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Das Beste im (Handball-)Norden

(sh:z; Holger Petersen) Training statt Kaffeekränzchen mit Torte, Videostudium statt Geburtstagsausflug. Gestern wurde Alfred Gislason 59 Jahre alt. Viel Zeit zum Feiern blieb dem isländischen Handballtrainer nicht, steht doch heute (18.10 Uhr/ARD) das Prestige-Duell seines THW Kiel bei der SG Flensburg-Handewitt an. Mit Geschenken in Form zweier Punkte darf er nicht rechnen, der Gegner kündigt harte Gegenwehr an. „Der THW ist mein Favorit auf die Meisterschaft. Aber wir haben Selbstvertrauen und Lust – und auch die Qualität, das Spiel zu gewinnen“, sagt Maik Machulla. Drei Faktoren nennt der SG-Trainer, die heute entscheidend sein werden: „Tagesform, Torhüter und Trefferquote.“

 

Was spricht für einen Flensburger Sieg?
> Die Form: Die SG ist trotz ihrer personellen Neustrukturierung erfolgreich in die Saison gestartet. Die Brust ist breit nach den beiden letzten unerwartet glatten und überzeugenden Siegen gegen Göppingen und Berlin.
> Die Fans: Die ausverkaufte Flens-Arena wird heute wieder zu einem Tollhaus werden. Die SG darf sich der lautstarken Unterstützung des „achten Manns“  gewiss sein.
> Der Erfolgsdruck: Die SG kann nach gewonnener Meisterschaft und personellem Umbruch etwas lockerer in die Partie gehen, der (externe) Erfolgsdruck, der auf dem THW lastet, ist deutlich höher. Eine  weitere titellose Saison wäre für den Ligakrösus eine herbe Enttäuschung.

Und was für einen Kieler Erfolg?
> Der Kader: Kein anderer Bundesligist ist personell so top und breit aufgestellt wie der THW: zwei Weltklasse-Torhüter, ein überragender Abwehr-Innenblock, dazu gleich acht Rückraumspieler von Format.
> Die Erfahrung: Die Kieler Leistungsträger haben zahlreiche Derbyschlachten geschlagen. Die SG hingegen hat mit Thomas Mogensen, Mattias Andersson und Jacob Heinl drei „Aggressive Leader“, die in solchen Duellen noch wichtiger sind, verloren.
> Der Heimfluch: Kurioserweise gab es in der vergangenen Saison kein Erfolgserlebnis für den jeweiligen Derby-Gastgeber. In der Bundesliga gewann der THW in Flensburg 35:27, verlor aber zu Hause 25:29. In der Champions League gab es in Kiel ein 20:20, in Flensburg triumphierte der THW mit 33:30.

Wie sieht es im personellen Bereich aus?
Für ein Derby ungewöhnlich gibt es fast keine Ausfälle zu beklagen. Stand gestern wird allein Göran Johannessen (Sprunggelenks-OP) auf Flensburger Seite fehlen.

Wo ist das Spiel im TV zu sehen?
Das Medieninteresse ist groß. Die ARD wird das Derby als erste Free-TV-Übertragung dieser Saison ab 18 Uhr in der Sportschau live zeigen. Ebenfalls Livebilder gibt es beim dänischen Sender TV 3. Im Aktuellen Sportstudio des ZDF (ab 23 Uhr) ist eine längere Zusammenfassung des Handball-Hits geplant. Zudem werden Bilder der Partie in über 25 Ländern weltweit zu sehen sein.

Wie stehen die Wettquoten?
Beim Sportwettenanbieter bwin ist die SG Favorit. Für einen Flensburger Sieg gibt es den 1,72-fachen Einsatz zurück. Bei einem Kieler Erfolg würde die Quote 2,7 betragen, bei einem Unentschieden 8,25. Ähnliche Zahlen hat auch Anbieter Tipico (1,75/ 7,5/2,7).

Gibt es Besonderheiten vor dem Anpfiff?
Ja. SG-Kapitän Tobias Karlsson nutzt das Nordderby für ein politisches Zeichen. Der Schwede wird heute mit speziellen Schuhen in den Regenbogenfarben auflaufen und sich damit für Gleichheit und Vielfalt einsetzen. „Handball heißt für mich Respekt und Toleranz, und es sollte ein Platz für alle sein“, sagte der 37-Jährige, der ein Schlupfloch im strengen Regelwerk der Handballverbände hinsichtlich Farben oder Symbole entdeckt hat. Kapitänsbinden oder Bandagen dürfen nicht von der Norm abweichen, Schuhe jedoch so aussehen, wie der Hersteller sie anfertigt. Karlssons Schuhe sind weiß, aber die Sohle strahlt in den Regenbogenfarben rot, orange, gelb, grün, blau und lila. Auf der linken Sohle steht der englische Begriff Equality für Gleichheit und unter dem rechten Schuh Diversity für Vielfalt.

Und sonst so?
Für die SG ist es heute das 1000. Bundesliga-Spiel seit dem Aufstieg der ehemaligen SG Weiche-Handewitt 1984. Bislang haben diese Marke mit dem THW Kiel (1395), dem VfL Gummersbach, TV Großwallstadt, GWD Minden, TBV Lemgo und Frisch Auf Göppingen erst sechs andere Vereine geschafft.