das Zentrum dicht war, suchten die Rhein-Neckar Löwen ihr Glück häufig aus dem Rückraum oder über die Außenpositionen – was dem Plan der SG entsprach. „Das waren die Würfe, die wir haben wollten“, sagte Holger Glandorf. Nicht mal mit ihrem gefürchteten Sieben-gegen-Sechs-Angriff konnten die Mannheimer das Flensburger Bollwerk sprengen. „Auch das haben wir überragend verteidigt“, lobte Machulla.

13 Spiele, 26:0 Punkte, vier Minuspunkte Vorsprung vor den ersten Verfolgern SC Magdeburg und THW Kiel – für die SG kein Grund, ins Träumen zu verfallen. „Die Tabelle zeigt nur einen Zwischenstand. Wir bleiben auf dem Boden“, meinte Geschäftsführer Dierk Schmäschke. Rasmus Lauge ging noch einen Schritt weiter. „Kiel hatte Magdeburg, die Rhein-Neckar Löwen und uns auswärts. In der Rückrunde haben sie alles zu Hause – und wir umgekehrt. Für mich ist der THW weiter der Favorit auf die Meisterschaft.“ Tobias Karlsson warnte vor Zufriedenheit: „Momentan machen wir unseren Job in der Bundesliga gut. Aber sobald wir uns zurücklehnen, werden wir verlieren.“ Bei aller Zurückhaltung ist aber auch klar: Mit dem überlegenen Sieg gegen die Löwen hat die SG Flensburg-Handewitt ein Signal an die Konkurrenz gesendet.