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Keine Zeit zum Wundenlecken

(sh:z; Holger Petersen) Und jährlich grüßt das Murmeltier: 2016 das Aus im Viertelfinale, 2017 das Aus im Viertelfinale, 2018 das Aus im Viertelfinale – und 2019?  Der Fluch scheint sich fortzusetzen. Allem Anschein nach misslingt den Handballern der SG Flensburg-Handewitt auch in diesem Jahr der letzte Schritt zum Final Four der Champions League in Köln, der SG-Express wurde am Mittwoch bei seiner Reise Richtung Domstadt rabiat aufs Abstellgleis befördert.

„Wir haben zum ersten Mal in dieser Saison richtig was auf die Nase bekommen“, meinte SG-Geschäftsführer Dierk Schmäschke nach der schmerzhaften 22:28 (15:15)-Heimniederlage im Viertelfinal-Hinspiel gegen Telekom Veszprem. Die Aussichten, im Rückspiel  am 4. Mai im ungarischen Hexenkessel doch noch das Ticket zum Final Four zu lösen, sind trübe. „Keine Frage. Wir werden wohl nicht mit riesigem Optimismus nach Veszprem reisen“, lautete der realistische Ausblick von Maik Machulla auf das zweite Duell. Der Stachel saß beim SG-Trainer tief: „Wir sind um eine Enttäuschung reicher. Es kann nicht unser Anspruch sein, mit sechs Toren zu Hause zu verlieren.“

Das jedoch war die bittere Realität. Aus den ersten 60 Minuten waren die Ungarn überraschend als klarer und verdienter Sieger hervorgegangen. „Man muss neidlos anerkennen, dass der Gegner heute sehr stark gespielt hat“, sagte Machulla. Und seine in der Bundesliga so auftrumpfende Truppe  besonders in der zweiten Halbzeit nie das nötige Niveau erreicht hatte. Wer in den ersten 14 Minuten des zweiten Durchgangs nur ein einziges Tor erzielt, im Angriff zeitweise den Glauben verliert und den Zahn vom gegnerischen Torhüter (Roland Mikkler) gezogen bekommt und überdies in der Abwehr keinen Zugriff auf den Kreisläufer (Andreas Nilsson) und kaum einen Abpraller bekommt, der darf sich nicht wundern, eine Lektion verpasst zu bekommen.

„Wir kamen einfach nicht durch“, gestand SG-Spielmacher Jim Gottfridsson – und meinte damit die ungarische Abwehrwand mit ihrer beeindruckenden Physis: Laszlo Nagy 2,08 Meter, Blaz Blagotinsek 2,02 Meter, Borut Mackovsek 2,03 Meter, Momir Ilic 2,00 Meter. Diese langen, kräftigen und schweren Kerle muss man in Bewegung bekommen und die 1:1-Duelle gewinnen, doch das gelang den Gastgebern zu selten. „Sie haben uns immer wieder zu packen bekommen“, so Gottfridsson. „Dann ist es sehr schwierig.“

Schwierig wird auch das Rückspiel in einer der lautesten Handballhallen Europas vor 5000 frenetischen Fans werden. Daran verschwendet der Bundesliga-Spitzenreiter jedoch noch keine Gedanken.  „Wir haben am Sonntag ein hammerwichtiges Spiel in Göppingen vor der Brust“, sagte Gottfridsson. „Das zählt jetzt.“ Soll heißen: Wunden lecken, Mund abputzen und weiter geht’s. Schmäschke: „Das Team ist mental stark genug, die Pleite zu verkraften und den Fokus schnell wieder auf die Bundesliga zu legen.