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Lust auf mehr

(sh:z; Jannik Schappert) Um 10 Uhr am Mittwochmorgen schnellte der Puls von Mark Bult in die Höhe. Da war klar: Maik Machulla ist zu krank, um die Handballer der SG Flensburg-Handewitt durch das Champions-League-Spiel gegen RK Celje zu führen. Der Trainer hütet mit einer Grippe das Bett. Also musste Bult übernehmen. Und der Co-Trainer lieferte in seinem ersten Spiel überhaupt als Chef einer Profi-Mannschaft zwei Punkte – die SG besiegte die Slowenen 27:26, weil Hampus Wanne nach der Schlusssirene einen Siebenmeter verwandelte. „Wir hätten das gerne früher erledigen können“, sagte Bult.

Der Niederländer hatte während der gesamten 60 Minuten Ruhe ausgestrahlt, war nur selten aus sich herausgekommen. Doch der Eindruck täuschte. „Ich war deutlich angespannter als sonst“, gestand Bult. Verständlich. Zwar stand der Plan für die Partie nach dem Abschlusstraining am Dienstag fest – die erste Sieben inbegriffen –, dennoch war der 36-Jährige erstmals verantwortlich für Details wie Spielerwechsel und Ansprachen in verschiedenen Situationen. „Vor dem Anpfiff habe ich mir 20 Mal durch den Kopf gehen lassen, was ich der Mannschaft sage“, so Bult.

In den Auszeiten gab er mit der Taktiktafel Impulse – weil die Spieler es so gewohnt sind. Bult: „Ich muss noch überlegen, ob die Tafel mein Ding ist.“ Das letzte Wort überließ er aber den Spielern. Die Zuständigkeiten für Abwehr (Tobias Karlsson) und Angriff (Rasmus Lauge) seien ohnehin klar verteilt gewesen.

„Mark hat einen guten Eindruck gemacht und die Aufgabe stark angenommen“, lobte Tobias Karlsson. Für den SG-Kapitän war das Spiel gegen Celje in doppelter Hinsicht anders. Anders, weil Machulla nicht auf der Bank saß. Aber auch, weil es Karlssons erstes Heimspiel nach Bekanntgabe seines Karriereendes im Sommer war. „Es war komisch. Ich bin mit einem anderen Gefühl als sonst in die Halle eingelaufen“, sagte der Schwede. Beim Anpfiff war das aber vergessen: „Da war das Spielfeld wieder 40x20 Meter groß.“

Ebenso wie die Fans rätseln auch die SG-Spieler, warum sich der Bundesliga-Tabellenführer in der Champions League so schwer tut. „Mal treffen wir eine Zeit lang hinten schlechte Entscheidungen, mal vorne. Das geht schon die ganze Champions-League-Saison so“, sagte Karlsson. Sechs Niederlagen in zwölf Spielen – eine Bilanz, die trotz der hohen Belastung nicht den Ansprüchen des deutschen Meisters genügt. Was auf europäischem Parkett fehlt, ist Kontinuität. Herausragende Leistungen wie in Nantes und in Paris sowie gegen Szeged halten sich mit mauen Auftritten wie bei der Heimniederlage gegen Zagreb oder den Auswärtspleiten in Celje und Zaporozhye die Waage. Allerdings lässt der Modus zu, dass danach schon bald niemand mehr fragt. Insbesondere dann, wenn die SG nach dem Achtelfinale auch noch Platz drei klar macht.

Bis es soweit ist, wird Machulla wieder fit sein und Bult ins zweite Glied rücken. Doch der Niederländer hat Lust auf mehr: „Ich habe gemerkt: Trainer sein, das ist mein Ding. Das will ich durchziehen.“